Alter Adel

25 Jahre KTM Duke

Die Duke war eine der ersten Serien-Supermotos, aber vor allem hat sie KTM maßgeblich geholfen, nach der Insolvenz zum größten europäischen Motorradhersteller zu werden. Inzwischen hat das Einzylinder-Spaßmobil 25 Jahre auf dem Buckel, ist aber auf kurvigem Geläuf immer noch eine ernsthafte Ansage

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Zweirad, KTM 25 Bilder
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Inhaltsverzeichnis

Vor 25 Jahren brachte KTM ein mutiges Modell auf den Markt. Es war eine Supermoto und nannte sich hochtrabend Duke, zu deutsch: Herzog. Sie sollte nicht nur wegweisend für die österreichische Marke sein, sondern trug auch entscheidend dazu bei, dass KTM nach der Insolvenz den märchenhaften Aufstieg zum größten europäischen Motorradhersteller schaffte.

Die Idee der Supermotos entstand in den späten 1980er Jahren in Frankreich. Einige findige Fahrer versahen ihre Motocross-Bikes mit 17 Zoll großen Drahtspeichenfelgen, zogen Slicks auf und schraubten pizzatellergroße Bremsscheiben an das Vorderrad. Die Supermotos konnten damit nicht nur im Gelände fahren, sondern auch höllisch schnell über den Asphalt driften. Die Welle schwappte rasch über Europa hinweg und fiel in Österreich auf fruchtbaren Boden. KTM konnte schließlich schon zahlreiche Motocross- und Enduro-WM-Titel vorweisen, da kam der von Stefan Pierer frisch aus der Insolvenz geführten Marke der Supermoto-Trend gerade recht.

Schon 1992, im Jahr des Neustarts von KTM, begann unter dem Projektnamen „Terminator“ die Entwicklung der Supermoto. Tatsächlich waren schließlich 80 Prozent aller Teile der fertigen Duke identisch mit der Enduro 620 LC4, aber die entscheidenden Unterschiede waren markant. Die Duke war einer der ersten Entwürfe von Gerald Kiska, der bis heute für das Design aller KTM-Modelle verantwortlich ist. Besonders kontrovers wurde damals über die kleine Cockpitverkleidung im „Insekten-Look“ diskutiert, heute gilt sie beinahe schon als Stilikone. Es war das erste Ausrufezeichen von Kiska, der gerne neue Wege im Motorraddesign einschlug und letztendlich dafür sorgte, dass eine KTM immer aus der Masse der Motorräder herausstach.

Nach Geoff Duke benannt

Zwar war KTM nicht der erste Hersteller, der eine Supermoto in Serie baute – die Ehre kommt der Gilera Nordwest von 1991 zuteil –, aber die Duke war ungleich erfolgreicher und die Linie der Einzylinder-Dukes feiert dieses Jahr ihr 25. Jubiläum. Dabei wollte Projektleiter Wolfgang Felber sie eigentlich auf „Quasar“ taufen, doch dann entdeckte Kalman Cseh, ein Mitglied der Geschäftsführung, nur zwei Wochen vor der Präsentation auf der Vorschlagsliste auch den Namen Duke. Da Cseh ein Fan von Geoff Duke war, entschied er sich spontan dafür, das neue Modell nach dem sechsmaligen Motorradweltmeister aus den 1950er Jahren zu benennen. Tatsächlich wurde die Supermoto zunächst von KTM auch als „The Duke“ beworben, so lautete der Spitzname des legendären Rennfahrers. Dass die Duke in deutschen Fachzeitschriften bis heute immer gerne auch als „Herzog“ betitelt wird, beruht also auf einem Missverständnis.

Cockpitverkleidung mit Doppelscheinwerfer

Die 620 Duke hatte im Gegensatz zur Enduro eine 300 Millimeter große Bremsscheibe mit einer Brembo-Bremszange und 17 Zoll großen Felgen mit Pirelli-MT 60-Reifen in der Größe 120/70-17 vorne und 160/60-17 hinten – die Reifendimensionen sind übrigens bis heute an der Duke gleich geblieben. Der Kotflügel befand sich wie bei einem Straßenmotorrad direkt über dem Vorderrad, da die Duke nicht mehr wie die LC4 für den reinen Geländebetrieb vorgesehen war. Dennoch bekam sie ein voll einstellbares Fahrwerk von White Power, wenn auch mit kürzeren Federwegen als an der Enduro.

