Das Rekordbike von BMW: HP4 Race
Die HP4 Race hält gleich drei hausinterne Rekorde: die stärkste, die leichteste und die teuerste BMW aller Zeiten. 215 PS, 171 kg, 80.000 Euro. Sie wurde konsequent für die Rennstrecke entwickelt und liegt sehr nah an den Werksmaschinen aus der Superbike-WM. Der Wahnsinn auf zwei Rädern
- iga
Die HP4 Race ist eines jener Motorräder, das eigentlich nur gebaut wurde, um die Konkurrenz zu schocken. Sie hält gleich drei hausinterne Rekorde: die stärkste, die leichteste und die teuerste BMW aller Zeiten. 215 PS, 171 kg, 80.000 Euro. Sie wurde konsequent für die Rennstrecke entwickelt und liegt sehr nah an den Werksmaschinen aus der Superbike-WM. Ein Superlativ auf zwei Rädern.
Die Konkurrenz schockieren – das hat BMW bereits 2009 das erste Mal getan, als sie wie aus dem Nichts die S 1000 RR der verblüfften Öffentlichkeit präsentierten. Ein lupenreines Sportmotorrad mit Reihenvierzylinder und 193 PS, das die Konkurrentinnen aus Japan und Italien mal eben so in den Asphalt stampfte. Ausgerechnet von BMW, einer Marke der bis dahin der Ruf der notorischen Unsportlichkeit anhaftete. Doch damit nicht genug, drei Jahre später legten die Münchner mit der HP4 nach, eine nochmals sportlichere Version, die nicht nur leichter und schneller war, sondern auch vollgestopft mit modernster Elektronik. Dann zog sich BMW werksseitig aus der Superbike-WM zurück und man hätte es dabei belassen können, die beiden Serienmodelle einfach weiter zu bauen, denn im Gegensatz zu den Sportmotorrädern der Konkurrenz verkaufte sich wenigstens die S 1000 RR immer noch verhältnismäßig gut. Doch BMW hatte wohl wieder der Ehrgeiz gepackt, zu zeigen, wozu sie in der Lage sind, wenn sie nur wollten.
Am größten saß der Schreck wohl bei Ducati, als sie zur EICMA im letzten November die schon im Vorfeld mit viel Tamtam angekündigte 1299 Superleggera präsentierten, ein Überflieger mit Karbon-Monocoque und 215 PS, und eine Halle weiter zog BMW ohne großes Getöse das Tuch von der HP4 Race und stahl mit der Überraschung Ducati die Show. Die BMW glänzte – wie die 1299 Superleggera – mit Karbon, wohin das Auge blickte: Hauptrahmen, Rahmenheck, Verkleidung, Sitzbankhöcker, Kotflügel, Schalldämpfer samt Halterung und sogar die Felgen bestanden aus dem teuren Kohlefaserverbundkunststoff. Eine Straßenzulassung würde es allerdings nicht geben, die HP4 Race wurde, wie der Name schon sagt, nur für die Rennstrecke konzipiert.
Stärkste, leichteste und teuerste BMW
Über die Leistung wollte sich BMW damals noch nicht äußern, das hat die Marke jetzt bei der offiziellen Pressepräsentation in Estoril nachgeholt. Der 999 cm3 große Reihenvierzylinder leistet 215 PS. Als wenn das nicht schon ein Wahnsinn wäre, reduzierte BMW das Trockengewicht auf 146 kg. Selbst mit allen Betriebsstoffen bringt die HP4 Race nur 171 kg auf die Waage. Damit ist sie nicht nur die stärkste, sondern auch die leichteste BMW, die je gebaut wurde, wenn man mal die Sportenduro G 450 X (122 kg) außer Acht lässt. Wer je wissen wollte, wie sich Superbike-Profis auf ihren Werks-Motorrädern fühlen, kann das jetzt auf der HP4 Race erleben. Vorausgesetzt er hat das nötige Kleingeld dafür, denn die HP4 Race hält noch einen hausinternen Rekord: Mit 80.000 Euro ist sie auch die teuerste BMW aller Zeiten.
Sie wurde mit dem ausschlieĂźlichen Ziel entwickelt, die maximale Performance auf der Rennstrecke zu bieten. NatĂĽrlich kann die HP4 Race bei dem Preis nur in einer Kleinserie aufgelegt werden, daher begrenzt BMW das Angebot auf 750 StĂĽck, die von einem hochqualifizierten Team im Berliner Werk per Hand zusammengebaut werden.
Technik aus der Superbike-WM
Als erstes Serienbike der Welt verfügt die HP4 Race über einen industriell gefertigten Karbonrahmen, der nur 7,8 kg wiegt. Vermutlich wird BMW die Erfahrungen daraus auch irgendwann auf andere Modelle übertragen. Tatsächlich unterbietet die HP4 Race gewichtsmäßig sogar die aktuellen Superbike-WM-Maschinen. Überhaupt ist die Nähe zu den WM-Bikes sehr eng, die Brembo-Monobloc-Bremszangen vom Typ GP4RR mit Titan-Kolben finden sich sonst nur an den Werksmotorräder der Superbike-WM und bei Regenrennen auch an den MotoGP-Bikes. Die beiden mächtigen vorderen Bremsscheiben haben 320 mm Durchmesser und sind 6,75 mm dünn. Das bedeutet: Mit nur einem Finger den Bremshebel angetippt und schon stoppt die Fuhre, als wäre sie vor die Wand gefahren. Doch unbedarfte Naturen seien gewarnt, denn BMW verzichtete konsequent auf ein ABS, die HP4 Race soll ein echtes Rennmotorrad sein. Anderweitig arbeitet sie aber mit modernster Elektronik, allein die Traktionskontrolle ist gangselektiv fünfzehnfach einstellbar und arbeitet mit Zündunterbrechung. Auch die Motorbremse lässt sich fünfzehnfach programmieren und die Wheelie Control ist ebenfalls variierbar.
Lenkgeometrie einstellbar
Vorder- und Hinterrad halten Dämpfer von Öhlins im Zaum, die konsequent für den Rennsport entwickelt wurden, Kompromisse wegen einer Straßenzulassung mussten nicht gemacht werden. Die Upside-down-Gabel FGR 300 und das Federbein TTX 36 GP werden baugleich in der WM eingesetzt, das gilt ebenso für die aus Fräs- und Blechteilen hergestellte Leichtmetall-Unterzugschwinge.