50 Jahre Mondlandung: "A small step for a man" – die ersten Männer auf dem Mond

Seite 3: Neil Alden Armstrong

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Neil Armstrong

(Bild: NASA)

Die schillernste und zugleich mysteriöseste Persönlichkeit der drei Mondfahrer war zweifellos Neil A. Armstrong. Sein Vater mit irisch-schottischen Wurzeln war staatlicher Rechnungsprüfer, seine Mutter war die Tochter eines deutschen Emigranten. Geboren am 5. August 1930 nahe Wapakoneta in Ohio wechselte er mit seiner Familie in 14 Jahren 16 Mal den Wohnort innerhalb von Ohio. Sein Vater war ein Luftfahrtfan und nahm den zweijährigen Neil bereits mit zu Flugzeugwettkämpfen. Mit 5 oder 6 flogen er mit seinem Vater in einem dreimotorigen Transportflugzeug mit und entdeckte da möglicherweise seine Liebe zur Fliegerei. Neben der High School erlernte er das Fliegen in einem Sportflugverein und hatte mit 16 seine Schüler-Pilotenlizenz und seinen ersten Alleinflug noch vor dem PKW-Führerschein in der Tasche.

Mit 17 begann 1947 er ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der Purdue-Universität. Das kostenpflichtige Studium finanzierte er über ein Stipendium der Navy, das ihn verpflichtete, nach vier Semestern eine zweijährige Pilotenausbildung zu absolvieren, um im Anschluss nach zwei weiteren Jahren den Bachelorabschluss zu erreichen. 1949 wurde er nach Pensacola, Florida, einberufen, wo er auf einmotorigen Propeller-Kampfflugzeugen seine Flugausbildung begann und 1950 seine erste Landung auf einem Flugzeugträger absolvierte. Im November 1950 kam er zu einem Navy-Geschwader in San Diego, das ausschließlich Jets flog.

Das Geschwader brach Ende Juni 1951 mit dem Flugzeugträger USS Essex nach Korea auf, wo Armstrong Aufklärungs- und Bombardierungsflüge flog. Im September kollidierte er über Feindesgebiet nach eigenen Angaben bei 560 km/h im Tiefflug mit einem mutmaßlich als Falle über ein Tal gespannten Kabel, das ihm 2 m seiner rechten Tragfläche abriss. Er schaffte es, die Kontrolle über das Flugzeug zu behalten und zurück auf freundliches Territorium zu fliegen. Da ihm das rechte Querruder fehlte, konnte er nicht landen und rettete sich mit dem Schleudersitz. Nach 78 Missionen in Korea, davon 20 Kampfeinsätze, wurde er im August 1952 mit zahlreichen Auszeichnungen aus dem aktiven Dienst entlassen, flog jedoch weiter als Reservist bei den Marinefliegern, bis er 1960 schon in NASA-Diensten seinen Reservistendienst aufgab.

1953 nahm er sein Studium in Purdue wieder auf und schloss es im Januar 1955 mit dem Bachelor in Luft- und Raumfahrttechnik ab. Armstrong war auch der Muse nicht abgeneigt und schrieb während des Studiums zwei Musicals, unter anderem eine Version von "Schneewittchen und die 7 Zwerge" mit Musik von Walt Disney, bei dem er zusammen mit seiner damaligen Freundin auch Regie führte. Außerdem spielte er Baritonhorn in einer örtlichen Marschkapelle.

Nach dem Studium bewarb sich Armstrong als Testpilot beim National Aeronautics Advisory Committee (NACA), der Vorgängerorganisation der NASA. Mit einem kurzen Umweg über Cleveland wurde er schließlich in der Hochgeschwindigkeitsflug-Abteilung an der Edwards Air Force Base aufgenommen – als ziviler Ingenieur-Pilot. Zuerst flog er Begleitflugzeuge, die den Abwurf von Experimentalflugzeugen von Tragflugzeugen überwachten, dann selbst solche Tragflugzeuge und schließlich unzählige neue Kampfflugzeugmodelle, unter anderem den F-104 Starfighter, die F-86 Sabre, die F-4 Phantom II, sowie mehrere Bombermodelle, insgesamt rund 200 Flugzeugtypen.

