Was sind die Hindernisse auf dem Weg zum emissionsfreien Antrieb?

Brennstoffzellenantrieb in der Warteschleife

Ab 2008 soll das Brennstoffzellenfahrzeug Honda FCX in Kleinserie produziert werden. Wir fragten Thomas Brachmann von Honda R&D Europe, welche Probleme noch gelöst werden müssen, bis die Technik auch für die Großserie geeignet ist

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Inhaltsverzeichnis

Mit dem Honda FCX hat der Automobilhersteller ein Fahrzeug vorgestellt, das konsequent um den Brennstoffzellenantrieb herum konstruiert wurde. Ab 2008 soll der FCX in Kleinserie für die USA und Japan produziert werden. Im Gespräch mit heise Autos beantwortet Thomas Brachmann, Bereichsleiter Technikkommunikation bei Honda R&D Europe, Fragen zur Zukunft des Brennstoffzellenantriebs.

Der Brennstoffzellenantrieb scheint aus heutiger Sicht fast zu schön um wahr zu werden: Wasserstoff als Treibstoff, der theoretisch unbegrenzt zur Verfügung steht, keinerlei Emissionen außer Wasser, das aus dem „Auspuff“ tröpfelt, fast lautloser Antrieb. Kein Wunder, dass in den neunziger Jahren die Euphorie groß war: Automobilkonzerne wie DaimlerChrysler, General Motors, Toyota, Ford, Honda und Nissan forcierten die Entwicklung von Brennstoffzellenfahrzeugen und schickten ihre Konzeptfahrzeuge auf die Straße.

Strom, der aus der Zelle kommt
Das Prinzip der Brennstoffzelle klingt einfach: Sie wandelt die chemische Energie eines Stoffes wie Wasserstoff direkt in elektrischen Strom um. Im Grunde handelt es sich um den umgekehrten Vorgang einer Elektrolyse; Während bei der Elektrolyse Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt wird, wird in der Brennstoffzelle der Wasserstoff in einem elektrochemischen Prozess mit Sauerstoff verbunden. Dabei entsteht elektrische Energie für den Antrieb und als „Nebenprodukt“ Wasser.

Die Brennstoffzelle besteht aus einer Anode, einer Kathode und einer dazwischen liegenden Trennschicht, dem Elektrolyten. An der Anode wird der Wasserstoff oxidiert (Elektronenüberschuss), an der Kathode (Elektronenmangel) werden die Protonen mit dem Sauerstoff zu Wasser umgesetzt. Werden die beiden Elektroden nun mit einem elektrischen Leiter/Verbraucher verbunden, fließt Strom.

Wie der Verbrennungsmotor ist die Brennstoffzelle ein Energiewandler, der in Verbindung mit einem Elektromotor ein Fahrzeug direkt antreibt. Ergänzt durch elektrische Energiespeicher, seien es Batterien oder Ultrakonsensatoren, ist wie bei Hybridfahrzeugen mit Verbrennungsmotor eine Rekuperation möglich und sinnvoll – auch ein Brennstoffzellenfahrzeug wird daher als Hybrid ausgelegt.

Kompakte Brennstoffzelle im Honda FCX
Honda setzt wie derzeit die meisten Automobilhersteller auf eine PEM-Brennstoffzelle (Proton Exchange Membrane) mit einer protonenleitenden Polymerfolie, die für Fahrzeug-Anwendungen als leichter zu handhaben gilt. Diese Folie ist zwischen zwei Bipolarplatten eingespannt, die feine Gaskanäle enthält. Durch diese Gaskanäle treten, getrennt durch die Membran, die Ausgangsstoffe Wasserstoff und Sauerstoff ein und das Endprodukt Wasser aus. Mehrere dieser Brennstoffzellenelemente ergeben in der Summe den Brennstoffzellen-Stack, also -Stapel.

Beim FCX der neuesten Generation hat Honda eine scheinbar triviale Verbesserung vorgenommen: Der Brennstoffzellen-Stack ist senkrecht verbaut, dadurch wird die Funktion der erwähnten Gaskanäle durch die Schwerkraft unterstützt, sodass die Gaskanäle der Brennstoffzelle flacher ausgelegt werden konnten. Somit baut der vertikale Stack insgesamt kürzer und der gesamte Antriebsstrang wird kompakter.

