Lärmpflicht für elektrifizierte Antriebe

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„Die Messungen zeigen, dass es wenig Sinn macht, Elektroautos mit künstlichen Geräuschen auszustatten und neue Benziner nicht“, fasst Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer vom CAR zusammen. „Wenn schon, müssten beide Fahrzeugkategorien mit per Software erzeugtem Lärm verändert werden. Die bisherigen Beobachtungen im Straßenverkehr haben aber kein gestiegenes Unfallverhalten bei modernen Benzinern gezeigt.“ Wenn man konsequent wäre, so heißt es im Fazit der Studie, müssten sämtliche Pkw mit AVAS ausgerüstet sein: „An dieses Szenario wagt sich aber hoffentlich kein Politiker. Wir sollen die Ruhe genießen und keine Angst vor zusätzlicher vermeintlicher Unfallgefahr haben.“ So weit die Einschätzung aus dem Jahr 2011. Vergangenheit. Passé.

Umkehr der Verantwortung

Schräg am Zwang zum künstlichen Fahrgeräusch ist, neben der Ungleichbehandlung verschiedener Antriebe, dass eine Umkehr der Verantwortung erkennbar ist: Zugespitzt könnte man sagen, dass der Fußgänger doch bitte vor einem herannahenden Auto wegspringen soll, statt den Fahrer dazu zu nötigen, aufmerksam zu sein, zu bremsen und zu lenken. Zudem sind die ab 2024 in der EU vorgeschriebenen automatischen Notbremssysteme mit Fußgängererkennung bereits heute bei Neuwagen fast schon Standard und ihre Funktion immer besser.

Eine exakte Lautstärke für die künstlichen Fahrgeräusche ist übrigens nicht vorgegeben. Es gibt einen Mindestschalldruck, der sich nach dem Frequenzband und der Höhe der Geschwindigkeit ergibt. So sollen es im Durchschnitt bei 10 km/h 56 Dezibel und bei 20 km/h noch 50 Dezibel sein.

AVAS im elektrisch beschleunigenden Toyota

Auf unsere Anfrage bestätigt Toyota, weltweit der erfahrenste Hersteller von Hybridautos, dass man dem Gesetz selbstverständlich Folge leisten werde. Ab Oktober wird der Toyota RAV4 (Test) als erstes Modell davon betroffen sein. Spätestens zum Stichtag der Erstzulassung 1. Juli 2021 werden alle Toyota- und Lexus-Hybridmodelle ein AVAS haben. Es wird eine Lautstärke von 56 Dezibel erreichen und bis 25 km/h in Betrieb sein. Mildhybride anderer Automarken dagegen, die im Regelfall nicht ohne Verbrennungsmotor beschleunigen, dürfen auf den Soundgenerator verzichten.

Wir werden uns also darauf einstellen müssen, nach dem von Leslie Mandoki („ich will Teil dieses Wandels sein“) noch etliche weitere Einlassungen von Sounddesignern zu lesen, die sich beim jeweiligen Geräusch etwas ganz Besonderes gedacht haben, um das Image einer Marke zu transportieren. Ex-„Dschinghis Khan“-Sänger Mandoki komponierte den Klang des kommenden VW ID.3.

Und, als wäre das nicht schon genug, nun noch der letzte Teil der Vorgabe: AVAS müssen auch bei Rückwärtsfahrt funktionieren. Als wäre jeder elektrische Kleinwagen ein Lkw. (fpi)