Zehn Citaro FuelCell Hybrid werden in Hamburg unterwegs sein

Mercedes: Neuer Brennstoffzellen-Bus

In Hambrug präsentierte Mercedes jetzt seine dritte Generation von Stadtbussen mit Brennstoffzellen-Antrieb. Ab 2010 sollen zehn Citaro FuelCell Hybrid in der Hansestadt unterwegs sein

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Hamburg, 17. November 2009 – Ein Dutzend Verkehrsbetriebe auf drei Kontinenten setzt schon heute Omnibusse mit Brennstoffzellenantrieb ein, auch die Hamburger Hochbahn zählt dazu. In der Hansestadt präsentierte Mercedes jetzt seine neue, insgesamt dritte Generation solcher Busse, von der ab dem kommenden Jahr zehn Stück zwischen Alster und Elbe ihren Dienst tun werden, europaweit sollen es rund 30 "Citaro FuelCell Hybrid"-Busse werden.

Wasserdampf statt CO2, Stickoxid und Ruß

Das Fahrzeug basiert auf der aktuellen, zweiachsigen und etwa zwölf Meter langen Version des Stadtbusses von Daimler, dem Citaro-Solobus. Der wird normalerweise von einem Sechs- oder Zwölfliter-Diesel über eine Vier-, Fünf- oder Sechsgang-Automatik und die Hinterachse angetrieben. Er verbraucht dann runde 50 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Ohne fossile Treibstoffe zu tanken, kommt hingegen der Brennstoffzellen-Bus voran. Außerdem stößt er während der Fahrt statt Kohlendioxid, Stickoxid und Ruß als Abgas nur Wasserdampf aus. Das Prinzip: Die Brennstoffzelle erzeugt aus Wasserstoff und Luftsauerstoff elektrische Energie, die dann von Elektromotoren in Vortrieb umgesetzt wird.

Zwei Wandler und zwei Speicher

Der Brennstoffzellen-Citaro wird von Mercedes korrekterweise als Hybridfahrzeug bezeichnet, auch wenn sich viele unter dem Begriff ausschließlich eine Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor vorstellen. Nach UN-Definition steht Hybridfahrzeug jedoch für jedes mit mindestens zwei Energiewandlern und zwei Energiespeichern ausgerüstete Gefährt. Als Energiewandler fungieren beim Brennstoffzellenfahrzeug die Brennstoffzellen sowie die Elektromotoren, wenn sie beim Verzögern Strom erzeugen (Rekuperation). Als Energiespeicher sind ein Lithium-Ionen-Akku sowie Wasserstofftanks an Bord.

Mercedes: Neuer Brennstoffzellen-Bus

Stack von AFCC

Der Brennstoffzellen-Bus von Daimler greift auf Module zurück, die auch für den F-Cell Hybrid verwendet werden, also die B-Klasse mit Brennstoffzelle. So hat der Citaro zwei Exemplare jener Brennstoffzellenmodule auf dem Dach, wie sie einzeln auch in der B-Klasse eingesetzt werden. Jedes davon leistet 60 kW. Die Stacks stammen von der Automotive Fuel Cell Cooperation (AFCC), einem Brennstoffzellen-Spezialisten, der Daimler und Ford gemeinsam gehört.

350 bar Speicherdruck

Für den Antrieb sorgen zwei Radnaben-Elektromotoren an der Hinterachse, die jeweils 80 kW (109 PS) leisten. Der Wasserstoffvorrat liegt in sieben 350-bar-Tanks auf dem Dach. Die bei Brennstoffzellen-Pkw zunehmend eingesetzten 700-bar-Tanks werden hier nicht verwendet, weil die Infrastruktur für Tanks mit dem geringeren Druck besser ausgebaut ist. Der Bus kann eine Gesamtmenge von 35 kg Wasserstoff tanken, die bei einem Verbrauch von etwa 14 kg auf 100 Kilometer eine Reichweite von rund 250 Kilometern ermöglicht. Als Zwischenspeicher für den in den Brennstoffzellen erzeugten Strom dient ein Lithium-Ionen-Akku vom US-Hersteller A123, der 26 kWh an elektrischer Energie fasst. Das reicht laut Daimler für eine rein elektrische Fahrstrecke von zwei bis fünf Kilometern.

Drei Generationen seit 1997

Der Citaro Fuel Cell Hybrid ist bereits die dritte Generation von Brennstoffzellen-Bussen von Mercedes. Die erste entstand schon 1997, doch beim Nebus handelte es sich nur um ein einzelnes Forschungsfahrzeug. Von 2001 bis heute waren dann schon 36 Stück von der zweiten Brennstoffzellen-Bus-Generation im Einsatz. Von der neuen Generation sollen nun 31 Stück entstehen, und nun bewegt man sich laut Daimler im Bereich der Vorserienentwicklung. Ein Serienfahrzeug könnte dann etwa 2015 auf den Markt kommen.

