Im Vergleich: BMW 5er GT und Porsche Panamera

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München, 5. Juni 2010 – Man sieht es auf den ersten Blick: Weder der BMW 550i Gran Turismo noch der Porsche Panamera S sind Understatement-Vehikel für Gentlemen der alten Schule, und wer sich politisch korrekt fragt, warum es mehr als eines VW Golf oder maximal eines Volvo S80 bedarf, um vier Erwachsene mit Gepäck von A nach B zu fahren, braucht hier nicht weiterzulesen. Doch seitdem es Autos gibt, sind sie nicht nur Transportmittel für Pragmatiker, sondern sie sagen auch – ob nun gewollt oder unbeabsichtigt – eine Menge über ihre Besitzer aus. Und die Spitzen-Erzeugnisse süddeutscher Autobauer zählen traditionell zu den begehrtesten Statussymobolen auf vier Rädern, die für (viel) Geld zu haben sind. Wir haben uns daher zwei ebenso kräftig motorisierte wie auffällig gestaltete Viersitzer genauer angesehen.

Karosserie/Innenraum

Der BMW 5er GT ist optisch riesig. 1,56 Meter hoch gebaut, erstreckt er sich über eine Länge von 5 Metern. Sein coupéhaftes Heck verleiht ihm dabei eine prägnante Seitenlinie. Der Wagen ist vor allen Dingen eins: auffällig. Dies spüren wir nicht nur an den Blicken der Fußgänger, sondern auch auf der Autobahn: Wenn der dicke Bayer von hinten angebraust kommt, quetschen sich selbst andere noch recht weit entfernte BMW-Fahrer schnell in eine Lücke auf der Mittelspur, um unserem Brummer Platz zu machen. Das muss einem nicht gefallen, doch wer den gierig und fast ein bisschen irre dreinblickenden Bayern mal im Rückspiegel hatte, versteht das aber.

Beim Panamera ist es nicht viel anders

Der Panamera ist vor allen Dingen breit, 1,93 Meter – ein bisschen erinnert er uns an einen plattgeklopften 5er GT. Die Leute betrachten auch den Schwaben interessiert – wenn wir mit beiden Wagen gleichzeitig unterwegs sind, zieht der Panamera die Blicke sogar etwas stärker an. Auf der Autobahn wird auch ihm Platz gemacht, wobei er nicht so wuchtig aus dem Rückspiegel der vor ihm Fahrenden schaut wie sein bayerischer Konkurrent. Die Heckansicht des 5er-Spannranzens und sein flaches Porsche-Pendant sind auf jeden Fall interessant – eine geschmackliche Bewertung ist wie immer Sache des Einzelnen.

Innen am Rand

Trotz ihrer Respekt gebietenden Außenmaße sind beide Fahrzeuge als Viersitzer ausgelegt. Doch erwartet das Interieur der beiden die Passagiere mit Materialien vom Feinsten: Echtholz, Leder, Karbon und Metall – ein Labsal für jeden Hartplastik-Allergiker. Eine präzise Verarbeitung dieser Stoffe ist in der Wagenklasse selbstverständlich. Im BMW genießen wir vorne komfortable und x-fach verstellbare Sitze und viel Platz. Hinten dann die beiden Einzelsitze: Mehr Komfort geht kaum, so ein Liegesitz-artiges Business-Class-Gestühl haben wir noch nicht erlebt. Im Fond des BMW ist es definitiv gemütlicher als vorne – und wir haben ähnlich viel Beinfreiheit.

Head-up-Display und manches mehr

Im BMW stehen dem Lenker so ziemlich alle derzeit verfügbaren Hilfs-Systeme zur Verfügung: Totwinkel-Assistent, Spurverlassens-Warner, Nachtsicht-Funktion mit Personen-Erkennung und ein Abstandsregel-Tempomat mit Stop-and-go-Funktion. Aber das schönste leuchtet in der Frontscheibe: Die Informationen des Head-up-Displays (1390 Euro). Bei diesem System kann man von einer Kundenzufriedenheits-Rate um die 100 Prozent ausgehen. Beim 5er GT wird nicht nur die aktuell gefahrene Geschwindigkeit in die Frontscheibe gespiegelt, die Navi-Daten zeigen anhand von übersichtlichen Skizzen, wo es lang geht. Und während die Gäste im Fond bräsig in ihren Sesseln lümmeln, können sie sich noch über die in den Lehnen der Fordersitze eingelassenen Monitore mit Fernsehen oder DVD-Filmen die Zeit vertreiben (2600 Euro).

