Der VW e-Golf im Test

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Die DC-Ladeleistung des e-Golf ist übrigens auf 40 kW begrenzt. Das macht sich in der Realität kaum bemerkbar. Dennoch bleibt offen: Wieso kann der VW e-Up mit seiner relativ kleinen Batterie mit 50 kW laden?

Der e-Golf geht ab

Lobenswert ist das Fahren an sich. So ist die Rekuperation des e-Golf auf null voreingestellt. Das ist genau mein Style. Gleiten, gleiten, rollen, rollen. Und beim Beschleunigen geht der e-Golf ordentlich ab: Die Leistung des e-Motors ist mit dem Facelift von 85 auf 100 kW (115 auf 136 PS) gewachsen. Nein, so dynamisch wie der BMW i3 ist der e-Golf nicht. Aber er macht Spaß, spricht direkt auf jede Pedalbewegung an und hat eine bessere Traktion als die Wettbewerber – auch bei der während des Testzeitraums leider häufigen Nässe.

Eine traditionelle Stärke des Golfs ist der akustische Komfort. Hier macht dem Wolfsburger keiner etwas vor. Egal ob Fahrwerks- oder Windgeräusche, der e-Golf ist leiser als die Konkurrenz. In Verbindung mit dem nochmals feiner abgestimmten ACC ist hier ein Auto mit einer gekonnten Mischung aus Kraft und Komfort entstanden.

Teuer, aber nicht zu teuer

Bei 35.900 Euro minus E-Prämie gleich 31.900 Euro geht es los. Inbegriffen im Preis sind vier Türen, die Klimaautomatik und das hochwertigste Radio-Navigationssystem „Discover Pro“ – eine Topanlage. Dennoch teile ich die Kritik des Kollegen Martin Franz: Ich vermisse den Drehregler für die Lautstärke und habe darum den Schalter im Multifunktionslenkrad benutzt.

Pflichtextras sind die erwähnte CCS-Buchse (625 Euro), die Wärmepumpe (975 Euro) sowie das ACC (320 Euro). Macht zusammen 37.820 Euro bzw. 33.820 Euro nach Staatsförderung. Oder 2320 Euro mehr als der vergleichbare Hyundai Ioniq electric. Das sind ungefähr 300 Euro für jede Kilowattstunde, die der e-Golf mehr bietet.

Der Vollständigkeit halber noch der Testwagenpreis: 44.335 Euro. Neben den nützlichen Optionen gibt es etliche verzichtbare – Beispiele dafür sind der überflüssige künstliche e-Sound und das Active Info Display, das schlechter ablesbar ist als klassische Instrumente.

Exkurs und Blick in die Zukunft: Ende Juni hat mich die Volkswagen Konzernforschung nach Ehra-Lessien eingeladen, auf jenes gut abgeschirmte Testgelände, das 1968 in unmittelbarer Nähe zum Eisernen Vorgang gebaut worden ist. Alle internationalen Kollegen und ich mussten am Eingang die Smartphones abgeben: Unter anderem war der Versuchsträger Gen.E zu sehen, von dem das Werk nur zwei offizielle Bilder freigibt. Und plötzlich wirkt der Golf uralt.

Zeitdruck bei der I.D.-Serie

Gen.E ist – anders als in vielen Medien kolportiert – keine kommende Studie, sondern bereits zwei Jahre alt und der erste Versuchsträger für den kommenden Modularen Elektrifizierungsbaukasten MEB. Oder, anders gesagt: Gen.E gibt einen Ausblick auf den Volkswagen I.D., der zur IAA 2019 Premiere feiern wird. Er hat das Zeug, den Golf zu kannibalisieren. Der I.D. wird als reines BEV konstruiert und wird den Vorteil der E-Technik endlich nutzen: Langer Radstand bei kompakten Außenmaßen.

In vielen Gesprächen in Ehra-Lessien ist außerdem er immense Druck zu spüren, der auf Volkswagen lastet. Nicht nur wegen des Abgasbetrugsskandals. Noch mehr wegen des wichtigen chinesischen Markts. Es darf und wird für die I.D.-Serie keine Anlaufverzögerung geben.

Der e-Golf aber ist jetzt im Verkaufsraum. Es ist das Dilemma aller BEVs, dass sie in absehbarer Zeit durch noch attraktivere Modelle ersetzt werden. Würde ich heute vor der Kaufentscheidung stehen, der e-Golf wäre ganz oben auf der Liste. Für viele Interessenten wird er der aktuell Beste sein.

Der Hersteller hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt und die Überführung bezahlt. Der Autor ist für den Fahrstrom aufgekommen. (fpi)