Teure Technik, kaum Tankstellen
So attraktiv die Brennstoffzelle auch ist, scheitert der Großserieneinsatz bisher vor allem an zwei Problemen, deren Lösung Zeit braucht: Zum einen ist die Technik noch viel zu teuer, sodass sie für den normalen Autokäufer unerschwinglich ist, zum anderen kann bisher niemand beantworten, wie Wasserstoff in ausreichender Menge hergestellt werden soll. Noch um die Jahrtausendwende wurde als realistischer Starttermin für Brennstoffzellenfahrzeuge im Serienbetrieb das Jahr 2010 genannt. Doch die Euphorie legte sich immer mehr: Im Jahr 2002 schätzte ein Sprecher des Ford-Forschungszentrums in Aachen, dass man ein Brennstoffzellenfahrzeug ab 2015 zu „normalen“ Pkw-Preisen anbieten könne – und schob eine kleine aber wichtige Einschränkung hinterher: Erst ab etwa 2025 sei mit einem annähernd flächendeckenden Tankstellennetz für Wasserstoff rechnen.

Brennstoffzellenantrieb in der Warteschleife

Genug Wasserstoff erst ab 2050?
Das Umweltbundesamt, dem man wohl keine feindliche Haltung gegenüber erneuerbaren Energien zuschreiben muss, konstatierte schließlich im Juni 2007: „Bei einem realistischen, maximal möglichen Ausbau der erneuerbaren Energien resultiert bis 2030 kein nennenswertes Potenzial an überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien, der sich – aus Klimaschutzsicht sinnvoll – zur Wasserstoffproduktion nutzen ließe. In größerem Umfang ist hiermit frühestens nach 2050 zu rechnen.“

Während die Frage „wo der Wasserstoff eigentlich herkommt“ also noch nicht geklärt ist, werden die Automobilhersteller nicht müde, die Brennstoffzellentechnik ständig weiterzuentwickeln, geben sich heute allerdings vorsichtiger, wenn es um die Ankündigung eines möglichen Serieneinsatzes geht. In Anbetracht des technischen und finanziellen Aufwands, den Hersteller wie Honda dabei treiben, scheint die Frage jedoch weniger zu sein, ob Brennstoffzellenfahrzeuge kommen, sondern wann.

Honda FCX – konsequent auf die Brennstoffzelle ausgelegt
Honda darf sich auf die Fahnen schreiben, mit dem FCX ein Brennstoffzellenfahrzeug gebaut zu haben, das konsequent um dieses Antriebskonzept herumgebaut wurde, anstatt einen Serien-Pkw als Experimentalträger zu nutzen. Tatsächlich will Honda den FCX ab 2008 in einer Kleinserie in Japan und den USA erproben. Der FCX wurde gegenüber der ersten Generation effizienter, die Brennstoffzelle wurde kleiner und leichter, die Leistung stieg auf 129 PS. Der 171-Liter-Tank ermöglicht die ansehnliche Reichweite von 570 km.

Das sind praxisgerechte Werte und man kann wohl davon ausgehen, das die Technik der Brennstoffzelle, des elektrischen Antriebs und der Wasserstoffspeicherung bei weitem nicht ausgereizt ist. Dennoch bleiben viele Fragen offen: Wie wird der Wasserstoff erzeugt, welche Gefahren gehen von dem Wasserstoff im Auto aus; wie kann er gespeichert werden? Wir fragten Thomas Brachmann, Bereichsleiter Technikkommunikation der Honda R&D Europe, nach seiner Einschätzung.


„Wenn die Rahmenbedingungen für Brennstoffzellenfahrzeuge stimmen, sind wir mit als erste dabei ...“

Herr Brachmann, wo liegen im Moment noch die Grenzen von Brennstoffzellen im Auto?

Eine Problematik bei der derzeit in Fahrzeugen eingesetzten PEM-Brennstoffzelle ist, dass sie nur in einem limitierten Temperaturfenster arbeiten kann. Dieser Bereich muss noch größer werden, um nicht große Kühlerflächen installieren zu müssen. Denn je niedriger die Arbeitstemperatur ist, und je höher die Außentemperatur, desto schwieriger wird es, die Wärme abzuführen. Dieses Fenster lag in der Vergangenheit bei nafionbasierten Brennstoffzellen zwischen ca. 0 und +80° C, mittlerweile haben wir bei Honda ein Fenster von -30 bis +95 °C erreicht. Das ist schon recht gut, im oberen Bereich könnte es aber noch etwas mehr sein.

