Klartext: Das Elektroauto wird uns nicht retten

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Die Urbanisierung verschärft nämlich ein Hauptproblem des eigenen Autos: Es steht die meiste Zeit herum. Wo viele Menschen leben, summiert sich das auf gigantische Flächen, die ihre Autos belegen. Am schlimmsten wirkt sich das in den USA aus, wo die Liebe zum Auto noch am stärksten nachwirkt. Es gibt laut BBC in den USA 800 Millionen Parkplätze für 114 Millionen Haushalte, in denen insgesamt 326 Millionen Menschen leben. Kleinere Städte bauen oft 10 bis 30 Mal so viele Parkplätze, wie es Haushalte gibt. Der schlimmste Alptraum des Mittelamerikaners: Einkaufen fahren und keinen Parkplatz vor der Tür finden. Deshalb asphaltieren Grundbesitzer ihre Stadtflächen zu. Die Temperaturen der Städte im Sommer steigen durch diese Solarheizungen, und die Wohnkosten ebenfalls, denn es lohnt sich häufig mehr, einen Parkplatz zu bewirtschaften, als Wohnraum zu vermarkten. An all diesen Problemen ändert das Elektroauto: gar nichts. Im Gegenteil möchte ich ja dann bei Wal-Mart nicht nur parken, sondern auch gleich den Akku laden und die Klimaanlage laufen lassen.

Fußparken

Aus allen diesen Gründen gab es in den letzten Jahrzehnten viel Umdenken im Städtebau. Statt die wachsenden Autozahlen mit neuen Straßen zu bedienen, werden Städte stattdessen für die dort lebenden Fußgänger attraktiver gemacht. Denn das beste städtische Transportmittel ist nicht das Auto, nicht die Tram, nicht das Fahrrad, sondern die Beine, weil sie normalerweise nicht geparkt werden müssen. Wenn Sie jetzt lachen, kennen Sie Hollands Probleme nicht, die riesige unterirdische Fahrrad-Parkhäuser bauen, weil das Fahrrad dort so beliebt ist. Auf kürzesten Strecken sind die Beine schneller als das Fahrrad, das zudem einen Parkplatz braucht, und eine ideale Stadt berücksichtigt das mit möglichst lokalen Strukturen.

Darüber kommt das Fahrrad, dann die öffentlichen Massentransportmittel, dann das Auto für die Langstrecke ins Strukturschwache, alles durchdacht aneinander gesteckt. Wenn sich die Verhältnisse dereinst umgekehrt haben zu 30 Prozent Landbevölkerung, kann der Autoverkehr auf handhabbare Größen schrumpfen, auf denen er auch sinnvoll ist. Hoffentlich gelangen wir bis dann zu einer unemotionalen Einschätzung der jeweils passenden Antriebstechniken samt deren jeweiligen Ablösungskosten. Gerade haben wir Leute belohnt dafür, voll funktionsfähige Autos zu vernichten, damit sie neue kaufen. Wegschmeißen. Neu bauen. Das war die am wenigsten nachhaltige Idee seit der Proletenprämie zur Finanzkrise. (cgl)