Die TU Graz untersucht den Schwungradspeicher für elektrische und Hybridantriebe

Der Schwungradspeicher als "kinetische Batterie"

Die TU Graz untersucht die Eignung des "Flywheels" als Energie­speicher. Der Schwung­radspeicher könnte dynamische Fahr­zu­stände abdecken – und die Batterie könnte auf Energiedichte optimiert werden

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  • ggo
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Hannover, 6. Juli 2012 – Volvo präsentierte eine ähnliche Idee im Frühjahr 2011: Ein Flywheel (oder Schwungradspeicher) wäre eine interessante Ergänzung für ein Hybridfahrzeug, weil es zwar nicht viel Energie aufnehmen, diese aber dafür sehr schnell speichern oder abgegeben kann. Diese Eigenschaften haben auch Ultrakondensatoren, doch im Detail gibt es Unterschiede, die möglicherweise für das Flywheel sprechen. Nun hat auch die TU Graz ein Forschungsprojekt aufgesetzt, in dem es diese Speichertechnik erforschen will.

Kraft aus der Rotation

Industriepartner in dem Projekt ist die Firma Rosseta, die unter anderem auf die Entwicklung von Schwungradspeichern spezialisiert ist. Sie soll bis etwa September 2012 ein Testfahrzeug auf Grundlage eines Škoda Roomster aufbauen. Projektleiter Gert Holler von der TU Graz will sich allerdings nicht nur auf ein bestimmtes Pkw-Konzept festlegen, sondern erhofft sich darüber hinausgehende Erkenntnisse. Denn obwohl die grundlegenden Eigenschaften des Schwungradspeichers bekannt sind, stellen sich die bei der Hybridisierung üblichen Fragen nach Skalierung, Kosten und sinnvollen Anwendungsszenarien.

Der Schwungradspeicher beruht auf dem Prinzip, dass ein im Vakuum laufendes Schwungrad kinetische Energie aufnehmen und wieder abgeben kann – man könnte es als eine Art kinetische Batterie betrachten, mit hochdynamischen Eigenschaften freilich. Laut Gert Holler kann der Schwungradspeicher etwa 300 Wh rekuperieren und wieder abgeben, das entspreche etwa einem Bremsvorgang von 70 auf 0 km/h. 300 Wh sind nicht allzu viel, doch der Honda Jazz Hybrid hat beispielsweise auch nicht mehr als 600 Wh zu bieten. Erstaunlicherweise erfolgt die Selbstentladung des Schwungradspeichers recht langsam. Erst nach fünf bis sechs Stunden ist er "leer". Dass das Schwungrad nicht zum Sanktnimmerleinstag weiterrotiert, liegt zum Beispiel daran, dass ein Rest Reibung bleibt, weil trotz des angestrebten Vakuums eben doch ein Rest Atmosphäre im Gehäuse verbleibt und somit ein wenig Luftreibung.

Ungleich gesellt sich gern

Es geht aber gar nicht unbedingt um eine Konkurrenz der Energiespeicher, sondern um ihrer gegenseitige Ergänzung. Der Schwungradspeicher ist im Prinzip eine ideale Ergänzung für eine Batterie: Er reagiert so dynamisch, wie es die Rekuperation oder Leistungsabgabe eben vorgibt, er ist vollkommen unempfindlich gegen "Tiefentladung" und reagiert thermisch nicht auf Belastungen wie eine Batterie. Man könnte also schnelle Brems- und Beschleunigungsvorgänge mit dem Flywheel abwickeln und eine chemische Batterie im Gegenzug konsequent auf Energiedichte statt auf Leistung optimieren. Sie könnte dann zum Beispiel sehr schön auf langen Abfahrten geladen werden, während sich der Schwungradspeicher als Kurzzeitunterstützung bei dynamischen Fahrzuständen empfiehlt – nicht umsonst wird er auch im Motorsport eingesetzt.