Besser im Nordwesten

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Deutsche Gründe vernichten meinen deutschen Pass

Die Gründe dafür sind so deutsch, dass ich meine Haare ausreißen und als Zunder für meinen Pass verwenden will. Die IDM befürchtet wohl irgendwie, dass eine kostenlose Übertragung ihnen das Geschäft mit den Zuschauern vermiest. Moment mal: Welches Geschäft mit welchen Zuschauern eigentlich? Zu den Rennen stehen nur die Unbeteiligten auf den Tribünen, die müssen: geplagte Ehefrauen von Rennfahrern. Der Rest sind Team-Mitglieder. Beide Gruppen haben eh Team-Pässe, die haben sich ohnehin schon blöd gezahlt, da ist nicht mehr zu holen. Ja, anwohnende Rennsportfreunde sind dort in homöopathischen Mengen zu sehen. Aber den zahlenden Zuschauer, der quer durch die BRD ins Niemandsland um den Lausitzring fährt, wo nachts die Wölfe in den leeren Dörfern heulen, und der das dann nicht mehr täte, weil es einen kostenlosen Stream gibt, den möge mir die IDM doch mal präsentieren. Dass neue Zuschauer durch eine Übertragung dazukommen, daran hat die IDM offenbar keinerlei Interesse. Man möchte vielleicht unter sich bleiben.

Der zweite betrübliche Grund ist genauso deutsch: Wir können Coolness einfach nicht. Kleine Gedankenübung: Denken Sie an ein cooles deutsches Auto. Nicht ein tolles, wegweisendes, besonders gutes oder schnelles, sondern ein cooles; Auswahl: die gesamte Zeit seit der Erfindung des Reitwagens. Lassen Sie sich Zeit. Deshalb verstehen wir Coolness oft nicht einmal, wenn sie uns die Miete bezahlt, was im Fall der IDM für manche Menschen gelten müsste. Motorradrennen sind cool, spannend, generell unterhaltsam. Eine lange Zeit hat der Energy-Drink-Hersteller Relentless die TT und die NW200 gesponsert. Dieses Jahr ist Vauxhall der Hauptsponsor des Rennens, also der Opel Großbritanniens. Vauxhall möchte, dass die Coolness der NW200 auf ihre Marke abfärbt, einer der stärksten Gründe für Sponsoring überhaupt.

Opels Deutsche Motorradmeisterschaft

Wie toll wäre es, wenn es die "ODM" gäbe, Opels Deutsche Motorradmeisterschaft? Opels PR-Leute organisieren einen Live-Stream der vorhandenen Kameras nebst zwei fähigen Kommentatoren. An der Rennstrecke stehen als Opel-Blitze gestaltete fahrbare Funktürme, die kostenloses WLAN von Feuerwehrschlauch-Bandbreite über das Gelände gießen. Jeder Zuschauer vor Ort kann sich damit in jede Kamera einklinken. Ich möchte doch sehen, was Max Neukirchner macht, der soll dann auf meinem Helm unterschreiben. Es gibt einen VIP-Shuttle-Service in Amperas, Probefahrten im Äddäm und im Rahmenprogramm des Rennens können Interessenten einen Astra OPC auf der Rennstrecke erleben – zum Beispiel als Beifahrer von besagtem Herrn Neukirchner.

Aber das ist natürlich Spinnerei. Sowohl die IDM als auch Opel sind hoffnungslose Fälle auf dem Gebiet "Menschen erreichen". Schade. Gut, dass es noch andere Veranstaltungen gibt. Zum Beispiel das Fischereihafenrennen: Roadracing, mitten in Dschörmänie! Mit allen Verrückten der Szene und Fischbrötchen! Das soll sich ein mediengewandter Zuckersuppenhersteller vorknöpfen und mir einen Live-Stream nach Stuttgart legen: "Fischereihafenrennen – fueled by Monster Energy" Oder man spricht mit Kiyaiundai. Die probieren ja gerne und viel. Sonst übe ich mich in "Squirrel" sagen und schleiche mich heimlich in Großbritannien ein unter einer neuen Identität, um ein neues Medienleben zu beginnen. Meinen Pass und meine Haare habe ich ja bereits verbrannt.

PS: Simon Andrews erlag nach seinem Crash am Samstag am Montag seinen Verletzungen im Krankenhaus. Er starb im Kreise seiner Liebsten, denen wir alle Kraft der Welt wünschen. (cgl)