Fahrbericht: Yamaha Niken

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Yamaha geht diesen Weg aber nicht, um die Niken noch komfortabler als die Tracer zu machen. Vielmehr wird die Sitzposition nötig, um die Balance des Motorrads mit Fahrer auf eine Gewichtsverteilung von 50:50 auf Vorder- und Hinterrad zu erreichen, da die Kombination aus doppelter Upside-Down-Gabel und der Parallelogrammkonstruktion, die der Niken ihre Schräglagefähigkeit verleiht, deutlich mehr Gewicht als eine Standardgabel mit sich bringt.

Fühlt sich an wie ein Zweirad

Während der Fahrt merkt man davon erstaunlicherweise aber nichts. Zwar wirkt die Niken beim ersten Platznehmen durch die ausladende Front recht wuchtig, ist man aber erst mal in Bewegung, glänzt die Niken mit Agilität und lässt sich überraschend leichtfüßig dirigieren. Das Erstaunlichste daran: sie fühlt sich dabei an wie ein Zweirad. Gut, die 262 Kilogramm vollgetankt lassen sich nicht wirklich kaschieren und man merkt dem Mopped natürlich an, dass es eher zum entspannten Reisen denn zum sportlichen Rasen gebaut wurde. Grundsätzlich unterscheidet es sich im Fahrverhalten aber nicht von einem klassischen Motorrad und erinnert dabei an einen großer Sporttourer. Etwas ist dann da aber doch anders.

Denn die Niken vermittelt ab dem ersten Meter extrem viel Vertrauen. Wenn sich das aus dem Mund des Yamaha Produktmanagers auch noch wie eine klassische Marketing-Phrase anhörte, stellt sich tatsächlich innerhalb kürzester Zeit ein positives Fahrgefühl ein. Der Beleg folgte sprichwörtlich auf dem Fuße. Kaum hatten wir die Ortsgrenze hinter uns gelassen, schrabbelten bereits in der ersten Kehre Stiefelspitze und Fußraste über den Asphalt. Was hatte der Yamaha Manager noch gleich gesagt? „Die maximal mögliche Schräglage mit der Niken beträgt 45 Grad und die Rasten dienen als Indikator für den Grenzbereich“?

Mit keinem anderen mir unbekannten Motorrad wäre ich nach nur wenigen Kilometern und so wenig Eingewöhnung so weit gegangen. Schon gar nicht bei noch kalten Reifen und nur knapp zweistelligen Außentemperaturen. Erstaunlicherweise generiert die Niken das Vertrauen in die Front nicht über Transparenz und glaskares Feedback, was bei der touristisch ausgelegten Sitzposition mit dem hohen und breiten Lenker auch überraschend gewesen wäre. Hier ist es tatsächlich das zweite Vorderrad und der zusätzliche Grip, die den Unterschied ausmachen. Zwar fallen die Räder mit einem Durchmesser von 15 Zoll kleiner aus als bei einem normalen Motorrad, dank der Dimensionierung von 120/70 werden Auflagefläche und Grip an der Front aber buchstäblich verdoppelt. Besonders spürbar wird das, wenn die Bedingungen schlechter werden.

Ego-Booster

Genau dann kann die Niken nämlich ihre enormen Stärken ausspielen. Ist man auf schwierigem Geläuf unterwegs, entwickelt sich die Niken förmlich zum Ego-Booster, da man innerlich eigentlich immer einen Tick entspannter als auf einem normalen Motorrad ist. Dabei ist es völlig irrelevant, welche Widrigkeiten die Strecke bereithält. Egal, ob man auf flickenübersäten Nebensträßchen unterwegs ist, ob man beim Pässe fahren in einen Schauer gerät oder ob man bei zügiger Gangart hinter einer Kurve von Dreck auf der Ideallinie überrascht wird, dank des enormen Grips an der Front steckt die Niken alles fast unbeeindruckt weg.