Pkw-Maut: Anrainerstaaten wollen protestieren

Österreich will gemeinsam mit anderen betroffenen Ländern eine Allianz gegen die deutsche Pkw-Maut schmieden. Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) plant dazu ein Treffen aller Anrainerstaaten Deutschlands auf Expertenebene in Brüssel

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(Bild: Asfinag)

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Von
  • Martin Franz

Österreich will gemeinsam mit anderen betroffenen Ländern eine Allianz gegen die deutsche Pkw-Maut schmieden. Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) plant dazu ein Treffen aller Anrainerstaaten Deutschlands auf Expertenebene in Brüssel. Vertreter Berlins seien nicht eingeladen, sagte eine Sprecherin. Bei der Zusammenkunft solle eine gemeinsame Vorgehensweise besprochen werden. Die österreichische Kronen Zeitung nannte als Zeitrahmen für das Treffen den Januar.

In Österreich muss seit 20 Jahren Maut gezahlt werden. Eine Entlastung bei der Steuer, wie in Deutschland geplant, gibt es dort nicht.

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Außerdem schrieb Leichtfried einen Brief an EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Darin drückte er sein „Unverständnis“ darüber aus, dass sich Brüssel und Berlin in der Frage der Pkw-Maut geeinigt haben. Die vorgestellte Lösung sei aus österreichischer Sicht „ein inakzeptabler Kompromiss und weiterhin in mehreren Aspekten EU-rechtswidrig“. Fahrer aus dem Ausland würden benachteiligt, da nur Inländer für die Maut bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollen, kritisierte Leichtfried. Österreich sei überproportional betroffen.

Erst am Donnerstag (29.12.2016) hatte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt Kritik aus Österreich erneut zurückgewiesen. Er habe nicht sehr viel Verständnis für „die Ösi-Maut-Maulerei“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Wenn man wie das Nachbarland schon jahrelang selbst Gebühren erhebe, könne man nicht Mautfreiheit in Deutschland verlangen. Allerdings müssen die Österreicher in ihrem Land zusätzlich eine Art Kfz-Steuer zahlen.

Deutschland und die EU-Kommission hatten sich nach jahrelangem Streit auf einen Kompromiss bei der Pkw-Maut verständigt – nach deutschen Zugeständnissen. Danach sollen inländische Autobesitzer zwar weiter voll für Mautzahlungen entlastet werden. Besonders schadstoffarme Wagen sollen aber mehr Steuerentlastung bekommen, als sie Maut zahlen – insgesamt geht es um jährlich 100 Millionen Euro mehr als bisher vorgesehen. Außerdem sollen die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland neu gestaltet werden.

Die Kommission legte daraufhin das gegen Berlin eingeleitete Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht auf Eis. Gleichwohl hält der Protest von Anrainerstaaten an. Die Niederlande wollen gegen eine Maut-Einführung vor dem Europäischen Gerichtshof klagen, wie Verkehrsministerin Melanie Schultz van Haegen ankündigte. Österreich behält sich einen solchen Schritt ausdrücklich vor.

Der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Oliver Krischer, prophezeite, dass die Nachbarstaaten aus Rache eine Maut einführen oder ausweiten. „Die Folge ist ein Wettlauf der Mautbürokratie, ausländische Autofahrer jeweils möglichst trickreich zu belasten“, erklärte er in Berlin. Mit Blick auf die CSU fügte er hinzu, Deutschland verspiele politisches Kapital „für ein Blödsinns-Projekt“ einer Regionalpartei.

Im Streit mit Österreich über die Pkw-Maut verweist Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gern darauf, dass das Nachbarland schon lange Geld für das Nutzen der Autobahnen verlangt. Sein Wiener Kollege Jörg Leichtfried (SPÖ) kontert, dass die Bürger dort aber auch eine Kfz-Steuer zahlen müssen, während sie in Deutschland von der Steuer in der Höhe der Maut entlastet werden. Das bezahlen die Menschen in Österreich fürs Autofahren.

Maut

Vor 20 Jahren wurde die Pkw-Maut in der Alpenrepublik eingeführt. Das «Autobahnpickerl» war geboren. Jeder eingezahlte Schilling und später jeder Euro fließt seitdem in den Straßenbau. Der Unterhalt der rund 2200 Kilometer langen Autobahnen, ihrer Tunnel und Brücken sowie Neubauten werden ausschließlich dadurch finanziert. 2015 kam es dadurch zu Maut-Einnahmen von 1,86 Milliarden Euro. 2017 kostet die türkisfarbene Jahresvignette für Autos 86,40 Euro. Die billigste Variante für zehn Tage ist für 8,90 Euro zu bekommen.

Kfz-Steuer

Jeder Auto- und Motorradfahrer in Österreich muss zusätzlich - unabhängig davon wie viel er fährt - die sogenannte motorbezogene Versicherungssteuer abführen. Die Höhe der Kfz-Steuer berechnet sich nach der Leistung des Verbrennungsmotors. Elektroautos sind daher ausgenommen. Die Steuer wird von der Versicherung gemeinsam mit der Haftpflichtprämie erhoben.

Nova

Bei jedem Fahrzeug, das in Österreich zum ersten Mal zum Verkehr zugelassen wird, ist die Normverbrauchsabgabe (NoVA) fällig. Der einmalige Beitrag setzt sich zusammen aus den CO2-Emissionen oder dem Hubraum des Fahrzeugs. Einige Ausnahmen gibt es: Besitzer von Elektroautos, Oldtimern oder etwa von Vorführfahrzeugen müssen nichts zahlen. Der Händler erhebt die Steuer direkt beim Kauf und führt sie ans Finanzamt ab. Der Höchstsatz liegt bei Autos bei 32 Prozent.

(dpa) (mfz)