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Rotterdam (Niederlande), 20. Juni 2014 – Der erste Toyota Aygo hat sich an der Verkaufsfront tapfer geschlagen. Trotz zum Teil deutlich modernerer Konkurrenz hat er seine Abnehmer gefunden. Der Neue ist optisch deutlich auffälliger. Ein Fahrbericht sollte zeigen, ob er ein Blender ist oder seinen Vorgänger auch beim Fahren in den Schatten stellt.

Mode-Artikel

Wie gehabt entsteht auch der neue Aygo im tschechischen Kolin und läuft dort mit den baugleichen Citroën C1 und Peugeot 108 vom Band. Alle drei haben optisch nicht mehr ganz so viel gemeinsam wie bislang. Toyota selbst spricht von gut 65 Prozent Gleichteilen, darunter die vorderen Türen. Galt der Aygo bislang als biederer, aber treuer Stadtflitzer, so wird er nun zum Mode-Trendsetter umgemodelt. Am markantesten ist das große X-förmige Element in der Frontpartie, welches farblich abgesetzt wird. Damit nicht genug: Der Aygo-Käufer kann sich jetzt, ähnlich wie beim Fiat 500 oder dem Opel Adam, bei der Bestellung durch unzählige Farbkombinationen für außen und innen arbeiten.

Fakt ist, dass sich der Toyota Aygo deutlich von seinen französischen Geschwistern unterscheidet. Er wirkt kantiger als 108 und C1. Gut ist die Tatsache, dass es statt der winzigen Klapptürgriffe endlich gescheite Bügel gibt. Weniger toll sind die sich verengenden hinteren Seitenfenster (wie bislang nur zum Ausstellen), die für eine enorm breite C-Säule sorgen. Dort kann sich trotz Schulterblick so einiges verstecken, etwa ein kleines Kind auf dem Fahrrad. Gerade für ein Stadtauto wie den Aygo ist das inakzeptabel.

Nur für Kleingut

Wenig Begeisterung löst auch der Kofferraum aus. Hinter einer Glasklappe befindet sich ein Volumen von 168 Liter. Das ist etwas mehr als bislang, zwei nicht allzu große Koffer gehen durchaus hinein. Schade ist nur, dass nach dem Umlegen der hinteren Lehnen eine Stufe entsteht. Zur Ehrenrettung des neuen Aygo muss aber gesagt werden, dass er mit 3,45 Meter (plus vier Zentimeter) kürzer ist als ein VW Up (3,54 Meter) oder der Hyundai i10 (3,66 Meter). Das erklärt auch, warum sich große Personen auf der Rückbank eher bestraft vorkommen.

Der Materialmix im Cockpit ist jetzt viel stimmiger und hochwertiger als im Vorgänger, wenngleich Hartplastik dominiert. Hinzu gesellt sich in Wagenfarbe lackiertes Blech in den Türen, wie man es auch vom VW Up kennt. Im Gegensatz dazu hat der Aygo aber einen Schalter für den Beifahrer-Fensterheber in der Fahrertür. Obwohl die Breite beim kleinen Toyota gleich geblieben ist, gibt es noch genug Luft zwischen Ellbogen und Tür. Etwas mehr Platz würden wir uns zwischen dem Lenkrad und den Beinen wünschen. Bonuspunkte sammelt der Aygo für die gut konturierten Vordersitze mit integrierten Kopfstützen. Sie liefern vernünftigen Seitenhalt, wenngleich große Personen mangels viel Fußraum die Beine recht stark anwinkeln müssen.

Keine Wahl

Eine überbordende Motorenvielfalt gibt es im Aygo nicht, im Gegenteil: Einzige Maschine ist der optimierte Einliter-Benziner, der es nun auf 69 PS bringt. Wer mehr will, muss zu Peugeot oder Citroën gehen. Die drei Zylinder vibrieren im Stand fröhlich vor sich hin, mit typischen Klang wieselt der Winzling durch die Stadt. Hier ist im Gegensatz zur Autobahn sein Revier. Dazu passt die recht präzise Schaltung. Auf Schnellstraßen wird die Getriebeabstufung zum Stimmungskiller, insbesondere mit dem aufpreispflichtigen Eco-Paket. Es enthält unter anderem ein Start-Stopp-System und soll den Verbrauch auf 3,8 Liter senken. Erkauft wird das durch länger übersetzte vierte und fünfte Gänge.

Machen wir es kurz: Sparen Sie sich die 950 Euro Aufpreis für das Eco-Paket. Die Öko-Gänge sind ein Stimmungskiller, der Aygo wird damit zu Tode übersetzt. Anders ausgedrückt: Ab etwa 120 km/h wird jeder Überholvorgang zum Glücksspiel. Erschwerend kommt hinzu, dass man zwischen den Stühlen hängt: Im vierten Gang schnellt die Drehzahl nach oben, im fünften Gang wirkt der Wagen wie zugeschnürt. Und das, obwohl der Motor drehen muss: Erst bei 4300/min stehen die maximalen 95 Nm bereit. Exakt das gleiche Drehmoment liefern auch der VW Up mit 75 PS (schon bei 3000/min) und der Hyundai i10 mit 67 PS (bei 3500/min). Immerhin: Bei den erwähnten 120 km/h ist der Aygo akustisch noch akzeptabel, darüber wird es schlicht laut. Überraschend gut ist das Fahrwerk, obwohl der Radstand nur 2,34 Meter beträgt. Abgesehen von kurzen Wellen ist das Abrollverhalten vorbildlich.

Nun werden sicher nur die wenigsten Aygo-Kunden auf dieses Auto schielen, um damit Fernreisen zu unternehmen. In der immer stärker umkämpften Klasse der Cityflitzer (Toyota spricht von 20 Konkurrenten) entscheidet primär der Preis. Er startet im Fall des Aygo bei 9.950 Euro. Dann ist das Allernötigste an Bord, etwa sechs Airbags, ein ESP und eine Servolenkung. Unser Tipp ist die höchste reguläre Ausstattung namens x-play touch. Warum regulär? Die Antwort: Es gibt noch drei so genannte Editionsmodelle mit jeweils besonderen Extras. Wer Ledersitze oder ein großes Faltdach möchte, muss zu diesen greifen. Einfache Preispolitik sieht anders aus.

Sein Geld wert

Der Toyota Aygo x-play touch kostet als Dreitürer exakt 12.000 Euro. Inklusive sind ein Audiosystem mit Sieben-Zoll-Touchscreen, auf dem Handyinhalte gespiegelt werden können. Für die Navigation per Smartphone gut, Funktionen wie Facebook, Twitter oder Youtube (alles nur im Stand) müssen wohl sein, um junge Menschen vom Autofahren zu begeistern. Was ist noch dabei? Eine Rückfahrkamera (trotz der geringen Länge sieht man durchs Heckfenster nicht viel), 15-Zoll-Alus, Klimaanlage, elektrische Fensterheber vorne und ein lederbezogenes Multifunktionslenkrad. Von wegen nackte Armut! Wir empfehlen noch die hinteren Türen für 350 Euro sowie Klimaautomatik, Lichtsensor und Startknopf im Paket für 700 Euro. Macht unter dem Strich 13.050 Euro. Klingt viel, liegt aber auf dem Niveau eines vergleichbar ausgestatteten Hyundai i10. Wer sich seinen VW Up mit 75 PS derart aufmöbeln möchte, darf mal eben knapp 1500 Euro mehr zum Händler tragen - in dieser Klasse ein gewaltiger Unterschied.