Sorgen Nachrüst-Partikelfilter für erhöhten NO2-Ausstoß?

Neuer Streit um Hannovers Umweltzone

Wenn es nach Niedersachsens Umweltminister Sander geht, brauchen Euro-3-Diesel keine Nachrüstfilter, weil die NO2-Emissionen dadurch sogar steigen. Stimmt das?

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  • ggo
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Hannover, 26. Januar 2010 – Was sich in den vergangenen Tagen in Hannover abspielte, wirkt skurril. Seit Anfang des Jahres dürfen Euro-3-Diesel ohne Partikelfilter eigentlich nicht mehr in die Umweltzone fahren. Wäre da nicht Niedersachsen Umweltminister Sander: Per Erlass kippte er die Regelung: Eine Studie des Umweltbundesamts belege, dass bei Euro-3-Dieseln mit nachgerüsteten Partikelfiltern mit erhöhten Stickstoffdioxid-Emissionen (NO2) zu rechnen sei.

Zu hohe NO2-Emissionen?

Erst im April 2009 war eine Klage gegen die Umweltzonen gescheitert: Das Verwaltungsgericht Hannover entschied, die Umweltzone sei zulässig, weil ihr Zweck nicht nur darin bestehe, die Partikelemissionen zu reduzieren, sondern unter anderem auch NO2, das ebenfalls Bestandteil von Dieselabgasen ist. Das Problem: Seit Anfang 2010 darf die NO2-Emission nur noch 40 µg/m³ Luft betragen, ein Wert, der in allen Jahren zuvor deutlich überschritten wurde. In der Urteils­begründung steht: "Aufgrund dieser Werte geht die Kammer sicher davon aus, dass der ab 2010 strikt einzuhaltende Wert von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beklagten ohne weitere schadstoffvermindernde Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.

Filterstreit

So erscheint es nur folgerichtig, Euro-3-Diesel ohne Partikelfilter auszusperren – wäre da nicht dieser eklatante Unterschied in der Argumentation: Während Sander mit Bezug auf das Gutachten behauptet, der Filter würde sogar höhere NO2-Emissionen nach sich ziehen, legen andere Untersuchungen wie etwa ein Praxistest des ADAC genau das Gegenteil nahe. Demnach sind die NO2-Emissionen mit Nachrüstfilter rund 30 Prozent niedriger als ohne. Was stimmt denn nun?

Gute Abgase …

Während Ottomotoren in der Regel mit einem festen Luft-Kraftstoff-Verhältnis betrieben werden, das eine Abgasreinigung per Dreiwege-Katalysator erlaubt, ist dies beim Diesel nicht möglich. Er wird mit Luftüberschuss betrieben, was vergleichsweise geringe HC- und CO-Emissionen nach sich zieht. Der Abbau von Kohlenwasserstoffen und Kohlenstoffmonoxid ist mit einem Oxidationskatalysator möglich. Er wandelt HC und CO in Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser (H2O) um. Dieser "Oxikat" ist bei jüngeren Diesel-Pkw verbaut, auch solchen, die noch keinen Rußfilter haben.