Toyota Prius Praxistest: Vom Feedback und anderen kulturell bedingten Unterschieden

Auslegungssache

Als unausweichliche Eigenschaft des perfekten Hybriantriebs nimmt man den Mangel an Antriebs-Unmittelbarkeit gerne hin. Man könnte diesen hohen Antriebskomfort sogar genießen - wäre da nicht diese unerklärlich hölzerne Federung

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Von
  • Florian Pillau
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München, 20. März 2014 – Es könnte gut sein, dass Toyota mit seinem haushoch überlegenen Antriebskonzept den Kürzeren zieht, wenn sich der Prius und alle anderen Hybridautos mit eCVT mit den im Prinzip nur nachträglich elektrisierten Autos von VW und Audi messen müssen. Überlegenheit definiert sich im Auto nämlich nicht immer durch die technisch vollkommene Lösung.

Toyota ist mit dem Prius kein ausgesprochenes Fahrer-Auto gelungen, was allerdings auch nie das Ziel war. Als unausweichliche Eigenschaft des technisch perfekt gelösten Hybriantriebs nimmt die Zielgruppe den Mangel an Antriebs-Unmittelbarkeit sicher gelassen hin. Was wir aber nicht verstehen können, ist die unerklärlich lieblos arbeitende Federung. Hätte Toyota ihr eine dem Antrieb entsprechende Entkopplung mitgegeben, wäre der Prius in sich deutlich stimmiger und wir könnten seinen hohen Antriebskomfort würdig dahingleitend genießen.

Das Auto ist im Gegensatz zu einer Geschirrspülmaschine aus leicht ersichtlichen Gründen ein auf den Benutzer emotional rückwirkendes Aggregat. Und deshalb ist es den meisten Fahrern nicht egal, wie sich die Interaktion ihres Fahrzeugs mit der Umwelt anfühlt. Das beste Beispiel ist die für die meisten so wichtige Rückmeldung der Lenkung. Je nach Auslegung etwas mehr (bei kleinen und sportlichen Autos), deutlich weniger (große Limousinen) oder absichtlich fast gar keine (bei Chauffeurslimousinen oder echten Geländewagen, in letzterem Fall wegen der Verletzungsgefahr durch Schläge aus der Lenkung im schweren Gelände).

Gelungen für die Zielgruppe

Als vor einigen Jahren aus guten Gründen elektrisch unterstützte Lenkungen aufkamen, wurde das Ganze wieder ein Riesenthema. Die Ingenieure hatten noch nicht gelernt, der neuen Art Servolenkung das seit Jahren am jeweiligen Fahrzeugtyp gewohnte Feedback einzubauen. Jeder Konstrukteur weiß, wie vergleichsweise winzige Unterschiede beim Fahrer als „gut“ oder „weniger toll“ wahrgenommen werden. Heute ist das nur noch eine Frage der Abstimmung. Beim Prius ist die Lenkung absolut gelungen – jedenfalls für die Hauptzielländer dieses Autos Japan und USA, wo man eine kräftige Unterstützung mit eher milder Rückmeldung klasse findet. Uns gefällt zwar die eher direkte Übersetzung, allerdings verglich einer unserer Fahrer die Rückmeldung aus der Lenkung mit der des Lautstärkereglers.

Eine ähnliche Lernkurve wie bei der Lenkung mussten die Entwickler beim Thema „Rekuperatives Bremsen“ durchlaufen: In den Tests der ersten Hybridautos war regelmäßig darüber zu lesen, wie gut oder schlecht der Übergang vom elektrischen Bremsen zum Reibungsverzögern gelungen ist. Heute kräht fast kein Hahn mehr nach dem Pedalgefühl. Schon gar nicht beim Prius. Einem Sportwagenfahrer wäre der Druckpunkt zu diffus, aber das ginge ihm in so gut wie jedem beliebigen anderen nicht-sportlichen Auto genauso.