Kältemittel: Bundesregierung hat EU Bericht erstattet

Der Kältemittel-Konflikt ist einen Schritt weiter gekommen: Die deutsche Bundesregierung hat der Europäischen Kommission nun Bericht erstattet. Auslöser des Streits ist die Daimler AG, die aus Sicherheitsbedenken ein verbotenes Kältemittel weiterverwendet

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Von
  • Florian Pillau

Der Kältemittel-Konflikt ist auf dem Instanzenweg einen Schritt weiter gegangen, die deutsche Bundesregierung hat der Europäischen Kommission nun Bericht erstattet. Den Stein ins Rollen brachte vor rund anderthalb Jahren die Daimler AG, die für ihre Neuwagen seither aus Sicherheitsgründen das Kältemittel 1234yf nicht verwenden möchte.

EU-Industriekommissar Antonio Tajani und Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG.

(Bild: EU)

Sie hat deshalb mit Duldung der deutschen Bundesregierung die existierenden Typgenehmigungen von A-, B-, SL- und S-Klasse auf ihre jeweils neu entwickelten Nachfolger ausgedehnt und verkauft sie weiterhin mit dem alten, von der EU als klimaschädlich eingestuften Stoffs. Doch schon Ende Januar hat die Europäische Kommission mitgeteilt, dass ihre Experten das Kältemittel R1234yf auch nach erneuter Prüfung nicht für gefährlich halten. Zudem gibt es "nach Auffassung der Kommission Anhaltspunkte dafür, dass diese Genehmigungserweiterungen einzig und allein beantragt wurden, um die Anwendung der Richtlinie über mobile Klimaanlagen zu umgehen, was dazu führt, dass die Richtlinie nicht die beabsichtigte Wirkung hat".

Da sie das alte Kältemittel R134a gemäß "MAC" Richtlinie 2006/40/EG über mobile Klimaanlagen in Neuwagen nicht mehr erlaubt und die Weiterverwendung als Missachtung einer Verpflichtung aus dem EU-Vertrag ansieht, hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.

Im einzelnen heißt es in der Begründung der EU: "Fahrzeuge, die nicht im Einklang mit EU-Recht sind, wurden von einem deutschen Hersteller auf dem EU-Markt gebracht. Allerdings entschieden sich die deutschen Zulassungsbehörden nicht einzugreifen und ausreichende Abhilfemaßnahmen gegenüber den betreffenden Hersteller zu verhängen.

Zudem gaben die mitgliedstaatlichen Behörden im Mai 2013 dem Ersuchen eines Herstellers statt, die Typengenehmigungen für einige Fahrzeuge, bei denen das neue Kältemittel verwendet wurde und die bereits hergestellt und in Verkehr gebracht wurden, nicht weiter zu verwenden. Die Behörden gewährten eine Erweiterung der alten Typengenehmigungen für diese Fahrzeuge.

Die Kommission ist der Auffassung, dass es Hinweise darauf gibt, dass die vorstehend genannten Typengenehmigungen mit dem alleinigen Zweck einer Umgehung der Anwendung der MAC-Richtlinie beantragt wurden, die so ihre beabsichtigten Wirkungen nicht entfalten kann".

Als ersten Schritt erwartet die Kommission nun eine Stellungnahme. Diese hat die Bundesregierung jetzt nach Brüssel geschickt. Sie bleibt darin bei ihrer Darstellung, dass das angekündigte Verfahren unbegründet sei.

Je nach ihren Schlussfolgerungen aus der vorgelegten Argumentation kann die Europäische Kommission das Verfahren einstellen oder weiterverfolgen. Will sie letzteres tun, versendet die EU eine "mit Gründen versehenen Stellungnahme". Darin muss sie begründen, wie und warum sie zu dem Schluss gekommen ist, dass der betreffende Staat seine Verpflichtung aus dem EU-Vertrag nicht erfüllt hat. Diese Stellungnahme muss wiederum durch die Bundesregierung innerhalb von zwei Monaten beantwortet werden, eine Möglichkeit zur Fristverlängerung wird eingeräumt. In einem weiteren Schritt entscheidet die Europäische Kommission, ob sie das Verfahren einstellt oder eine Vertragsverletzungsklage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreicht.

Sollte er gegen Deutschland und Daimler entscheiden, käme auf die Bundesrepublik eine Strafzahlung zu und Daimler müsste möglicherweise 130.000 Fahrzeuge zurückrufen, in die das alte Kältemittel eingefüllt wurde. Unterdessen entwickelt die Daimler AG Klimaanlagen, die mit dem völlig ungiftigen und unbrennbaren Gas Kohlendioxid als Kältemittel funktionieren. (fpi)