Edward Snowden: Die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers 10 Jahre später

Seite 3: Informationsfreigaben, mehr Verschlüsselung, weniger Sicherheitslücken

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Im Mai 2019 schaltete sich das Bundesverfassungsgericht nach Beschwerden über die Novelle von Journalisten und Medienorganisationen ein. Die Karlsruher Richter erklärten den vom BND für die internationale Telekommunikationsüberwachung eingesetzten 'Datenstaubsauger' aus formalen und inhaltlichen Gründen für verfassungswidrig. 2021 legalisierte der Bundestag – noch immer unter der Mehrheit von CDU/CSU und SPD – in Reaktion auf das Urteil die BND-Massenüberwachung erneut: Der Auslandsgeheimdienst darf damit global bis zu 30 Prozent aller Netze bespitzeln, heimliche Online-Durchsuchungen durchführen und eng mit der NSA kooperieren. Ein Kontrollrat soll ihm nun stärker auf die Finger schauen, winkt bislang aber fast alle Ersuchen durch.

"Einige Dinge sind zweifellos besser geworden", zieht die EFF ein Fazit zum Snowden-Jahrestag aus US-Sicht. "Unter der intensiven Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit" seien "einige der ungeheuerlichsten illegalen Programme und Kompetenzen" der NSA stillgelegt, beendet oder ausgelaufen. Die Geheimdienste und für sie zuständige Gerichte hätten zudem begonnen, "zumindest einige wichtige Informationen freizugeben". Außerhalb der Regierung haben Unternehmen und Organisationen laut den Bürgerrechtlern hart "daran gearbeitet, viele der Sicherheitslücken zu schließen, die die NSA missbraucht hat". So werde etwa mittlerweile – nicht zuletzt wegen der Kampagne Let's Encrypt – ein Großteil des Verkehrs im Web und im Internet verschlüsselt.

"Aber das ist nicht genug – nicht einmal annähernd", betont die EFF. "Es gibt noch viel zu tun, um unseren übereifrigen nationalen Sicherheitsstaat zu zügeln, den politischen Stillstand zu überwinden und die extreme Geheimhaltung zu beenden, die einige der einschneidendsten Taktiken der Regierung schützt." Ein Dorn im Auge ist der zivilgesellschaftlichen Organisation vor allem Paragraf 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA). Der zuletzt Anfang 2018 verlängerte einschlägige Artikel des Gesetzes zur Überwachung der Auslandsaufklärung erlaubt es US-Sicherheitsbehörden, von nationalen Unternehmen, Ämtern und Einrichtungen wie Telekommunikationsanbietern oder Bibliotheken E-Mails und andere Daten ihrer Kunden anzufordern. Spezielle richterliche Genehmigungen sind dafür in der Regel nicht erforderlich.

Allein 2021 durchsuchte das FBI bis zu 3,4 Millionen Mal Daten auf Basis von "Section 702", um die Kommunikation auch von US-Bürgern zu inspizieren. Die auch Gerichte in der EU immer wieder beschäftigende Klausel läuft zum Jahresende aus, wenn sie der US-Kongress nicht verlängert. Die EFF und andere Bürgerrechtsorganisationen fordern eine umfangreiche Reform, die die Befugnisse der US-Sicherheitsbehörden deutlich einschränkt. Zudem sei es überfällig, den Präsidentenerlass 12333 von 1981 anzugehen, auf dessen Basis die NSA das mächtige Analysewerkzeug XKeyscore einsetzt. Nicht zuletzt müsse der Kongress endlich ein allgemeines Datenschutzgesetz beschließen, das diesem Namen Ehre mache.

(tiw)