KTM versah die Duke mit einer polierten Aluschwinge samt Exzenter-Kettenspanner, der Schalldämpfer stammte vom Spezialisten Remus und der Lenker von Pro Taper. Der 609 cm3 große Einzylindermotor, der Zentralrohrrahmen aus Stahl mit angeschraubtem Heckrahmen, der Tank und die Kunststoffabdeckungen, ja sogar die Sitzbank waren mit der Enduro 620 LC4 identisch.

Das Cockpit trug neben dem Tacho auch einen Drehzahlmesser und die Zahlen bei beiden Instrumenten waren in aufsteigender Reihenfolge immer größer geschrieben, vielleicht um zu unterstreichen, in welche Dimensionen dieser Einzylinder vorstoßen konnte. Die Cockpitverkleidung war ein Novum bei KTM und die beiden nebeneinander angeordneten Ellipsoid-Scheinwerfer verliehen ihr einen außergewöhnlichen Look.

Die erste KTM in orange

Die Duke kam bei ihrem Debut 1994 in einem knalligen Orange auf den Markt. Sie war die erste KTM in der auffälligen Farbe, die schließlich zur Markenfarbe wurde. Auf die Idee kam Gerald Kiska, weil er einige Jahre zuvor auf einer Messe eine orange lackierte Boxer-BMW gesehen hatte und schon damals begeistert von der Farbe gewesen war. Im ersten Jahr war die Duke auf 500 Stück limitiert, wobei 450 davon mit 620er-Motor und 50 mit dem 400er-Motor ausgeliefert wurden.

Die Duke fuhr sich ungeheuer handlich und dank der Pirelli-Pneus mit wenig Negativprofil-Anteil hielt sie – im Gegensatz zur stollenbereiften Enduro – auch bei hohen Geschwindigkeiten stabil die Spur ohne zu Pendeln. Der 609 cm3 große Motor leistete 50 PS und verhalf der nur 153 Kilogramm schweren Duke zu beachtlichen Fahrleistungen, Höchstgeschwindigkeit lief sie 165 km/h. Allerdings war der LC4-Motor von KTM schon immer ein rauer Geselle gewesen, der vibrierte und niedrige Drehzahlen nicht mochte, die Eigenschaften hatte er auch in der Duke nicht abgelegt.

In Kurven unschlagbar

Auf kurvigen Strecken hing die agile Duke sogar deutlich stärkere Sportmotorräder ab und genau deshalb erfreute sie sich rasch großer Beliebtheit. Dass sie mehr als 3000 DM teurer als die Enduro war, nahm ihr niemand übel. Schon eher störte da der fehlende E-Starter: KTM hatte bei der Enduro immer mit dem Gewichtsvorteil für den Geländeeinsatz argumentiert, der Kickstarter ergab aber bei einem Straßenmotorrad keinen Sinn mehr, zumal das Anspringverhalten alles andere als zuverlässig war.

1996 hatte man in Mattighofen endlich ein Einsehen und spendierte der Duke als erster KTM zusätzlich zum Kickstarter auch einen Elektrostarter, der hinter den Zylinderfuß platziert wurde. Die Leistung der Drehstromlichtmaschine wurde gleichzeitig auf 200 Watt angehoben. Aus Gründen der Zuverlässigkeit kam eine Ölpumpe ins Kurbelgehäuse. Da viele Kunden die Sitzbank als zu hoch kritisiert hatten, wurde sie auf 860 Millimeter abgesenkt. Private Supermoto-Umbauten auf Basis japanischer Einzylinder-Enduros gab es zu dem Zeitpunkt reichlich, doch KTM lieferte den schwer angesagten Trend ab Werk für 15.290 DM.

Die zweite Generation bekam Gussfelgen

1999 vergrößerte KTM nicht nur den Hubraum des Einzylinders auf 625 cm3, sondern überarbeitete auch das Design gründlich analog zur Enduro. Doch die Duke entfernte sich weiter von der Geländemaschine, denn sie trug nun Gussfelgen von BBS und reine Straßenreifen. In der kleinen Cockpitverkleidung waren die Ellipsoid-Scheinwerfer nicht mehr neben- sondern übereinander angeordnet. Das Rücklicht saß nun auf dem Kotflügel und darunter lugten gleich zwei Endschalldämpfer hervor. Die Leistung stieg durch die Hubraumerhöhung und den neuen Gleichdruckvergaser auf 55 PS, doch das unwillige Schlagen mit der Kette bei niedrigen Drehzahlen blieb erhalten. KTM verbaute in seinem LC4-Motor immer schon eine Kurbelwelle mit geringer Schwungmasse, damit der Einzylinder rasch hochdrehen konnte, gemäß dem Firmenmotto „Ready to race“, doch der Nachteil war eben jenes rappelige Verhalten im Drehzahlkeller.

