Drohende Überschreitung des CO2-Flottengrenzwerts

Inhaltsverzeichnis

Ein Trigger der guten Verkaufszahlen sind die so genannten Umweltprämien, bei denen die Hersteller Dieselfahrzeuge verschrotten, um neue Autos auf die Straße zu bringen. Möglicherweise gelingt es, dadurch sinkende Stickoxidmesswerte zu erreichen und die Diskussion so lange zu verschleppen, bis alle Überlegungen zu Fahrverboten und Hardwarenachrüstungen vergessen sind.

Das ändert aber nichts daran, dass gut 130 Gramm CO2 pro Kilometer weit von der 95 Gramm-Vorgabe entfernt sind. Ohne einen Joker geht es nicht – und der ist die Elektrifizierung. Rechnet man die BEVs und PHEVs mit ein, liegt der CO2-Wert nämlich mit 127,7 g/km exakt auf dem Vorjahresniveau, obwohl die reinen Verbrennungsmotorautos einen Anstieg vorweisen.

Supercredits und Zauberformel

Weil für die Messung der CO2-Emissionen die Prüfstandsabgase gelten, fließt jedes BEV mit Null in die Bilanz ein und wird außerdem mehrfach angerechnet: Dieser Supercredit beträgt 2020 Faktor 2, 2021 ist er 1,67 und liegt ab 2022 bei 1,33 – erst 2023 zählt ein BEV einfach. Dazu haben PHEVs im Vergleich zu Dieselantrieben ebenfalls einen deutlichen CO2-Vorteil. Der Grund dafür ist ein Verfahren, bei dem der rein elektrische Fahranteil mit Null in die Bilanz eingeht und gewichtet wird („Zauberformel“). Ein typisches Beispiel ist der Porsche Panamera E-Hybrid, der eine Systemleistung von 340 kW (462 PS) hat und auf nur 56 g CO2/km kommt. Es ist darum wenig verwunderlich, dass der Sportwagenbauer es „dieses Jahr mal ohne Diesel probieren“ will, so Vorstandsvorsitzender Oliver Blume.

Die Autoindustrie handelt logisch, wenn sie im Hochpreissegment auf PHEVs setzt: Der Dieselmotor wird faktisch nur für den EU-Markt konstruiert und hat für die USA oder die Wachstumsregion Asien keine Bedeutung. Ein PHEV dagegen ist viel leistungsstärker, was höheren Gewinn verspricht, und zugleich sind die CO2-Emissionen niedrig.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) argumentiert in einem internen Papier noch klarer: Der Fahrzeughochlauf für xEV, also BEV, PHEV und FCEV, werde entsprechend der EU CO2-Regulierung extrapoliert. Wie auch immer die Kohlendioxidwaage also in Richtung Strafzahlung ausschlägt – das Gegengewicht heißt Elektroauto.

Starkes Plus auf niedrigem Niveau

Die Käufer jedenfalls sind neugierig und greifen zu. Das KBA meldet ein Plus von 85,1 Prozent für BEVs (Januar und Februar 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) auf 5310 Pkw. Bei PHEVs beträgt der Zuwachs 82,4 Prozent auf 5429 Exemplare. Das entspricht zusammen nur zwei Prozent. Aber einzelne Marken wie BMW zeigen den Trend an: Die Bayern haben 2017 in der EU eine Quote von 5,7 Prozent erreicht. Tendenz steigend.

Spötter monieren darum, sämtliche Elektroautos wären Compliance Cars, die nur den Zweck hätten, die CO2-Emissionen zu erfüllen, sonst aber unwillig produziert würden. Diese Einschätzung mag plausibel klingen, hat mit der Wirklichkeit der Entwicklungsingenieure jedoch nichts zu tun. Dort herrscht anders als bei den Kollegen Maschinenbauern Euphorie.

Eine breitere Gruppe von Kunden wird sich spätestens 2020 die BEVs genauer ansehen. Dann ist zum Beispiel ein Nissan Leaf mit mehr als 60 kWh Batteriekapazität normal. Oder ein Volkswagen I.D., der bei der Speichergröße bestimmt nicht zurückfällt. Die daraus resultierenden Reichweiten werden BEVs für viele Nutzer erstwagentauglich machen. (fpi)