In der dritten Generation setzt Audi auf direkte und indirekte Einspritzung

Der neue 1.8 TFSI von Audi

Direkteinspritzung ist ein idealer Partner der Turboaufladung. Doch im neuen 1.8 TFSI setzt Audi zusätzlich auf Saug­rohrein­spritzung, zumindest im Teil­lastbereich. Das senkt Verbrauch und Emissionen

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  • ggo
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Ingolstadt, 11. August 2011 – Vierzylinder-Reihenmotoren sind in oberen Drehzahlen oft brummige Gesellen, schuld ist die Bauart, bei der vor allem die Massenkräfte 2. Ordnung für unerwünschte Schwingungen sorgen können. Umso mehr fällt ein Sahnemotor auf, wie es Audis 1.8 TFSI war und ist. Er wird vor allem bei Audi, Seat und Škoda verbaut und sorgt bereits im C-Segment für äußerst geschmeidigen, geradezu turbinenartigen Motorlauf, auch wenn dieses Bild etwas abgegriffen scheint.

Die 3. Generation

Obwohl nach wie vor ein gutes Angebot, verbaut Audi nun beginnend im Mittelklasse-Coupé A5 die 3. Generation des 1.8 TFSI. Im Hinblick auf Effizienz, Leistung und Drehmoment ist dabei kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Die Resultate sind zum Teil beeindruckend: Die Leistung steigt von 118 auf 125 kW (170 PS), das maximale Drehmoment von 250 auf satte 320 Nm, das ist nicht mehr weit entfernt von einem in der Leistung vergleichbaren Dieselmotor. Im A5 Coupé beträgt der Normverbrauch 5,7 Liter (134 g/km CO2), laut Audi 21 Prozent weniger als im Vorgängermotor.

Durchaus ungewöhnlich ist, dass Audi den Motor selbst in Bereichen überarbeitet hat, die man sonst gerne unangetastet lässt, um Kernkomponenten unverändert weiter produzieren zu können. So wurde zum Beispiel das Gießverfahren für das Zylinderkurbelgehäuse umgestellt und dessen Wandstärke reduziert. Die Kurbelwelle wurde neu gelagert und mithilfe von vier statt bisher acht Gegengewichten um 1,6 Kilogramm leichter, die Kolben werden aus einer neuen Legierung gefertigt. Ziel dieser und ähnlicher Maßnahmen war es, das Gewicht zu reduzieren und die Reibung zu verringern. Statt bisher 135 wiegt der Motor nun 131,5 kg, was angesichts des völlig neuen und aufwendigeren Zylinderkopfes nicht selbstverständlich ist. Und der hat es wahrlich in sich, weil Audi Gemischbildung und Brennverfahren völlig umgekrempelt hat.

Direkte und indirekte Einspritzung

Am meisten überrascht uns das neue Brennverfahren, bei dem Direkt- und Saugrohreinspritzung angewendet werden. Natürlich sind Erkenntnisse wie die Kühlwirkung bei Direkteinspritzung nicht auf einmal wertlos geworden, doch unter bestimmten Bedingungen hat auch die Saugrohreinspritzung noch Vorteile, vor allem hinsichtlich der Emissionen. Die Direkteinspritzung wird im 1.8 TFSI beim Start und bei höheren Lasten eingesetzt. Die indirekte Einspritzung kommt im Teillastbereich zum Zuge, weil hierbei eine homogenere Durchmischung des Luft-Kraftstoff-Gemisches möglich ist, was wiederum die Partikelbildung reduziert, die bei Direkteinspritzung auftreten kann.

Praktisch hat Audi den Wechsel zwischen Direkt- und Saugrohreinspritzung so gelöst: Im Ansaugkanal sitzt kurz vor dem Einlassventil eine Tumbleklappe, die dem Luftstrom bei Bedarf in den Weg gestellt werden kann, um für Wirbel zu sorgen – bei Direkteinspritzung geht sie dagegen aus dem Weg, um den zügigen Luftstrom bei höheren Lasten nicht zu behindern. Hauptvoraussetzung für die indirekte Einspritzung sind natürlich zusätzliche Einspritzventile, die noch vor der Tumbleklappe angeordnet sind. Abgesehen von den geringeren Partikelemissionen soll der indirekte Betrieb sogar den Kraftstoffverbrauch verringern, was wohl mit der vollständigen Verbrennung des sehr homogenen Gemischs zu erklären ist.