Sportlich bis hinten

Im Porsche geht es nicht minder edel zu. Die Kabine wirkt extrem hochwertig und gefällt durch ihren modernen Chic mit breiter Mittelkonsole und den vielen Knöpfen. Hier finden wir dann auch einen wesentlichen Unterschied zwischen dem 5er GT und dem Panamera: Während man bei BMW auf das leicht mit einem großen Dreh-Drückknopf zu bedienende iDrive setzt, können es bei Porsche anscheinend nicht genug Direktwahl-Knöpfe sein. Das iDrive hat man umgehend intuitiv drauf, Porsches Knopfparade verlangt nach ein Eingewöhnung – wird dann aber zu einem verlässlichen Freund. Das Gestühl des Zuffenhauseners wirkt etwas sportlicher als das des BMW, wobei der Langstrecken-Komfort nicht zu kurz kommt. Über die Beinfreiheit im Fond können wir nicht meckern, sie fühlt sich üppig an. Auch lässt sich hier bereits ab Werk ein Fond-Entertainement-System installieren (3558 Euro), aber an die Zweite-Reihe-Wohlfühlzone des 5er GT kommt der Panamera nicht heran.

Weniger Assistenten – dafür andere

Auch im Panamera können dem Fahrer diverse Assistenz-Systeme unter die Arme greifen, aber die geballte BMW-Vielfalt wird nicht erreicht: Das geliebte Head-up-Display steht ebensowenig zur Verfügung wie ein Totwinkel-Assistent oder der Spurverlassen-Warner. Dafür gibt es im Panamera etwas, was wir im BMW nicht bekommen können: eine Launch Control. Für 797 Euro hilft dieses im "Sport Chrono Paket Plus" enthaltene System beim perfekten Rennstart. Und im Handbuch des Panamera wird beschrieben, wie mit der im Sport-Chrono-Paket eingebauten Stoppuhr die Zeiten auf einem Rundkurs genommen werden können – noch Fragen? Die sportbetonte Ausrichtung des Panamera mit im Vergleich zum BMW leicht abgespeckten Ausstattungs-Möglichkeiten wird noch durch den manuell oder automatisch ausfahrbaren Heckspoiler unterstrichen.

Heck-Räume

Wer so viel Platz für Vier bietet, sollte den Passagieren auch die Möglichkeit geben, ein bisschen Gepäck mitzunehmen. Und hier erleben wir eine kleine Überraschung: Der Panamera schluckt mit 445 Litern etwas mehr Gepäck als das wuchtige Hinterteil des Bayern. Ob die beiden nun beladen sind oder nicht: Die Übersicht nach hinten ist bei dem einen genauso grauenvoll wie bei dem andern. Hier helfen nur Einparksensoren. Die sind aber nur bei Gegenständen, die sie erkennen können, nützlich, doch ob zum Beispiel anstelle Asphalt schon der Graben lauert, sehen sie nicht. Deshalb empfehlen wir ausdrücklich eine Heckkamera – damit wird beispielsweise das Rückwärtsfahren auf engen Feldwegen erträglich.

Fahrwerk/Fahrverhalten

Das Fahrwerk mit luftgefederter Hinterachse des 5er GT ist verstellbar und versucht, jegliche Unbill von der wertvollen Fracht fern zu halten. Das Gleit-Gefühl ist phänomenal, wir wollen kaum noch aussteigen. Aber unser 550i ist mit seinen 407 PS nicht wirklich als Leisetreter ausgelegt: Bis Tempo 200 sind wir in der Sport-Einstellung straff genug unterwegs, darüber hinaus würden wir uns noch ein wenig mehr Härte wünschen. Das gleiche gilt für die Lenkung: Im Stadtverkehr ultrakomfortabel, könnte sie in der schnell gefahrenen Autobahnkurve ruhig ein wenig verhärten. Die innenbelüfteten Bremsscheiben rundum haben wiederum mit dem 2,1-Tonnen-Brocken kein Problem, bearbeiten den Wagen wie ein deutlich leichteres Fahrzeug.

