Fahrbericht VW E-Golf 2017

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Diese Steuerung macht den E-Golf zu einem sehr entspannten Auto. Wer in einem BMW i3 effizient gleiten will, muss unter hoher Konzentration das Gaspedal ständig so halten, dass der Wagen den Motor weder auf Bremse noch auf Antrieb schaltet. Wer den Fuß vom Gas nimmt, den bremst BMW bemerkenswert stark ein. Die verlorene Bewegungsenergie holt der Fahrer dann wieder mit Bleifuß herein, mit Verlusten bei Bremsung und Beschleunigung. BMW verstärkt also die Unart des ungleichmäßigen Fahrens durch die Gestaltung ihrer Software. Der E-Golf dagegen rollt dem i3 daher vor allem unter ungelernten Fahrern in Sachen Effizienz und Fahrerbeanspruchung jederzeit davon. Er fährt sich langweiliger, er sieht langweiliger aus, aber der E-Golf ist das bessere Alltags-Elektroauto, und das mit der durchdachtesten Antriebs-Bedienung, das ich kenne. Hinweis: Ich kenne den Opel Ampera E noch nicht.

Russen und Franzosen, die mehr Zeit mit dem Auto hatten, fuhren recht problemlos über 200 Kilometer (207 und 230 respektive). Mit guten 200 Kilometern Alltagsreichweite kann man also realistisch rechnen. Möglich machen das gute Gleitverhalten unter anderem die Bridgestone-Holzreifen. Im Trockenen sind sie okay. Im Nassen würde ich ihren Grip als grenzwertig niedrig bezeichnen. Das müssen wir aber noch einmal auf Euro-Asphalt nachprüfen. Volkswagen stellte die Autos auf Mallorca vor, wo das Straßenbauamt sich dereinst dazu verstieg, Kreide in den Asphalt zu mischen, was bei Nässe zu Straßenoberflächen mit dem Reibbeiwert eines gut geölten Stücks Kernseife führt. Für ein endgültiges Urteil müssen wir solche Straßen ausschließen, die es glücklicherweise in unseren anderen Bundesländern nicht gibt.

Wiegen und Wischen

Kollegen bemängelten, der E-Golf sei ihnen zu langweilig, "ein Golf halt". Ich gebe aber zu, dass ich ihn gern fuhr. Anders als andere Gölfe gibt er dir keine falschen Versprechen in Form bunter "SPORRRCHT!"-Buttons, die nicht viel machen außer mehr Krach. Es gibt keinen ESP-aus-Knopf, der bei VW ja sowieso nur eine Lampe anschaltet. Man fährt einfach nur mit dem, was da ist und freut sich daran, dass es im Innenraum sehr leise zugeht, mit minimalen Wirbelgeräuschen über die Spiegel, und schönem Kurvenverhalten trotz Holzreifen. Die Balance mit dem schweren Akku zwischen den Achsen taugt mir sehr gut. Vor allem fällt das im direkten Vergleich mit dem Golf GTE auf, bei dem der Akku sehr ungünstig hinter und über der Hinterachse liegt. Dessen Nichtbalance gefiel mir überhaupt nicht, zeigte aber im Kontrast, dass VW es trotz ihrer Baukasten-Einschränkungen beim E-Golf gut hinkriegte. Die leicht gestiegene Motorleistung auf nun 100 kW reicht für zügige Überholvorgänge überland gut aus. Das gesetzlich verlangte Anfahrgeräusch hat VW erfreulich nervarm gelöst. Es klingt ähnlich wie das Rauschen eines modernen Vierzylinders kurz über Leerlauf hinter seiner Dämmung.

Im E-Golf verbaut VW ihr neues Infotainment-System auf der Mittelkonsole. Das schaut schön aus. Beim Navigieren verwendet VW weiß mit roten Rändern als Markierung. B-Straßen sind hellgrau mit dunkelgrauem Rand. Das sieht sehr ähnlich aus. Die gute Ansage hilft da enorm, insgesamt gefällt mir das System besser als zum Beispiel die aktuelle Generation bei Mercedes. Der Nutzer kann keine Farben einstellen. Dafür darf er mit Gesten wischen. Das funktioniert so mittel. Wer es bei einer Probefahrt ausprobieren möchte: Einen Song skippt das System bei einem Wisch nach links (die Meisten wischen erst einmal nach rechts). Die Menüführung zeigt manchmal ein X zum Schließen eines Fensters, auch eines bildschirmfüllenden, manchmal einen Return-Pfeil und manchmal gar nichts, sodass man sich wieder von der Menübaumwurzel neu durchklicken muss. Das gibt es anderswo strukturierter. Der Kunde kann in der entsprechenden Ausstattung seine eigene SIM-Karte ins Handschuhfach stecken und hat dann einen WLAN-LTE-Router.