Auf Durchzug gestellt

Um mehr Freiheiten beim Ladungswechel zu erhalten, hat Audi zudem die Möglichkeiten der Ventilsteuerung erweitert. Bisher beschränkte sich die Variabilität des 1.8 TFSI auf eine Phasenverstellung der Einlassnockenwelle um einen Wert von 60 °KW – dies wurde auch bei der neuen Generation beibehalten. Zudem kann nun die Auslassseite um 30 °KW verstellt werden und erhielt darüber hinaus die zweistufige "Valvelift"-Ventilhubverstellung, die bisher nur im 2.0 TFSI eingesetzt wurde. Insgesamt sind somit die Möglichkeiten, Drosselverluste zu verringern, deutlich größer als bisher.

Diese zusätzlichen Freiheitsgrade dürften auch den Einsatz eines neuen Turboladers begünstigt haben, weil die Anforderungen "hohes Drehmoment im unteren Drehzahlbereich" und "maximale Leistungsausbeute" bei "hoher Dynamik" sonst schwer unter einen Hut zu bringen wären. In diesem Fall hilft Audi elektrisch nach: Während normalerweise das Wastegate-Ventil eines Turboladers nur durch den überschüssigen Ladedruck öffnet, hat der neue Lader einen elektrischen Wastegate-Steller. So kann zum Beispiel im Teillastbereich die Klappe geöffnet werden, wenn noch gar nicht genügend Ladedruck ansteht, wodurch sich der Verbrauch senken lässt. Oder man öffnet sie, um beim Kaltstart eine höhere Abgastemperatur vor dem Katalysator zu erhalten, was die Kaltstartemissionen verbessert. Zudem liegt das maximale Drehmoment von 320 Nm bereits bei 1400 U/min an, weil die Zuhaltekraft beliebig gesteuert werden kann.

Kühler Kopf

Eine weitere Neuerung gibt es schließlich beim Thermomanagement des Motors. Der Fluss des Kühlmittels wird über zwei Drehschieber gesteuert, die von einem Elektromotor über ein Schneckengetriebe angetrieben werden. So lässt sich die Kühlmitteltemperatur schnell und gezielt zwischen 85 und 107 °C einstellen. Beim Warmlauf kann die Kühlung zunächst komplett unterbunden werden, um den Motor schnell aufzuheizen. Damit trotz des zum Stillstand gekommenen Kühlmittelkreislaufs der Innenraum geheizt werden kann, hat Audi einen separaten Kreislauf vorgesehen, der Wärme für den Innenraum abzapft. Der Hauptwasserkühler, der für die verlustbehaftete Motorkühlung zuständig ist, wird erst möglichst spät zugeschaltet. Selbst der Abgaskrümmer ist in die Wasserkühlung des Zylinderkopfes integriert. Das senkt die Abgastemperatur und erlaubt den Verzicht auf eine Gemischanfettung bei Volllast, was Verbrauch und Emissionen auch in diesem Betriebszustand senkt.

Mehr Mitteldruck

Bisher konkurrierte der 1.8 TFSI mit dem gleich starken 1.4 TSI von VW. Letzterer war zumindest auf dem Papier sparsamer, Audis 1.8er aber erquicklicher, weil er sehr homogen und breitbandig zu Werke geht und sogar milde die Ohren erfreut. Der neue 1.8 TFSI dürfte nun auch in der Praxis nochmals deutlich sparsamer sein, zumal dank des früh anliegenden, sehr hohen Drehmoments das Downspeeding leichter fällt: Weil er schon früh deutlich mehr Druck zu bieten hat, lässt sich die Übersetzung länger wählen, was wiederum den Betrieb bei verbrauchsgünstigen, hohen Lasten erlaubt. Der Mitteldruck des 1.8 TFSI beträgt hohe 22 bar – deutlich höher als bisher, weil er höher aufgeladen, besser entdrosselt und mit geringerer innerer Reibung läuft.