Oben heraus fester

Unser Panamera S ist vorne und hinten auf Luft gebettet (1952 Euro Aufpreis), auch sein Fahrwerk lässt sich verstellen. Schlaglöcher nimmt er etwas härter als der BMW – eine Härte, die sich ab Tempo 200 auszahlt. Selbst wenn wir mit 250 km/h unterwegs sind, macht die Autobahnkurve noch einen Riesenspaß. Das gleiche gilt für die Lenkung: Mit genau dem richtigen Widerstand gibt sie dem Piloten zu jeder Zeit Sicherheit. Und die Porsche-Bremsen sind wie eh und je: Auf kürzesten Wegen bringen auch hier vier innenbelüftete Scheibenbremsen rundum den Wagen zum Stehen. Gegen rund 8000 Euro Aufpreis ist beim Panamera auch eine Keramik-Bremsanlage zu haben.

Motor/Getriebe

Der BMW hat 407 PS, der Porsche ist mit 400 PS unterwegs. Der Bayer schöpft seine Leistung aus einem V8 mit "TwinPower"-Turboaufladung, der Porsche aus einem V8-Sauger. Das Aggregat des 5er GT muss beim 550i mindestens 2,1 Tonnen schleppen, das Porsche-Herz bewegt wenigstens 1,8 Tonnen. Der 5er GT beschleunigt sanft, außer wir hauen das Gaspedal runter: Dann bricht sich der Wagen gnadenlos seine Bahn: 5,5 Sekunden vergehen beim Spurt auf 100 km/h. Dabei gibt sich der Doppelturbo durch einen leicht kernigen Sound zu erkennen, die Maschine ist allerdings weit entfernt vom Krawallmachen.

Ran an den Saft

Der finanzielle Aspekt des Spritkonsums unserer Vergleichswagen dürfte ihrer Zielgruppe weniger Kopfzerbrechen bereiten als die soziale Akzeptanz der Verbrauchswerte. Unser 550i Gran Turismo langt dabei recht beherzt zu: 16,1 Liter Super sollen es im Schnitt schon pro 100 Kilometer sein. Bei deutlich über 200 km/h schlürft der V8 jedoch schnell über 20 Liter auf 100 Kiometer aus dem Tank.

Doppelter Klang

Der 4,8-Liter-V8 unseres Panamera S grollt auch im Innenraum vernehmlich. Wer von außen hinhört, ist noch mal um einiges mehr begeistert. Den Spurt auf 100 km/h wickelt der Porsche in 5,6 Sekunden ab, mit Launch Control zischt der Wagen aus Stuttgart-Zuffenhausen in 5,4 Sekunden in den dreistelligen Bereich. Während der BMW bei 250 km/h elektronisch abgeregelt wird, sind beim Porsche 283 km/h drin. Was beiden Wagen gemeinsam ist: Sie haben immer noch mehr als genug Reserven, um jenseits der 220 km/h einen heftigen Zwischenspurt hinzulegen. Beim Kraftstoff gibt sich der Panamera als Feinschmecker: Das teure Super Plus soll durch die Leitungen rinnen. Im Schnitt werden 17,8 Liter auf 100 Kilometer fällig, im Hochgeschwindigkeits-Betrieb ist der 20-Liter-Rubikon leicht überschritten.

Acht gegen Sieben

Schalten kann man beide Wagen selbst, muss man aber nicht. Während im 5er GT die Motorkraft an eine Achtgang-Automatik weitergeleitet wird, ist in unserem Panamera S ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) am Werk. Während auch die Automatik im 5er GT auf Sanftheit ausgelegt ist und nur äußerst selten mit einem kleinen Ruckler auffällt, geht das Porsche-Doppelkupplungsgetriebe ein wenig ruppiger zu Werke. Dafür ist es dann auch zum rennsportmäßigen Reinknallen der Gänge geeignet – und an ein Start-Stopp-System gekoppelt. Wer mit dem Panamera S an der roten Ampel steht, ist still und leise und verbrennt keinen Sprit. Das kann der Bayer nicht.

Preise/Kosten

Für den 550i ruft BMW 77.900 Euro auf – Porsche will für den Panamera S mit PDK satte 20.186 Euro mehr, also insgesamt 98.086 Euro. Die Grundausstattung beider Kontrahenten liegt dabei auf sehr hohem Niveau: Mehrzonen-Klimaanlage, Sitzheizung vorn und Lederausstattung sind beispielsweise bei beiden Serie. Beim BMW kommt noch das Automatikgetriebe hinzu, beim Panamera S Xenonlicht. Am Ende ist der Porsche auch ausstattungsbereinigt deutlich teurer. Während eines Jahres kostet der BMW 17.806 Euro, beim Porsche sind es 17.410 Euro (Quelle: www.adac-autokosten.de, Haltedauer fünf Jahre, Jahreslaufleistung 15.000 Kilometer). Hier hat also der Porsche die Nasenspitze vorn.