Wie einem sogar ein Renault Koleos ans Herz wächst

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Oben auf dem Mount Donna Buang saß ich dann mit baumelnden Beinen auf meiner Land-Rover-Klappe, zufrieden und mit ersten unaustralischen Anflügen von Urlaubsentspannung. Ein Radfahrer sagte mir, mit "dieser Art von Auto" solle ich mich Richtung Marysville halten, da gebe es tolle Pisten. Zunächst verstand ich nicht, was er mit "dieser Art von Auto" meinte, doch er spielte wohl auf den "Allrad"-Aufkleber am Heck des Koleos an. Denn der Australier frönt einem Hobby, das er hier ausleben kann wie kaum an einem anderen Ort der Welt: Offroading.

Extreme Straßenreifing

Und so fuhr ich eine mustergültig gepflegte, frisch neu präparierte, planebene Strecke durch den Regenwald. Wo frische Erde für den Plattroller aufgebracht wurde, standen Schilder mit einem Limit von 80 km/h, wegen der "road works". Haha, dachte ich, wer fährt denn hier schon hundert? Die Antwort: Jeder, der einen fetten Geländewagen hat. Das ist in Australien ein Hobby, unabhängig davon, dass der fette Wagen in seiner Breite viel gefährlicher wird als ein schmaleres Straßenauto, das auf dieser glatten Strecke problemlos genauso schnell fahren kann. Es geht wohl um die Challenge. Das merkte ich, als der zweite Schnorchel-Hilux auf riesigen Geländerädern in der Mitte der Straße aus der uneinsehbaren Kurve schoss. Wahrscheinlich gilt hier: der mit der geringeren Masse gibt nach, indem er schnell in den Graben fährt. Es machte irgendwie Spaß, auf den glatten Straßenrädern über die glibbrigeren Passagen zu schlittern, in der Hoffnung, dass sich jetzt mal die Hinterräder zuschalten mit etwas Antrieb.

Ich sagte der Sheila im Navi: Finde mir den kürzesten Weg nach Marysville. Und Sheila führte mich quer durch den Wald. "Hier abbiegen!", sagte sie, und ich sah zunächst nicht, wo sie meinte: zwischen zwei Bäumen durch, die in mir Zweifel über die Spiegel-Spiegel-Breite des Renault wachsen ließen. Die Lädierung der Bäume zeigte, dass sich andere Navi-Nachfahrer hier mit breiteren Dingern durchgequetscht hatten. Was dann kam, war der Gedanke, wie dumm ich doch eigentlich war, auf Sheila zu hören. Ich rutschte ein steiles Stück hinunter, das ich mit den Straßenrädern sicher nicht mehr hochkonnte, in ein Schlammloch, aus dem ich mir sicher war, auch nicht ohne Winch entkommen zu können. Weitere gefühlte Sicherheiten: Ich war mir sicher, die Plastikverkleidungen vorne und hinten an den steilen Rampenwinkeln jetzt zu verlieren. Aber das war dann ein Problem später für den Hertz-Schalter. Da musste ich ja erst einmal hinkommen.

Und hier tat der Koleos etwas sehr unerwartetes: Er riss sich sein Plastik eben nicht ab, von einer kleinen Öse abgesehen, die ich wieder einstecken konnte. Die kurze, nach oben gerümpfte Nase funktioniert tatsächlich ganz gut, und obwohl der Allradantrieb vor allem zusammen mit der Automatik nicht viel taugt, ist er zumindest vorhanden und bis 30 km/h kann man den Hinterradantrieb auch auf "ständig an" schalten. Mit Wippen und 45° quer gegen die Rampe fuhr der Renault tatsächlich aus dem Sumpf heraus, über die Rampe, das letzte steile Wegstück runter und durch eine weitere kleine Schlammpfütze auf die Straße. Ich fühlte mich wie der König der Fahrkünste.

Und so kam es, dass ich den liebevoll handgewaschenen Renault mit einer reichen gemeinsamen Geschichte wieder am Flughafen Melbourne abstellte. Wir waren am Herzen ein bisschen zusammengewachsen. Wenn mir das vorher jemand über einen kackigen Softroader mit peinlichem Namen gesagt hätte, ich hätte ihn zur Satisfaktion gefordert. Aber es stimmt: Ich hätte dem Renault mein Leben auch für den Outback anvertraut, wäre mehr Zeit gewesen. Ich möchte allerdings auch nicht verschweigen, dass ich ständig lüstern auf die ganzen Subaru Outbacks um mich herum schielte ... (cgl)