Elegant gewachsen

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Barcelona (Spanien), 6. November 2014 – Der Kleinwagen von Mazda wächst in dritter Generation um 14 Zentimeter – auf Polo-Format. Seine Designsprache im Stil von Mazda CX-5, 6 und 3 ist allerdings weitaus schicker und erreicht mindestens das Niveau seines französischen Wettbewerbers Peugeot 208. (Irgendwo dazwischen: Hyundai i20, Skoda Fabia, Kia Rio und Opel Corsa). Eine Geschmacksfrage. Was für den Newcomer im Vergleich wichtiger ist, steckt unter dem modern gestalteten Blech, wie etwa der hochverdichtete Skyactiv-Motor, der ohne Turboaufladung auskommt. Oder das trotz Wachstums mit nur 1045 Kilogramm vorteilhaft niedrige Leergewicht, rund 150 Kilogramm leichter als die meisten Wettbewerber. Wir haben eine Probefahrt gemacht.

Möglicherweise der schönste Kleinwagen

Im Gegensatz zu Mazdas bisher fast einheitlicher Interieurdüsternis besitzt unser Testfahrzeug eine Leiste aus weißem Leder am Armaturenbrett. Eine gewisse Individualisierung ist möglich. So soll es in Deutschland zum Marktstart Ende Februar 2015 eine Red Edition geben, die unter anderem mit roten Luftausströmern glänzt. Die Verarbeitung ließ sich am offenbar eiligst zusammengeschraubten Vorserien-Auto noch nicht beurteilen: Im Testwagen wackelte die Bedieneinheit in der Mittelkonsole, der rechte Scheibenwischer fiel nach einer Stunde Fahrt aus, und auch das Stopp-Start-System wollte bald nicht mehr. Wir kennen Mazda als traditionell gestrengen Qualitätswächter und dürfen daher guten Gewissens davon ausgehen, dass es solche Ausfallerscheinungen nicht bis in die Serie schaffen werden.

Die Sitze geben vernünftigen Halt, vorn ist genügend Platz auch für Größere. Im Fond geht es beengter zu, vor allem bei der Kniefreiheit. Angesichts des zehn Zentimeter größeren Radstands gegenüber dem Polo verblüfft das. Die Ladeluke ist schmal geschnitten, die Ladekante liegt hoch, und der Kofferraum wirkt wie ein tiefes, enges Loch. Beim Ausladen stört eine 25 Zentimeter hohe Schwelle. Beim Umklappen der Rücksitze – in der Grundversion geht das nur ungeteilt – entsteht auch kein ebener Laderaum. Das Kofferraumvolumen des Mazda 2 ist mit 280 bis 950 Litern kleiner als das des etwa sechs Zentimeter kürzeren Peugeot 208. Der packt sogar 285 bis 1079 Liter.

Die Bedienung ist japanertypisch rätselarm. Das Navigationsgerät bezieht auf Wunsch die Funktionen von iPhone oder Android-Smartphones mit ein. So kann man zum Beispiel die im Telefon gespeicherten Kontakt-Adressen anfahren. Ungewöhnlich ist das duale Bedienkonzept: Im Stand fungiert das Sieben-Zoll-Display als Touchscreen, während der Fahrt ist nur die Bedienung mittels Controller-Knopf möglich – das soll die Ablenkung verringern.

Konzeptuelle Rückwirkung auf den Fahrstil

Man hat die Wahl zwischen einem 1,5-Liter-Ottomotor in den Leistungsstufen 75, 90 und 115 PS sowie einem 1,6-Liter-Diesel mit 105 PS. Dem getesteten Topbenziner fehlt verglichen mit Wettbewerbsmodellen Druck von unten: Bei 2000 Touren darf man noch kein Temperament erwarten, das maximale Drehmoment steht erst bei 4000 Touren bereit und beträgt auch dann nur 148 Nm. Das ist Folge eines intelligenten Konzepts mit extrem hoher Verdichtung und größerem Hubraum, bei dem die Japaner bewusst auf einen Turbolader verzichten. Zum Vergleich: Der VW Polo 1.2 TSI mit 110 PS bietet 175 Nm ab 1500 Touren. Wer solche turbogeladenen Downsizingmotoren gewöhnt ist, muss umlernen und die Gänge höher ausdrehen. Dann bleibt auch der Vortrieb nicht aus: Tempo 100 erreicht der kleine Mazda nach 8,7 Sekunden, der Polo braucht eine halbe Sekunde länger. Das Fehlen des Laders und der größere Hubraum können deutliche Vorteile bei Realverbrauch, Lebensdauer und Kosten bringen. Ob Mazda tatsächlich gelingt, damit die Total Costs of Ownership zu senken, werden wir aber wohl erst in ein paar Monaten oder Jahren erfahren.

