Fiat und Chrysler spielen Fusions-Poker

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • ggo

Wie Fiat und Chrysler heute mitteilten, haben die beiden Automobilhersteller eine „nicht bindende“ Vereinbarung über eine Zusammenarbeit getroffen. Ziel der Vereinbarung ist demnach, eine weltweite strategische Allianz zu bilden, die beiden Seiten Vorteile bieten würde: Chrysler bekäme dadurch schnell Zugang zu europäischen Kleinwagen- und Kompaktklasse-Plattfomen sowie sparsamen Antrieben. Beide Seiten würden zudem ihre Vertriebsnetze für den Partner öffnen, was vor allem für Fiat ein Vorteil wäre. Der italienische Autobauer ist bisher in Nordamerika nicht präsent, auch Pläne, Alfa Romeo in den USA zu verkaufen, konnten bis dato nicht umgesetzt werden.

Laut Chrysler entspricht die Vereinbarung den Auflagen der US-Finanzministeriums, nach denen jede wirschaftliche Maßnahme Chryslers Restrukturierungsmaßnahmen dienlich sein muss. Schließlich will die Regierung sehen, dass staatliche Finanzhilfen nicht für wenig überzeugende Projekte verpulvert werden. Aus Sicht von Chrysler würde die Zusammenarbeit mit Fiat erheblich zu Chryslers Langzeitplänen beitragen, das Überleben des Unternehmens zu sichern. Um die Vereinbarung in einen bindenden Vertrag zu überführen, fehlen freilich noch einige Genehmigungen, einschließlich der des Finanzministeriums.

Chrysler galt in den vergangenen Monaten unter den drei großen amerikanischen Autobauern als erster Kandidat für eine mögliche Insolvenz. Denn abgesehen von finanziellen Schwierigkeiten kann die ehemalige Daimler-Tochter kaum zukunftsfähige Antriebstechnik vorweisen – das unterscheidet das Unternehmen deutlich von General Motors, wo man technologisch auch dank Tochter Opel auf Augenhöhe mit den Großen der Branche mitspielen kann. Fiat kann nun zwar geeignete Motorentechnik liefern, um Verbrauchswerte zu ermöglichen, die auch die politischen Entscheider überzeugen mögen. Ein Problem allerdings belastet die amerikanisch-italienische Freundschaft: Beide Autohersteller gehören im Bereich alternativer Antriebe nicht zu den führenden Unternehmen. Auch Fiat hat bisher zum Thema Hybridantriebe wenig zu vermelden, Unternehmenschef Sergio Marchionne setzt bisher vor allem auf Größe durch Zusammenschlüsse. Der erste Schritt ist jetzt getan: Nach der heutigen Erklärung will sich Fiat zu 35 Prozent an Chrysler beteiligen, ein „Cash-Investment“ sei aber nicht vorgesehen.

Marchionne hatte im Dezember gesagt, dass seiner Ansicht nach nur ein US-Autobauer überleben wird. Demnach erwartet er wohl mehr als eine lockere Kooperation mit Chrysler und unterstellt zumindest bei einem weiteren US-Autobauer, dass dieser ebenfalls Partner sucht. Dass Fiat ausgerechnet mit dem schwächsten der „Big Three“ anbandelt, liegt möglicherweise am geringen finanziellen Aufwand. Es schafft kurzfristig neue Absatzmöglichkeiten und bietet die Chance, sich in den USA für weitere Kooperationen schick zu machen. Offenkundig ist, dass die Kooperation von Chrysler und Fiat gerade noch rechtzeitig zu Obamas Amtsantritt am heutigen Dienstag verkündet wurde. Er ist es schließlich, dem man zukünftig die die Erfolgsgeschichte von Chrysler verkaufen muss. (ggo)