Aber das hielt die Fans nicht vom Kauf ab, im Gegenteil: Die Duke II erzielte höhere Produktionszahlen als ihre Vorgängerin. Sie rannte 177 km/h, verfügte über eine bissige Bremse und performte in engen Kurven besser als jedes Sportbike. Ab 2003 bekam sie ein geändertes Motorgehäuse und einen „High-Flow“-Zylinderkopf mit größeren Auslassventilen. Die Felgen bezog KTM nicht mehr von BBS, sondern von Brembo, die Bremsscheibe vorne war jetzt schwimmend gelagert und die Kupplung hydraulisch betätigt. Nochmal ein Jahr später bekam sie eine Upside-down-Gabel und wegen der verschärften Abgasnormen ein Sekundärluftsystem.

Die Duke 690 hatte den stärksten Einzylinder

Das Jahr 2008 hielt dann eine völlig neue Duke bereit. Optisch präsentierte sich die 690 Duke kantiger, wirkte aber auch noch sportlicher. Besonders auffällig war der Verzicht auf die beiden Schalldämpfer unter der Sitzbank, stattdessen befand sich nur noch ein großer Schalldämpfer unter dem Motorblock. Der 654 cm3 große Motor verfügte über eine Einspritzung von Keihin mit 46 mm großer Drosselklappe und leistete 65 PS – das war ein neuer Rekord im Einzylinder-Serienbau. Als Novum erhielt die Duke 690 drei per Drehschalter anwählbare Motormappings, von Soft über Standard bis Sport. Vor allem aber verabschiedete sich die 690 Duke vom Zentralrohrrahmen und präsentierte einen hübschen Gitterrohrrahmen.

Vorne verzögerte eine 320 Millimeter große Bremsscheibe von Brembo und eine radial verschraubte Vierkolben-Bremszange derselben Marke. Die voll einstellbare Upside-down-Gabel von WP wies 48 mm Durchmesser auf und das hintere Federbein bekam für bessere Straßenlage die Federwege von 170 auf 140 Millimeter gekürzt. Damit entfernte sich die Duke aber noch weiter vom ursprünglichen Supermoto-Gedanken, sowohl für den Einsatz auf Asphalt, als auch im Gelände tauglich zu sein. Die Duke 690 sollte jetzt als Straßenmodell begriffen werden, für den gemischten Einsatz waren schon seit einigen Jahren die SMC-Modelle 640 und 660 vorgesehen, wer ernsthaft Supermoto fahren wollte, griff ohnehin zum Wettbewerbsmodell 450 SMR, das aus dem Motocrosser 450 SX entwickelt worden war.

2009 schob KTM eine R-Version der 690 Duke nach, die einen Vorgeschmack auf die kommende Generation geben sollte. Die 690 Duke R behielt zwar die Bohrung bei, bekam aber den Hub von 80 auf 84,5 Millimeter verlängert, so dass sich echte 690 cm3 ergaben. Sie wies stolze 70 PS bei nur 159 kg Leergewicht auf und erreichte mit liegendem Fahrer 195 km/h.

Zylinderkopf mit Doppelzündung

Im Jahr 2012 präsentierte KTM dann die vierte Duke-Generation. Die 690 Duke behielt den Motor der vorherigen R-Version, zeigte sich aber im Design deutlich überarbeitet und nicht mehr ganz so radikal. Ihre technischen Daten versprachen aber auch weiterhin viel Fahrspaß mit 70 PS und 162 Kilogramm Gewicht. Der 690er-Motor bekam einen neuen Zylinderkopf mit Doppelzündung und jeweils eigenen Kennfeldern, elektronischen Gasgriff und eine Anti-Hopping-Kupplung. Es gab ein optionales ABS und die Sitzhöhe sank auf moderate 835 Millimeter.

Das alles waren Maßnahmen, um der Duke ihren Ruf als Rauhbein zu nehmen und sie einem größeren Kundenkreis zu erschließen. Die unwillige Gasannahme samt Kettenpeitschen unterhalb von 3000/min konnte aber auch die vierte Generation der Duke nicht ablegen. Die Sitzposition rückte näher ans Vorderrad und man konnte es auf der breiteren Sitzbank nun deutlich länger aushalten.