Wie hoch ist der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle im Vergleich zu Verbrennungsmotoren?

Wir beurteilen den Wirkungsgrad nach dem Los-Angeles-Zyklus (LA4 H/H), weil der Wirkungsgrad im praktischen Betrieb wirklich etwas aussagt. Verbrennungsmotoren erreichen dabei etwa 20 Prozent, Hybride rund 28 Prozent, die Brennstoffzelle 60 Prozent. Diese Wirkungsgrade sind praxisgerecht und mit dem Neuen Europäischen Fahrzyklus vergleichbar. In den meisten europäischen Ländern darf und kann man kaum schneller als 120 km/h fahren – sei es aufgrund der Verkehrssituation oder aufgrund von Tempolimits – Deutschland ist in dieser Hinsicht allerdings eine Ausnahme.

Brennstoffzellenantrieb in der Warteschleife

Viele machen sich Sorgen um die Sicherheit und fürchten, dass zum Beispiel ein Wasserstofftank platzen oder explodieren könnte …

Wasserstoff ist ein Energieträger, der natürlich Gefahrenpotenzial hat wie jeder andere Kraftstoff auch. Doch wir fahren genauso gerne mit Benzin, Diesel oder Erdgas – die nicht weniger gefährlich sind. Bei Wasserstoff und Erdgas hat man ein sehr stabiles Tanksystem, weil es für hohe Drücke ausgelegt ist. Es gibt vorgeschriebene Tests für Hochdrucktanks, die vom Hersteller erfüllt werden müssen. Zum Beispiel müssen die Tanks in offenem Feuer getestet werden. Selbst wenn sich der Tank darin extrem erhitzt, darf er nicht explodieren. Eine Schmelzsicherung sorgt für kontinuierliches Abrennen des Inhaltsstoffes.

Tatsache ist auch, dass Benzin- oder Dieseltanks schneller Feuer fangen können als zum Beispiel Erdgas- oder Wasserstofftanks. Die Gefahren von Wasserstoff sind also nicht höher, sondern eher geringer als bei den heute gewohnten Kraftstoffen. Wasserstoff ist leichter als Luft und entweicht dementsprechend schnell nach oben. Er hat einen hohen Diffusionskoeffizienten, verdünnt sich rasch in der Luft und ist zudem ungiftig.

Beim BMW 7er mit Wasserstoffantrieb wird der Wasserstoff tiefkalt gespeichert und verflüchtigt sich mit der Zeit, wie ist das beim FCX?

Diese Problematik gibt es nur bei flüssigem Wasserstoff, der kryogen, also bei -253 °C im Tank vorgehalten wird. Jeglicher Wärmeeintrag führt dazu, dass der Wasserstoff gasförmig wird. Dieses Gas sucht sich natürlich seinen Weg, sodass der Tank nach zwei Wochen durchaus leer ist. Bei einem Hochdrucktank wie im FCX wird das Gas unter Druck gespeichert, also entweicht nichts, weil das System tunlichst druckdicht sein muss. Gegenwärtig werden auch beide Konzepte in Forschungsvorhaben kombiniert, um praktikablere Systeme zu entwickeln.

Warum setzt BMW nicht auch auf die Druckspeicherung?

Betrachten wir einmal den Los-Angeles-Stadtzyklus, in dem der Verbrennungsmotor drei Mal so viel Wasserstoff wie in unserem Brennstoffzellenfahrzeug braucht. Der 350-bar-Tank in unserem FCX der neuesten Generation hat ein Volumen von 171 Liter, damit erreichen wir eine Reichweite von 570 km. Selbst für etwa 400 km Reichweite müsste der Drucktank bei einem Verbrennungsmotor schon doppelt so groß sein, dafür reicht der Platz im Fahrzeug einfach nicht aus. Also nutzt man flüssigen Wasserstoff, um mehr davon in den Tank zu bekommen. der aber eben eine Kühlung benötigt. Dennoch sind wir froh über die Entwicklungsaktivitäten von BMW, denn nicht alle Hersteller können gleichzeitig alle technischen Möglichkeiten ausloten. Was BMW mit seinem Cryo-Konzept erreicht, ist letztlich auch wieder anderen zugänglich – und auch bei der Isolation und Kühlung der Tanks macht BMW Fortschritte.

