Wohin des Wegs?

Meinung: BMW zwischen Zukunft und Tradition

Der BMW-Konzern steht gut da, doch wie geht es weiter? Es gibt in den Bereichen Technik und Design Entwicklungen, die Fans alter BMW-Werte Sorgen machen müssen. Es besteht die Gefahr, für kurzfristige Erfolge vieles zu opfern

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BMW X2 15 Bilder

(Bild: BMW)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Martin Franz
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Neulich auf einem Parkplatz in Haar: Eine junge Mutter trifft auf eine andere und berichtet stolz: „Ich fahre nun auch BMW.“ Sie fuhr einen 216d Gran Tourer mit M-Paket. Nun könnte man ihr zurufen: „Nein, Sie fahren keinen BMW, sondern ein belangloses Marketing-Produkt, an das ein gewiss nicht dämlicher Marketing-Mensch einfach ein paar BMW-Embleme rangeklatscht hat. Er hält sich vor Lachen den Bauch, weil Sie für ein Auto, was einem VW Touran recht ähnlich ist, 10.000 Euro mehr ausgegeben haben.“ Es würde nichts ändern, denn die traditionellen Markenwerte spielen für sie keine Rolle. Es ist der Image-Glanz, der lockt und manches verdeckt.

BMW befindet sich mitten in einem Wandel, bei dem nicht recht ersichtlich ist, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Das betrifft nicht nur die kommende, technische Ausrichtung, sondern auch das Design. Der neue Z4 wird mit seiner offensiven Gestaltung sicher Anhänger finden. Doch eine Strategie, welche die Marke langfristig sturmfest macht, ist aktuell nicht zu erkennen.

Alles in Ordnung!

Vordergründig ist die Welt in Ordnung. BMW fährt trotz eines kleinen Einbruchs im zweiten Quartal 2018 eine Umsatzrendite ein, von der viele andere Hersteller nur träumen können. Das ist keine abstrakte Zahl, sondern füllt ganz real die Kassen. Es verschafft dem Konzern finanziell die Luft, in Nischen wie die des Z4 und i8 zu investieren oder auch Projekte wie den i3 voranzutreiben. Wer aufs Geld schauen muss, kann sich solche Sonderlocken nicht erlauben. Zumal der Umsatzrückgang von rund 700 Millionen Euro im zweiten Quartal 2018 bei BMW keinem ernsthaft Sorgen bereitet: Zwei Volumenmodelle sind kurz vor der Ablösung. Die Chancen stehen gut, dass BMW 2019 ein starkes Jahr erlebt.

Hinzu kommt bei vielen Modellen eine hohe Qualität bei allen Kriterien, die das Fahren betreffen. Ein fein austariertes Fahrwerk, die von Antriebseinflüssen befreite Lenkung, antrittsstarke, drehfreudige Motoren – der alte Claim der „Freude am Fahren“ lässt sich am Steuer eines 1ers, 3ers und 5ers noch immer problemlos nachvollziehen. Verlassen Sie einmal flott einen Kreisverkehr: Wer einen Funken Gespür hat, weiß die sorgsame BMW-Abstimmung schnell zu schätzen. Das können die Bayern nach wie vor wie kaum ein anderer Hersteller.

Untere Klasse

Wer etwas tiefer einsteigt und die nähere Zukunft betrachtet, wird allerdings nachdenklich. Es mag in finanzieller Hinsicht eine großartige Idee sein, die Mini-Plattform UKL auf kleine BMW-Modelle auszudehnen. Die UKL steht – ganz ernsthaft – intern für „untere Klasse“. Was im Mini hervorragend funktioniert, verpufft in größeren Autos wie dem X1 oder den Vans. Die beiden 2er-Vans sind keine schlechten Autos, doch es gibt hinsichtlich der Fahreigenschaften nichts, was sie aus der kleiner werdenden Masse der praktischen Familienautos nennenswert heraushebt.

Dem nächsten 1er nimmt man mit der Umstellung auf Frontantrieb ein Alleinstellungsmerkmal. Begründet wird das damit, dass die meisten Fahrer ohnehin nicht wüssten, welche Achse angetrieben wird. Wenn sich die Verantwortlichen da mal nicht vertun. Die wenigen 1er-Fahrer, die ich kenne, haben sich den Hinterradantrieb sehr bewusst ausgesucht. Auch der X1 hat mit der Umkehr verloren: Es mag zwar Menschen geben, die nicht wissen, welche Achse angetrieben ist, doch spüren tun sie es, wenn vielleicht auch nur unbewusst. Und nein, ein Allradantrieb egalisiert das Ganze nicht. Es macht in der Lenkung einen Unterschied, ob standardmäßig die vorderen oder die hinteren Räder Antriebseinflüsse abbekommen.