Alles geht um Ghosn
Letzte Woche unterschrieb Frankreich einen Friedensvertrag mit Japan. Ein schmerzhafter Streit zwischen Nissan und Renault, der erfolgreichsten Allianz zwischen Japan und Frankreich, wurde beigelegt. Einige Tage später erklärt Carlos Ghosn den Eingeborenen den Frieden
- Bertel Schmitt
Tokio, 18. Dezember 2015 – Letzte Woche unterschrieb Frankreich einen Friedensvertrag mit Japan. Ein schmerzhafter Streit wurde beigelegt. Die wichtigste und erfolgreichste Allianz zwischen Japan und Frankreich wäre beinahe daran zerbrochen, nämlich die zwischen Nissan und Renault. Einige Tage später sitze ich, in einem holzgetäfelten Sitzungssaal irgendwo in den oberen Stockwerken der Nissan-Zentrale im japanischen Yokohama, zwei Stühle neben Carlos Ghosn, der aus Paris gekommen ist, um den Eingeborenen den Frieden zu erklären.
Ghosn ist der Chef von beiden kriegführenden Parteien, von Nissan und Renault. Er hat den Frieden erzwungen, und man sieht ihm den harten Kampf an. Es ist viel über den Krieg und den Friedensabschluss geschrieben worden, Einzelheiten, die jetzt nicht wiedergekäut werden müssen. Wie kam es zu dem Krieg? Das will ich heute, nach Recherchen in Japan und Frankreich, beschreiben.
Die Fremdenlegion in Tokio
Rückblende, Japan, 1999. Nissan, zweitgrößter Autohersteller nach Toyota, ist, wie viele andere japanische Firmen auch, nach dem Wirtschaftskrach in den Jahren davor, fast pleite. Daimler beäugt die blessierte Braut, zwecks Einheirat in die „Welt AG“ mit Chrysler, entscheidet sich dann aber doch für Mitsubishi. In Torschlusspanik verbandelt sich Nissan mit einem nicht gerade standesgemäßen Gatten. Renault war gerade wenige Jahre vorher dem Besitz des französischen Staates entronnen, und war selbst nahezu pleite. Der französische Autobauer investiert fünf Milliarden Dollar, Chef Louis Schweitzer sagt seiner rechten Hand, dem franko-brasilianischen Libanesen Carlos Ghosn, er soll die Koffer packen, und Nissan retten. Ghosn schart eine Truppe von den 22 besten Leuten von Renault um sich. Kurz darauf fällt die französische Fremdenlegion in Tokio ein.
Experten sagten damals voraus, das Luftlandeunternehmen könne nur böse enden, denn die stolzen Japaner würden sich selbst eher den Bauch aufschneiden, statt sich 23 Franzosen zu unterjochen, die nicht mal mit Essstäbchen umgehen könnten.