Eine der Kernfragen ist, wo der Wasserstoff herkommen soll …

Es ist wahrscheinlich nicht möglich, dass die Entwicklung ausschließlich auf Wasserstoff hinausläuft. Der Bedarf an Energie wird sich auch im Verkehr weiter erhöhen und muss auf unterschiedliche Weise gedeckt werden. Das Schöne am Wasserstoff ist allerdings, dass er ein reiner Energieträger ist und aus verschiedenen Energien erzeugt werden kann. Bei unserer Home-Energy-Station, einem stationären Brennstoffzellen-Kraft-Wärme-Kopplungssystem, haben wir festgestellt, dass der durch Reformation aus Erdgas hergestellte Wasserstoff im Brennstoffzellenzellenantrieb immer noch 20 bis 30 Prozent weniger CO2 erzeugt und somit effizienter ist, als wenn das Erdgas direkt im Verbrennungsmotor verwendet würde. Das würde sogar rechtfertigen, aus der fossilen Energie Erdgas Wasserstoff herzustellen, auch wenn das nicht unser Ziel ist.

Brennstoffzellenantrieb in der Warteschleife

Es gibt Bemühungen, Bio- oder SynFuels in größerem Maßstab zu entwickeln. Provokativ gefragt – braucht man dann überhaupt noch die Brennstoffzelle?

Dass wir neue Kraft- und Treibstoffe brauchen, ist klar. Ein biogener Treibstoff im Verbrennungsmotor hat in der CO2-Bilanz klare Vorteile, konventionelle Abgasemissionen sind aber nach wie vor vorhanden. Biodiesel ist zum Beispiel ein Problem für die Fahrzeugperipherie, denn die verwendeten Materialien müssen säureresistent sein und dementsprechend ausgelegt werden. Die Ölverdünnung macht einen häufigeren Ölwechsel nötig und die Wartungsintervalle werden kürzer, um nur Beispiele zu nennen. Jeder neue Kraftstoff muß auf seine Systemverträglichkeit geprüft werden. Und der Verbrennungsmotor wird auch durch Sun- oder Synfuels nicht besser, weil sein Wirkungsgrad geringer ist als derjenige der Brennstoffzelle. Der Vorteil der Brennstoffzelle bleibt also auf jeden Fall erhalten.

Könnten neue Kraftstoffe wieder Brennstoffzellenantriebe aufleben lassen, bei denen der Wasserstoff „on board“ mit einem Reformer hergestellt wird?

In unsere Home-Energy-Station haben wir einen Reformer integriert, bei stationärer Anwendung kann man auch von relativ konstanter Last ausgehen. Im Auto ist das nicht der Fall, hier müsste ein Reformer im schnellen Wechsel ganz unterschiedliche Wasserstoffmengen herstellen. Das ist außerordentlich schwierig, deswegen verfolgen wir diesen Weg nicht mehr. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Solange Fahrzeughersteller den CO2-Ausstoß ausweisen müssen und die Fahrzeuge dementsprechend besteuert werden, werden sie keinen Hersteller finden, der allzu gerne einen Reformer im Auto bereithält. Denn dann finden die Emissionen wieder auf der Fahrzeugseite statt – auch wenn das eigentlich ein politisches Problem ist. Es gibt zum Beispiel keine Tankstelle, die den CO2-Ausstoß der gesamten Produktionskette je Kraftstoff, also von der Quelle bis zum Tank, ausweisen müsste, Emissionen werden heute leider nicht von der Quelle bis zum Rad ausgewiesen.

Bisher ist nur eine Kleinserie des FCX in Kalifornien geplant – Wann kommt er nach Europa?

Wenn ein Brennstoffzellenauto gefordert ist, und der Hersteller es mit Gewinn verkaufen kann, ist das im Prinzip sofort möglich. Wir produzieren jetzt gemäß den gesetzlichen Anforderungen in Kalifornien eine Kleinserie von Fahrzeugen. Unabhängig von anderen alternativen Antriebsquellen und Kraftstoffen gibt es in der Industrie einen Konsens, die Wasserstofftechnologie vorantreiben zu wollen. Wenn man will, kann es ganz schnell gehen, aber dabei müssen alle Industrien mitziehen, und die Rahmenbedingungen für Herstellung und Transport von Wasserstoff müssen gegeben sein. Wenn es soweit ist, sind wir sicher mit als erste dabei.