Mehr Alltagstauglichkeit im Lastenheft

Fraglos hatten mehr Alltagstauglichkeit und Komfort im Lastenheft der Entwickler gestanden – was allerdings im krassen Gegensatz zum ursprünglichen Supermoto-Gedanken der Duke stand. Doch man musste den Zeichen der Zeit Rechnung tragen, denn die einst boomende Sportart war zu einem Schatten ihrer selbst verkommen. Hatten noch wenige Jahre zuvor fast alle Motorradhersteller eine Supermoto im Programm, waren sie nun beinahe völlig vom Markt verschwunden. KTM war schon lange klar, dass sie ein gutes und günstiges Naked Bike brauchten, um weiter expandieren zu können.

Der Offroad-Sektor, wo KTM Marktführer war, zeigte sich weitestgehend gesättigt, also musste die österreichische Marke versuchen, bei den Straßenmotorrädern zu wachsen. Neben den Zweizylindern mit LC8-Motoren sollte vor allem die Einzylinder-Duke für neue Impulse sorgen. Die Kunden erwarteten inzwischen mehrheitlich eine bequeme Sitzbank, mehr Sicherheitsausstattungen und sogar eine gewisse Tourentauglichkeit. Tatsächlich bot KTM schon beim Start für die vierte Duke-Generation ein Koffersystem an – früher hätten sich die Duke-Fans da mit Grausen abgewendet.

Für die wilden Ritte hielt KTM die 690 SMC R bereit, die schlanker und radikaler als die 690 Duke war. Dass es immer noch viele Fans des Supermotos gab, zeigte die Tatsache, dass KTM in Deutschland über Jahre hinweg deutlich mehr 690 SMC R als 690 Dukes verkaufte. Als KTM die Produktion der 690 SMC-R 2017 einstellte, ging ein Aufschrei durch die KTM-Supermoto-Gemeinde. Doch für das Modelljahr 2019 kehrte die SMC R frisch renoviert und mit dem stärkeren Motor der Duke ins Programm zurück.

Eine zweite Ausgleichswelle für mehr Ruhe im Motor

2016 überarbeitete KTM die Duke im Zuge der Euro4-Norm erneut, der Hub wurde auf 80 Millimeter reduziert, dafür wuchs die Bohrung auf 105 Millimeter, so dass der Hubraum 693 cm3 betrug. Der Einzylinder stemmte eindrucksvolle 73 PS auf die Kurbelwelle und eine zweite Ausgleichswelle sorgte für etwas ruhigeren Motorlauf, in der R-Version leistete der Motor, dank eines Akrapovic-Auspuffs, sogar 75 PS. Die fünfte Generation der Duke bekam reichlich elektronische Helfer mit auf den Weg, unter anderem schräglagenabhängige Schlupfregelung, Motorschleppmoment-Regelung und Kurven-ABS. So ganz wollte KTM aber doch nicht die Supermoto-Gene verleugnen und daher konnte der Fahrer das ABS am Hinterrad für Drifts abstellen und es für Stoppies sogar komplett ausschalten. Die 690 Duke brachte vollgetankt 167 Kilogramm auf die Waage und erreichte 189 km/h, den rappeligen Motorlauf unterhalb von 3000/min hatte sie aber leider immer noch nicht ganz abgelegt.

Zukunft offen

Letztes Jahr hat KTM die 690 Duke R aus dem Programm gestrichen. Sie kostete rund 2000 Euro mehr als die Basis-Version und war damit teurer als die neue zweizylindrige 790 Duke, die dem Einzylinder-Modell mächtig Konkurrenz im eigenen Haus machte und sich um Längen besser verkaufte. Zurzeit gibt es die 690 Duke für 8595 Euro. Bleibt die Frage, ob uns die Einzylinder-Duke langfristig erhalten bleibt oder das Konzept als nicht mehr zeitgemäß eingestellt wird. Vielleicht scheitert die Duke in Zukunft daran, dass sie inzwischen zu weit von der Supermoto-Idee abgerückt ist, denn die guten Verkaufszahlen der radikalen Supermoto KTM 690 SMC R sprechen eine deutliche Sprache.

Die aktuelle 690 Duke ist immer noch ein gutes Bike, will aber zu sehr Vernunftmotorrad für den Alltag und zu wenig unvernünftige Spaßmaschine sein. Die Idee der Duke hat ein Vierteljahrhundert überdauert, nun muss sich zeigen, was KTM zukünftig daraus macht. Vielleicht reicht es ja schon, wenn Gerald Kiska sich wieder an sein Zeichenbrett setzt und für die nächste Duke-Generation ein Design im Stil der ersten 620 Duke entwirft. Retro-Stil ist schließlich gerade angesagt und was gäbe es passenderes für die KTM Duke, als die eigene Vorfahrin zu zitieren?