Klartext

Defenders of the Crown

Der neue Land Rover Defender biegt scharf nach links ab zu den Straßenfahrzeugen mit Geländeeignung. Der Fan weint. Aber er hat eben nicht genügend Defender nach alter Machart gekauft. Das Auto war berühmt, aber kein finanzieller Erfolg mehr

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Der neue Land Rover Defender 15 Bilder
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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Ab knapp 50.000 Euro, schon ohne Spiegel über 2 Meter breit und nicht unter 2 Tonnen zu kriegen: Der neue Defender ist ein riesiger Klumpen von Auto, und bei den genannten Werten sprechen wir erst über die mit 4,58 Metern kürzere Variante „Defender 90“. Der bei uns schon konfigurierbare Defender 110 (5,02 m) legt noch einmal eine gute Schippe drauf.

Das Fahrzeug passt also perfekt in die Zeiten des Exzesses, in denen er ersonnen wurde. Wie viel Gegenliebe er in der aktuellen, gekippten Stimmung erfährt, wird die Zeit zeigen. Der Name „Defender“ hat ja noch einiges an sozialem Goodwill-Kapital. Für die Fans des bisherigen Defender markiert der neue Wagen einen klaren Point of no Return: Es gibt von Land Rover künftig keinen klassischen Geländewagen mehr.

Tradition

Da es nicht mehr viele davon gibt, sollten wir kurz erklären, was ich mit dem „klassischen Geländewagen“ meine: Leiterrahmen, Starrachsen und Allradantrieb. Diese Kombination hat sich über all die Zeit des Fahrzeugbaus als die bewährt, die geringe Kosten, gute Wartbarkeit und hohe Verschränkung am besten miteinander kombiniert. Obwohl man im Defender zum Beispiel serienmäßig nur das Mitteldifferenzial sperren kann, fällt das Fehlen von Achsdifferenzialsperren seltener auf, weil die Räder länger Bodenkontakt halten.

Unabhängig von der technischen Konfiguration stehen die Heldengeschichten von Roadside-Reparaturen, wie sie nur ein Defender schreibt: Du KANNST das besser reparieren. Du MUSST das aber auch häufiger reparieren. Wer so ein Auto künftig neu kaufen will, bekommt nur noch den Suzuki Jimny (Test) oder den Jeep Wrangler (Test), und das wird all die Veteranen schmerzen, die im schwelenden Internet-Grabenkampf stets tapfer auf Seiten der Briten mit Worten schossen. Im Wrangler-Graben dürfte darüber keine große Freude herrschen. Defender und Wrangler hatten mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede, und die Einschläge kommen näher. Wie lange wohl wird sich Chrysler noch ein Nischenfahrzeug mit einem Euro-NCAP-Stern leisten dürfen?

Tell Me Why

Wer sich nur an Nachrichten orientiert, wird sich fragen, warum Jaguar Land Rover (JLR) ihre strahlende Ikone so im Stich lässt. Die Antwort ist wie so oft der Kapitalismus: Die Freunde des Defender, sie liebten ihn, sie sprachen über ihn, bis ihn jeder kannte, aber sie kauften eben fast keine Autos, hauptsächlich deswegen, weil sie den SUV-Legionen zahlenmäßig so krass unterlegen wurden. JLR will Autos verkaufen, kein gemeinnütziges Museum betreiben. Der Name „Defender“ biegt mit dem Modell 2020 nach links ab zu den Straßenfahrzeugen mit Geländegeschmack, weil diese Sparte richtig Marge macht.