Mecha-Tronik: die Technik der BMW S 1000 RR

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ABS der 9. Generation

Das ABS ist die beliebte Bosch-Motorradvariante in der neunten Generation mit Integralbremsfunktion. Das Motorrad als Einspurfahrzeug kommt der gesetzlichen Pflicht zu einer Zweikreisbremsanlage meistens durch zwei unabhängige Bremskreise nach: Die Handbremse bremst das Vorderrad, die Fußbremse das Hinterrad. Die K46 hat genau so ein Setup, nur dass die hintere Bremse über einen Servo mitaktiviert wird, wenn der Fahrer vorne bremst. Die hintere Bremse bleibt allein bedienbar, wie das die Kundschaft im Sportsegment wünscht. Fußbremsen, die vorne ungehemmt mitbremsen, sind beim Rangieren unbeliebt, weil ein eingeschlagenes und gebremstes Vorderrad das Fahrzeug umkippt.

Das ABS an sich ist ein gängiges Ventilsystem, das inklusive Hinterradbremsservo nur 2,5 kg wiegt. Bei allen Supersportlern begrenzt im Trockenen ihre Geometrie die maximale Bremswirkung. Das heißt, dass vor einer Radblockade der Überschlag nach vorne steht (Ausnahme ist die Schreckbremsung). Dennoch bremst das Integralsystem auch hinten mit. Das zieht das Fahrzeug nämlich hinten etwas in die Federn und verzögert damit den Zeitpunkt, an dem das Hinterrad Bodenkontakt verliert. Die Bremsungen mit der K46 sind dann auch in der Tat im Supersportsegment konkurrenzlos kurz, das ABS-stotternde Hinterrad führt allerdings zu einem leichten Schlingern in der Bremszone. Honda verbaut in seinem Superbike ein Kolbensystem, mit dem das Motorrad hier deutlich ruhiger liegt, zugegebenermaßen allerdings auch längere Bremswege hat.

Traktionskontrolle

Sehr viel Hirnschmalz wanderte in die Traktionskontrolle DTC. Simple Traktionskontrollen, die nur die Drehzahl von Vorder- und Hinterrad vergleichen oder gar noch einfacher nur charakteristische Drehzahlsprünge des Motors herunterregeln, scheitern gern an der komplexen Physik der Motorrad-Kurvenfahrt. Was in Geradeausfahrt der perfekte Eingriff ist, kann in Schräglage zum Sturz führen. BMW verwendet hier ein zweiachsiges Drehratenmessystem. Die mikromechanischen Schwingungsgyrometer hierzu sind dieselben, die der Hersteller Bosch auch für das ESP bei Autos verwendet, wo es die Gierrate des Fahrzeugs misst. Diese Gyrometer sind vergleichsweise günstig, robust, zuverlässig und in Masse vorhanden wegen ihres Autoeinsatzbereichs. Sie sind jedoch zu ungenau, die Gyrometer "driften", wie der Winkelmessexperte sagt. Bei ESP ist das egal, weil die Geradeausfahrt beim Auto durch den Lenkwinkel sowie die in jedem ESP mitgemessene Querbeschleunigung klar definiert ist.