Studie Audi e-tron quattro concept

Danke, Tesla!

Audis Studie e-tron quattro concept soll „einen konkreten Ausblick“ auf ein elektrisches Serien-SUV geben. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, ob diese Ankündigung umgesetzt wird. Natürlich ist dieses Auto auch als Antwort auf den Erfolg von Tesla Motors mit den Modellen S und X zu verstehen

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  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Ingolstadt, 14. September 2015 – Vorsprung durch Technik. Das ist Audis Markenslogan. Mit der Studie e-tron quattro concept bekommt er wieder einen Inhalt. Endlich. Das batterieelektrische „Sport-SUV in der Oberklasse“ in Schlagworten: 320 kW (435 PS) Dauerleistung. Kurzfristig sind 370 kW (503 PS) drin. Allradantrieb. Allradlenkung. Standardsprint in 4,6 Sekunden, Spitze 210 km/h. Luftwiderstandsbeiwert 0,25. Kapazität der Batterien: 95 Kilowattstunden. Reichweite: mehr als 500 Kilometer. Wahrscheinlicher Name: Q6 e-tron.

Am Wichtigsten aber ist das Versprechen, das Entwicklungsvorstand Professor Hackenberg abgibt: Audi werde Anfang 2018, also in rund zweieinhalb Jahren, ein Serienauto anbieten, auf das die Technikstudie „einen konkreten Ausblick“ gebe. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit von Audi und der deutschen Autoindustrie, ob dieser Ankündigung die Umsetzung folgt. Und natürlich ist dieses Auto auch als Antwort auf den Erfolg von Tesla Motors mit Model S und Model X zu verstehen.

Ungewöhnlich ist die Fülle an Details, die Audi bekannt gibt. Das fünftürige e-tron quattro concept ist 4,88 Meter lang und 1,93 breit. Das Kofferraumvolumen beträgt 615 Liter; bei umgeklappten Rücksitzlehnen sind es 1.725 Liter. Dabei ist der Wagen nur 1,54 Meter hoch. Das sind lediglich sechs Zentimeter mehr als ein Volkswagen Passat B8, aber 17 weniger als in einem Touareg. Später mehr zur Aerodynamik.

Über 500 PS, über 500 Kilometer Reichweite

Beim Antrieb interpretiert Audi den Begriff quattro neu. Die maximal 370 kW (503 PS) Leistung und mehr als 800 Nm Drehmoment werden durch drei Elektromotoren auf die Straße gebracht. Einer sitzt an der Vorderachse; bei niedrigen Lasten macht er die Arbeit alleine. An der Hinterachse funktionieren die zwei E-Maschinen wie ein perfektes Differenzial. Beim Torque Vectoring wird das Antriebsmoment je nach Bedarf aktiv auf die Räder verteilt; das klappte bei den Prototypen des R8 e-tron bereits beeindruckend.

Neben e-tron quattro mit Torque Vectoring trägt die Allradlenkung zur Dynamik bei. Bei niedrigem und mittlerem Tempo schlagen die Hinterräder bis zu fünf Grad entgegen den Vorderrädern ein. Das hilft beim Einparken oder in engen Kurven. Bei höheren Geschwindigkeiten können die hinteren Räder gleichsinnig zu den vorderen einschlagen, was schnelle Ausweichmanöver stabiler macht.

Die Kraft fürs sportliche Fahren liefert der Strom. Der kommt entweder als Gleichstrom (DC) mit 150 kW aus Schnellladesäulen, die zurzeit an wichtigen Verkehrsknotenpunkten errichtet werden. Audi strebt an, hier in 30 Minuten mehr als 400 Kilometer Reichweite in die flüssigkeitsgekühlte 95 kWh-Batterie zu pumpen; der volle Hub für über 500 Kilometer dauert 50 Minuten. Es werden bis Ende 2017 mindestens 100 Standorte mit diesen Säulen bestückt sein, wie Industriekreise berichten.

Zu Hause dagegen wird wie bei anderen batterieelektrischen Autos auch mit Wechselstrom (AC) geladen. Der Unterschied: Der Audi e-tron quattro concept bekommt seine elektrische Energie kabellos mit bis zu elf kW. Auf Wunsch ist der gesamte Ladevorgang vollautomatisch. Von der genauen Ausrichtung des Fahrzeugs über der Platte mit der Primärspule auf dem Garagenboden über den Start bis zur Beendigung des Vorgangs. Einfacher geht es nicht.

Ein nettes Gimmick an der Konzeptstudie ist das 1,98 lange Photovoltaik-Paneel auf dem Dach. Es produziert bis zu 320 Watt und beliefert die Batterie sowohl im Stand als auch während der Fahrt – falls die Sonne scheint. So kann zum Beispiel die Standlüftung betrieben werden. Wenn es dagegen kalt wird, sammelt die Wärmepumpe die Abwärme der elektrischen Komponenten. Es geht um Effizienz, damit die Reichweite hoch und stabil bleibt.

Haifischhaut am Unterboden

Bei höherem Tempo – also vor allem auf der Autobahn – ist die Aerodynamik der entscheidende Faktor, um ausreichende Distanzen zu erzielen. Der Luftwiderstandbeiwert von 0,25 wurde eingangs genannt; ebenso die relativ geringe Fahrzeughöhe von 1,54 Meter. Die Stirnfläche ist also mutmaßlich kleiner, als es das Kürzel SUV vermuten lässt.

Audi zählt auf, welche Register die Entwickler gezogen haben, um die Studie windschlüpfig zu machen: So ist der Karosseriekörper lang und am eingezogenen Heck mit einer scharfen Abrisskante versehen. Der Unterboden ist vollständig geschlossen und mit einer Oberfläche versehen, welche die Haifischhaut nachahmt.

An Front, Heck und Flanken gibt es bewegliche Elemente (so etwas gibt es in ähnlicher Form zum Beispiel beim Porsche 911), die ab 80 km/h die Umströmung verändern. Für die Regelung der Durchströmung der Thermomanagement-Komponenten im Vorderwagen wiederum sind vier Lamellen-Jalousien zuständig. Und der Heckklappenspoiler fährt bei hohen Geschwindigkeiten um 100 Millimeter nach hinten aus, um die Abrisskante zu verlängern.

Zwei weitere Details: Die Außenspiegel wurden durch Kameras ersetzt, was, so Audi, einen „Serienbezug“ habe. Die Türgriffe verschwinden nahtlos in der Oberfläche. Sie fahren aus, sobald sich die Hand des Besitzers nähert.

So viel zu den Aspekten, die für ein Batterie-elektrisches Auto relevant sind. Dass Audi darüber hinaus beim pilotierten, sprich teilautomatisierten Fahren oder bei der Lichttechnik alles zeigt, was gerade en vogue ist, ist selbstverständlich.

Jetzt muss der Serienanlauf folgen. Aus e-tron quattro concept wird Q6. Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, soll beim Anblick des Tesla Model S zu seinen Ingenieuren gesagt haben, dass er dieses Fahrzeug eigentlich von ihnen erwartet hätte. Nun zeigen die Entwickler, was sie können, wenn sie dürfen und sollen.

Und dem Autor dieses Textes bleibt nur zu sagen: Danke, Tesla, danke, Elon Musk! Fürs Druckmachen.