Mercedes: Neuer Brennstoffzellen-Bus

Kaum Liegenbleiber

Von den 36 Stück des alten Brennstoffzellen-Citaro wurden bis zu acht in Hamburg eingesetzt. Anfangs hielt man für eventuelle Ausfälle bei den Fuel-Cell-Modellen konventionelle Ersatzbusse vor. Doch bald ging man davon ab: Die Verfügbarkeit von 96 Prozent war praktisch genauso hoch wie bei den Diesel-Bussen. Der Wasserstoff kam in Hamburg gratis vom Energieversorger Vattenfall. Er wurde umweltfreundlich aus der Wasserelektrolyse gewonnen, wobei auch noch Strom aus Wind- und Solarenergie eingesetzt wurde.

Wasserstoffgewinnung: CO2-Bilanz?

Der meiste Wasserstoff wird heute allerdings aus Erdgas hergestellt. Beim so genannten Reforming entsteht – genauso wie bei einer Verbrennung – pro Molekül Methan ein Molekül Kohlendioxid. So ist die CO2-Bilanz ähnlich wie beim Einsatz von Erdgas als Kraftstoff. Darauf angesprochen, gibt Mohrdieck uns recht, ergänzt aber: "Eine weitere Quelle ist die Chloralkali-Elektrolyse, einem industriellen Prozess, bei dem Wasserstoff als Nebenprodukt entsteht - der wird ansonsten abgefackelt." Da hat Mohrdieck recht, nur spielt diese Herstellungsart quantitativ kaum eine Rolle.

Hoher Wirkungsgrad der Brennstoffzelle

Mohrdieck weiter: "Auch bei der Herstellung des Wasserstoffs aus Erdgas ist die CO2-Bilanz noch besser als bei fossilen Energieträgern. Das liegt an der Effizienz der Brennstoffzelle." Tatsächlich soll der Stack im neuen Fuel-Cell-Bus soll einen Wirkungsgrad von 58 Prozent erreichen – deutlich mehr als ein Dieselmotor mit maximal 45 Prozent schafft. Mohrdieck gab uns gegenüber den Diesel-Wirkungsgrad in der Praxis sogar mit unter 25 Prozent an. Letztendlich stimmt uns Mohrdieck aber zu: Am sinnvollsten ist die Herstellung von Wasserstoff mithilfe regenerativ erzeugter Energie.

Mercedes: Neuer Brennstoffzellen-Bus

Unangenehmes Pfeifen

Als Fahrgast fallen einem am Fuel-Cell-Citaro zunächst nur wenige Unterschiede zum gewohnten Dieselmodell auf. Außen erkennt man das Fahrzeug an der kleinen Dampfwolke über dem Heck: Hier kommt der Wasserdampf heraus. Innen ist der Brennstoffzellen-Bus überraschenderweise deutlich lauter als ein Dieselbus. Mercedes arbeitet derzeit noch daran, das unangenehme Pfeifen zu verringern. Wie Mohrdieck uns auf Nachfrage erklärt, stammen die Geräusche von den vier Lüfterventilatoren, die den Stack auf etwa 80 Grad Celsius halten. Außerdem hört man die Kompressoren, die die Stack-Zuluft auf etwa 2 bar verdichten. "Darüber hinaus gibt es so etwas wie die Abgasrückführung beim normalen Auto", erläutert Mohrdieck weiter. Der von der Anode kommende Wasserstoff wird erneut dorthin zurückgeleitet, und auch das Gebläse dafür erzeugt Geräusche. Schließlich ist wie in einem Dieselbus die Klimaanlage zu hören.

Fazit: Technik für übermorgen

Trotz der etwas störenden Geräusche erscheint der Unterschied zu einem Dieselbus für den Fahrgast unerheblich. Zu den Vorteilen des Brennstoffzellen-Busses gehört, dass während der Fahrt weder Ruß noch Stickoxid emittiert wird. Wie klimafreundlich Brennstoffzellen-Fahrzeuge tatsächlich einmal sein werden, hängt im wesentlichen von der CO2-Bilanz der Wasserstofferzeugung ab. Auch steckt der Aufbau eines H2-Tankstellennetzes noch in den Kinderschuhen. Bevor Busse wie der Citaro FuelCell Hybrid weite Verbreitung finden, könnten sich Stadtbusse mit Dieselhybrid, wie sie Mercedes derzeit in einer Gelenkzugvariante des Citaro erprobt, zumindest als Zwischenlösung etablieren.