Die Verbrauchswerte unserer Ausfahrt stimmen aber optimistisch: Selbst bei den öfter mal angesteuerten höheren Drehzahlen bleibt es im Mazda 2 angenehm leise. Das Aggregat verbraucht auch wegen der hochtourigen Gangart nicht mehr, eher im Gegenteil: Der Bordcomputer meldete nach der Testfahrt einen Wert von 6,2 Liter je 100 Kilometer. Der Aufschlag gegenüber dem Normverbrauch von 4,9 Liter ist damit moderat. Beim Spritsparen helfen dem Mazda 2 die serienmäßige Stopp-Start-Automatik und dem Topmodell zusätzlich eine elektrische Bremsenergie-Rückgewinnung auf Kondensator-Basis ("i-Eloop"). Vor allem aber soll die Skyactiv-Technik einen Vorteil bei den realen Verbräuchen ergeben:

Während alle Welt auf Downsizing setzt und kleine Hubräume mit Turboaufladung kombiniert, setzen die Ingenieure auf Saugmotoren mit großen Hubräumen und ungewöhnlichen Verdichtungsverhältnissen: Hoch beim Otto-, niedrig beim Dieselmotor. Mazda zufolge sind diese Motoren erste Schritte auf dem Weg zu homogenen Brennverfahren. Wenn Mazda diesen Weg weitergeht, könnte er am Ende der erste Hersteller hoch effizienter HCCI-Motoren sein. Wunder sind noch nicht zu erwarten, wie ein grober Vergleich der auf der Website Spritmonitor angegebenen Verbräuche ergibt: Für den Mazda 3 mit dem 100-PS-Skyactiv-Benziner findet man hier erst drei Einträge, die alle eng um sechs Liter liegen. Für den vergleichbaren Golf mit Turbobenziner findet man über 300 sehr unterschiedliche Angaben mit einem Mittelwert von 6,4 Litern. Aber, wie oben schon gesagt, ist der Verbrauch nicht der einzige Kostenfaktor.

Selbstbewusste Verkaufsziele

Das Fahrwerk des Mazda 2 ist im besten Sinne unauffällig: Es stört weder durch übertriebene Härte noch durch Wankneigung, wohltuend stabilisierend und beruhigend wirkt sich der vergleichsweise lange Radstand aus. Die Lenkung ist zwar leicht indirekt übersetzt, aber gefühlvoll, exakt und zielgenau.

Schon die Mazda-2-Grundausstattung Prime-Line ist recht umfassend. Die fehlende Klimaanlage lässt sich nachrüsten, kostet aber 1000 Euro. In dieser Klasse selten sind Ausstattungsoptionen wie ein Notbremssystem, das Head-up-Display, LED-Scheinwerfer oder der Totwinkelassistent. Die Basisausstattung lässt sich nur beim 75-PS-Modell verwirklichen, das damit 12.790 Euro kostet. Zum Vergleich: Ein vergleichbarer Kia Rio kostet einen runden Tausender weniger, ein Polo aber fast 1500 Euro mehr. Den gefahrenen Skyactiv-G 115 gibt es ausschließlich in der üppigen Topausstattung Sports-Line und kostet dann 18.790 Euro. Die beliebteste Ausstattung soll übrigens die Exclusive-Line werden, was angesichts der vielen Kleinwagen-Kunden verwundert, die erfahrungsgemäß gerne Grundausstattung plus Klimaanlage kaufen. Egal, welche Version nun der Bestseller wird: Vom neuen 2 will Mazda in Deutschland über 11.000 Stück verkaufen, das wären locker doppelt so viele, wie 2013 vom aktuellen Modell.

Anreise, Verpflegung und Probefahrt gingen auf Kosten des Herstellers