Edward Snowden: Die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers 10 Jahre später

Seite 2: Auch in Deutschland am De-Cix Daten ausgeleitet

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Snowdens Enthüllungen schlugen aber deutlich höhere Wellen: Aufgrund der Berichte darüber und im Nachgang erfolgender Veröffentlichungen von Originaldokumenten konnte die Öffentlichkeit schwarz auf weiß nachlesen, wie sie ausgespäht wurde und wie sich die Fähigkeiten der Geheimdienste im Vergleich zu den früheren Enthüllungen weiterentwickelt hatten. "Snowdens Enthüllungen wirkten wie ein Flutlicht, das es jedem ermöglichte, besser zu sehen und zu verstehen, was in der Blackbox der staatlichen Überwachung passiert", schreibt die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF). Auch die Programme "Upstream" und "Tempora" kamen so etwa ans Licht, bei denen es um das Anzapfen von Unterseekabeln geht. Zudem verfing die Masche der US-Regierung nicht mehr, einschlägige Enthüllungen zu dementieren oder herunterzuspielen.

Der "Spiegel" legte Ende Juni 2013 unter Verweis auf Snowden offen, dass auch Deutschland insbesondere mit dem großen Datenknoten De-Cix in Frankfurt und Kontinentaleuropa im Fokus von NSA & Co. stehen. Allein hierzulande flößen monatlich rund eine halbe Milliarde Kommunikationsverbindungen in den "gigantischen Datensee" ein. Dokumente legten nahe, "dass die US-Geheimdienste mit Billigung des Weißen Hauses gezielt auch die Bundesregierung ausforschen, wohl bis hinauf zur Kanzlerin".

Der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) wollte den NSA-Skandal trotzdem wenige Wochen später für beendet erklären. Alle gegen die beteiligten Geheimdienste erhobenen Vorwürfe seien "vom Tisch", behauptete er. Eine "millionenfache Grundrechtsverletzung" habe es in Deutschland nicht gegeben. Ihm sei versichert worden, dass sich die NSA und ihre Partner hierzulande an deutsches Recht hielten.

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So schnell ging es dann doch nicht: Am 20. März 2014 setzte der Bundestag nach der Affäre um das abgehörte Handy von Bundeskanzlerin Angelika Merkel (CDU) vor allem auf Drängen der oppositionellen Grünen und Linken den NSA-Untersuchungsausschuss ein. Drei Jahre lange beleuchteten die Abgeordneten die Überwachungspraxis vor allem der deutschen Geheimdienste mit Schwerpunkt auf dem Bundesnachrichtendienst (BND) und machten dabei auch die ständigen Verschleierungsversuche der Bundesregierung offensichtlich. Eine Vielzahl der Sitzungen begleitete heise online und blickte im Anschluss in einer eigenen Serie auf die "Geheimakte BND & NSA" zurück.

"Edward Snowden hat uns eine Debatte gebracht, die ohne ihn nicht dagewesen wäre, die wichtig ist", ging der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg bei der Präsentation des Abschlussberichts des Gremiums auf die Bedeutung des NSA-Whistleblowers ein. 80 Zeugen seien in 581 Stunden vernommen worden. Die Parlamentarier hätten "technische und organisatorische Mängel" beim BND festgestellt, zog der CDU-Politiker Resümee. Vor allem beim Einsatz von Suchkriterien in Form von Selektoren habe es Fehler gegeben. Linke und Grüne warfen der Regierung vor, die Aufklärung behindert und sich Augen und Ohren in den Geheimdienstskandalen zugehalten zu haben.

Lehren zog die damalige große Koalition aus den Ergebnissen nicht. Schon 2016 beschloss der Bundestag mit der schwarz-roten Mehrheit eine Reform der BND-Befugnisse. Das Parlament legalisierte damit fast alle bislang größtenteils als rechtswidrig erachteten Praktiken des Auslandsgeheimdienstes. Laut dem Ende 2016 in Kraft getretenen Gesetz zur "Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung" durfte der BND das Internet nun offiziell im NSA-Stil überwachen und an Netzknoten wie dem De-Cix spionieren.