Meinung: BMW zwischen Zukunft und Tradition

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Dazu dehnt der Konzern seit Jahren sein Programm. Manch ein Versuch verschwindet schweigend einfach wieder, wie das Z4-Coupé, an das sich vermutlich kaum noch jemand erinnert. Auch 5er GT und 3er GT bekommen keinen ähnlich konzipierten Nachfolger. Der BMW X1 wurde viele Jahre als sportliches SUV vermarktet. Welche Rolle spielt dann genau der neue X2? Letztlich ist er nüchtern gesehen ein etwas flotter verpackter X1. BMW hat nur das Glück, vielfach nicht nüchtern gesehen zu werden.

Lange Zeit war nicht sicher, ob der Z4 einen Nachfolger bekommt. Die bis 2016 gebaute Generation lag unter den Erwartungen der Verkäufer. Doch statt mit einem federleichten Roadster ohne viel Schnickschnack dem Mazda MX-5 Feuer von oben zu machen, gibt es wieder ein Modell, was möglichst alle Bedürfnisse abdeckt. Der Z4 wird ganz bestimmt gut fahren. Doch schon Voltaire warnte: „Das Geheimnis der Langeweile ist, alles sagen zu wollen.“ Nirgendwo lässt sich das auf den automobilen Bereich so exakt übertragen wie bei Roadstern. Auf den Mut zum Weglassen kommt es an.

Fehlende Nachhaltigkeit

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Alte Markenwerten mögen das Image nachhaltig prägen, es dauert zudem Jahrzehnte, sich ein so solides Image aufzubauen wie BMW es hat. Mit den Verkäufen von vorgestern lassen sich die Rechnungen von morgen und übermorgen nicht begleichen. Aber ist das eine gute Argumentation, um an alles eine Axt zu legen? Mir fehlt das Gefühl der inneren Ruhe, der Nachhaltigkeit, zu der eine zeitlose Gestaltung gehört. Vieles scheint auf den Moment ausgerichtet, nicht darauf, wie wir morgen auf diese Dinge schauen.

Wirtschaftlich gesehen mag der eingeschlagene Kurs zumindest kurzfristig seine Berechtigung haben. Solange es genug Käufer wie die eingangs beschriebene Dame gibt, werden die lauten Stimmen bei BMW nicht verstummen, die verkünden, auf dem richtigen Weg zu sein. Doch wehe, wenn der Wind sich einmal dreht und die Marke von der Aura des Erfolgreichen nicht mehr im gleichen Maße umgeben wird. Das könnte auch an dem Stolz nagen, der Menschen dazu bringt, sehr viel mehr Geld auszugeben als für vergleichbares Produkt von der weniger glanzvollen Konkurrenz. Für BMW würden damit harte Zeiten anbrechen. Zeiten, in denen sich manch einer vielleicht insgeheim noch wünschen wird, die Kernwerte nicht so leichtfertig versemmelt zu haben, wie es aktuell an einigen Stellen passiert. (mfz)