Fahrbericht Moto Guzzi V85 TT

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Der Motor hängt spontan und weich am elektronischen Gasgriff. 80 PS erscheinen im Fahrbetrieb glaubwürdig. Im Vergleich zur wassergekühlten und vierventiligen Reiseenduro-Konkurrenz in ihrer Hubraumklasse fehlen der V85 TT natürlich ein paar Pferdestärken und so kommt sie nicht ganz so druckvoll aus dem Drehzahlkeller, aber dafür dreht sie für eine Moto Guzzi erstaunlich leichtfüßig bis zum roten Bereich. Ab 3500/min stehen immer über 70 Nm Drehmoment zur Verfügung, maximal sind es 80 Nm bei 5000/min. Die Laufkultur des neuen Motors stellt alles in den Schatten, was man bisher von Moto Guzzi gewohnt war und er hat trotzdem nicht seinen Charakter verloren.

Kaum Kardaneinflüsse spürbar

Die V85 TT lässt sich ohne großen Kraftaufwand einlenken, Einflüsse des Kardanantriebs sind kaum spürbar und sie hält präzis die anvisierte Linie. Die Kontur und die gemäßigte Breite der aufgezogenen Michelin Anakee-Reifen (vorne 110/80-19 und hinten 150/70-17) unterstützen die Handlichkeit der Guzzi, obwohl sie mit 1530 Millimeter einen relativ langen Radstand hat. Ihre Schräglagenfreiheit stellt auch sportliche Fahrer zufrieden. Die beiden Brembo-Vierkolben-Festsattelbremsen vorn und die einzelne Zweikolbenbremse hinten verzögern gut, allerdings ist der Druckpunkt etwas matschig. Mit 229 Kilogramm Leergewicht ist die V85 TT nicht zu schwer geraten, zumal ihr Tank eindrucksvolle 23 Liter bunkern kann. Schwappen in ihm nur noch ein paar Liter, macht sich das auch im Handling positiv bemerkbar. Das riesige Spritfass sorgt für eine theoretische Reichweite von 470 Kilometern, was Fernreisende freuen dürfte.

„Tutto Terreno“? Senza problemi!

Das TT steht für „Tutto Terreno“ und soll andeuten, dass sie auch geländetauglich ist. Den Beweis muss die Guzzi jetzt antreten. Ein merkwürdiges Gefühl, bei laufendem Motor den E-Starter zu drücken, aber nur so lässt sich neben den Fahrmodi „Road“ und „Rain“ auch der Modus „Offroad“ abrufen. Der deaktiviert das ABS am Hinterrad und lässt einen gewissen Schlupf zu, wie es offroad manchmal nötig sein kann. Die ersten Schotterpisten nimmt die V85 TT locker mit ihren 170 Millimeter Federweg vorne und hinten, 210 Millimeter Bodenfreiheit bedeutet beruhigend viel Luft zwischen Steinen und Motorrad. In Kurven kann man leider nicht weit nach vorne rücken, da ist der monumentale Tank im Weg, aber bei etwas verhaltenerer Fahrweise verliert das Vorderrad trotzdem nicht die Führung. Schlammige Passagen sollten wegen des Reifenprofils allerdings vorsichtig angegangen werden. Schwierigeres Gelände schließt sich in Anbetracht des Gewichts ohnehin aus, was relativ wenig stört, denn die wenigsten Reiseenduristen trauen sich überhaupt abseits der Pisten.

Kurz übersetzt läuft sie in den roten Bereich

Auf der Autobahn fliegt die Guzzi ungehemmt in den roten Bereich. Der beginnt bei 6800/min, die Höchstleistung liegt jedoch erst bei 7750/min an, der Begrenzer kappt bei 8000/min den Vortrieb. Moto Guzzi gibt als Höchstgeschwindigkeit 195 km/h an, die Drehzahlmessernadel erreicht im sechsten Gang jedoch schon bei Tempo 182 den rot markierten Bereich.