Linux 4.19: Schöner starten und bereit für das WLAN von Morgen
Linux 4.19 bekommt Langzeitpflege und sollte die Akkulaufzeit einiger Notebooks verbessern. Der umstrittene Verschlüsselungsalgorithmus Speck ist dabei, steht aber auf der Abschussliste.
- Thorsten Leemhuis
Der zweitwichtigste Linux-Entwickler Greg Kroah-Hartman hat Montagfrüh den Linux-Kernel 4.19 freigegeben, der über vierzehntausend Änderungen bringt. Einige rüsten neue Features oder Treiber nach, andere verbessern existierende. Die wichtigsten Neuerungen im Kurzüberblick:
Netzwerk
Die neue Linux-Version unterstützt den nächsten, auf 802.11ac (WiFi-5) folgenden WLAN-Standard IEEE 802.11ax (WiFi-6), der WLAN-Übertragungen deutlich beschleunigen soll. Außerdem bringt sie auch gleich Treiber für einen Intel-Chip mit, der diesen Standard nutzt.
Eine längere Bündelung von Netzwerkpaketen verspricht, die Netzwerk-Performance zu verbessern – bislang macht sich allerdings nur ein Netzwerktreiber diesen Trick zunutze.
Der Kernel bringt jetzt Treiber für USB-WLAN-Chips von Mediatek mit, durch die Linux 4.19 jetzt unter anderem die USB-WLAN-Sticks AVM FRITZ! AC 430 und 860 von Haus aus unterstützt.
Treiber
Linux 4.19 enthält einige Änderungen, mit denen Linux-Distributionen den Startprozess verschönern können.
Neu dabei ist ein Grafiktreiber für die von Linus Torvalds ersehnten Notebooks mit ARM-Prozessor von Qualcomm.
Eine Reihe von Systemen mit Thunderbolt-Controller, Radeon-GPUs oder Realtek-Netzwerkchips dürften mit dem neuen Kernel sparsamer laufen, was die Akkulaufzeit mancher Notebooks spürbar steigern sollte.
Unter zahlreichen neuen Treibern sind welche für Apple-Tastaturen, Soundkarten von Creative und zwei Drehregler, die Dell und Microsoft als Eingabegeräte in zwei All-in-one-PCs verbauen.
Storage
Mit einem neuen I/O-Controller soll Linux besser sicherstellen können, dass zeitunkritische Wartungsprogramme die Datenträger nicht so stark fordern, dass es wichtige Programme verlangsamt.
Der gängigste SATA-Treiber nutzt in der Standardkonfiguration jetzt das modernere und performantere Kernel-Framework für Datenträgerzugriffe.
Linux bringt ein neues Polling-Interface für die Nutzung von Asynchronous I/O (AIO) mit.
Der Kernel kann nun auch ältere Stände ("Snapshots") von Samba- oder Windows-Freigaben einbinden.
Sicherheit
In Linux 4.19 kann man flexibler festlegen, wie weit der Kernel dem Zufallszahlengenerator des Prozessors trauen darf.
Der Support für den umstrittenen und von der NSA entwickelten Verschlüsselungsalgorithmus Speck ist noch dabei – allerdings deutet vieles darauf hin, dass er bald rausfliegt.
Auch 32-Bit-x86-Linux kann jetzt vor der zu Jahresanfang bekannt gewordenen Prozessorlücke Meltdown schützen; das klappt allerdings nur, wenn auch PAE-Support aktiv ist.
Die Entwickler haben Schutz vor der Prozessorlücke Spectre v4 eingebaut und jenen für Spectre v2 verbessert.
Verschiedenes
Da sich Linus Torvalds eine Auszeit genommen hatte, leitete Greg Kroah-Hartman die zweite Hälfte der 4.19-Entwicklung. Das ist ein Novum, denn bislang stand der Linux-Erfinder immer selbst am Ruder. Dorthin kehrt er jetzt zurück – wie geplant, denn die Auszeit sollte bis zur Fertigstellung von Linux 4.19 dauern.
Ganz kurz vor Verkündung der Auszeit haben Linus Torvalds und Greg Kroah-Hartman einen neuen Verhaltenskodex für Entwickler etabliert. Direkt vor der Freigabe von Linux 4.19 hat Greg Kroah-Hartman allerdings noch einige Detailänderungen vorgenommen, die diesen Code of Conduct betreffen. Mit ihnen stieß ein längeres Dokument zur Auslegung des Kodex zur Dokumentation. Außerdem wurde damit eine Mediatorin eingesetzt und ein Komitee etabliert, das als Ansprechpartner und Durchsetzungsgremium bei Verstößen dient. Das dürfte einige, aber nicht alle Kritiker verstummen lassen; so oder so sind Diskussionen angesetzt, um weiter über den Kodex zu diskutieren.
Linux 4.19 wird ein Longterm-Kernel und damit nicht nur ungefähr drei Monate, sondern mindestens zwei Jahre gepflegt.
Gut möglich, dass Linux 4.19 die letzte Version der Hauptentwicklungslinie ist, deren Versionsnummer mit "4" beginnt: Torvalds hat in diesem Jahr bereits mehrfach durchblicken lassen, über den Sprung auf 5.0 nachzudenken. Auch ohne solche Hinweise wäre so ein Wechsel wahrscheinlich, schließlich steckt hinter diesen Versionssprüngen keine tiefere Bedeutung oder größere neue Funktionen, aber ein bekanntes Muster. Die Sprünge erfolgen nämlich, damit die letzte Zahl der Versionsnummer nicht zu groß wird. So war es schon beim Übergang von 2.6.39 auf 3.0. Bereits da ließ der Linux-Erfinder durchblicken, er wolle die zweite Zahl in Zukunft nicht wieder so groß werden lassen. Er hielt Wort, denn dem Nachfolger von 3.19 verpasste er die Nummer 4.0. Daher ist es gut möglich, dass jetzt wieder ein Sprung ansteht. Weil der aber nicht sicher ist, sprechen die Kernel-Entwickler bislang noch von Versionsnummer 4.20 und 4.21, wenn sie über Änderungen für die nächsten zwei Kernel-Versionen reden, die letztlich vielleicht 5.0 und 5.1 heißen.
Hintergründe
Die folgenden Artikelseiten liefern zahlreiche Details zu diesen und zahlreichen weiteren Neuerungen von Linux 4.19.