Siebenmal flog er die X-15, die bis heute den Geschwindigkeits- und Höhenrekord für Flugzeuge hält. Armstrong flog sie bis auf 63 Kilometern Höhe und 6419 km/h. Das Flugprofil der X-15 sah wie folgt aus: das Flugzeug wurde in ca. 14 Kilometern Höhe von einem modifizierten B-52-Bomber abgeworfen und zündete dann sein Raketentriebwerk, dass es in die Höhe trug. Nach Brennschluss stieg das Flugzeug weiter auf einer ballistischen Bahn in die Hochatmosphäre beziehungsweise den Weltraum, der nach der Definition der US Air Force bei 50 Meilen (80 Kilometern), nach internationaler Definition bei 100 Kilometern (Karman-Linie) beginnt (die X-15 überschritt zweimal auch die Karman-Linie). Danach glitt sie antriebslos in die Atmosphäre zurück, stabilisierte ihre Fluglage durch Steuerdüsen, bis in der dichter werdenden Atmosphäre die Ruder und Tragflächen wieder wirksam wurden. Das Flugzeug mit den Stummelflügeln war dann ohne eigenen Antrieb ein Segelflugzeug mit ziemlich erbärmlicher Gleitzahl und entsprechend begrenzter Reichweite.

Als Armstrong auf seinem 6. Flug die Leistungsfähigkeit eines neuen Kontrollsystems erproben wollte, das sowohl die Ruder an den Tragflächen als auch die Steuerdüsen mit dem gleichen Steuerknüppel bedienen konnte, hielt er die Flugzeugnase zu lange oben und prallte an der dichter werdenden Atmosphäre ab, die ihn wieder in die Höhe trug. Als er seinen eigentlich geplanten Landeort in Edwards erreichte, war er noch 30 Kilometer hoch in der Luft mit 3-facher Schallgeschwindigkeit unterwegs und schoss im Sinkflug 64 Kilometer über sein Ziel hinaus, bevor er genug Luftdichte erreicht hatte, um eine Kehrtwende zu machen. Er schaffte es nicht ganz bis zu Landebahn und ging 10 Meilen südlich auf einem ausgetrockneten See nieder. Dabei streifte er um ein Haar die Joshua-Yuccas. Es wurde der längste Flug einer X-15.

Armstrong war unter den X-15-Piloten nicht derjenige, der die größten Flugleistungen aus dem Gerät herausholte oder es am besten meisterte, aber man schätzte sein technisches Verständnis. Keiner war wie er in der Lage, eine zielsichere Analyse eines Problems abzugeben, die es den Technikern erlaubte, das Problem abzustellen.

Vor Sputnik hatten Air Force, Navy und Army noch eigene Raumfahrtprogramme und Armstrong wurde im Juni 1958 ein Kandidat für das "Man in Space Soonest" Programm der Air Force, das den Sowjets darin zuvor kommen wollte, einen Menschen in die Umlaufbahn zu bringen, aber nach dem Vanguard-Desaster der Air Force bündelten die USA ihre Raumfahrtprogramme in der Ende Juli 1958 neu gegründeten NASA, in der auch die NACA aufging. Zivilist Armstrong war nunmehr zwar NASA-Angestellter, aber dennoch nicht qualifiziert, in die Runde der ersten 7 Mercury-Astronauten aufgenommen zu werden, weil Präsident Eisenhower militärische Testpiloten dafür verlangt hatte. So musste Armstrong bis zur zweiten Astronautenausschreibung 1962 warten, die auch für Zivilisten offen war. Seine Bewerbung ging erst eine Woche nach dem Bewerbungsschluss am 1. Juni 1962 ein, aber ein Kollege aus dem Simulatortraining in Edwards fand die Bewerbung und schummelte sie unbemerkt in den Stapel der Applikanten. Armstrong nahm an den gleichen Untersuchungen teil wie Collins. Am 13. September wurde er (im Gegensatz zu Collins) in das Astronautencorps aufgenommen.

Während der Universitätsjahre lernte Armstrong seine spätere Frau Janet kennen, die er 1956 heiratete. Die beiden hatten später zwei Söhne, Eric und Mark, und eine Tochter Karen. Karen erkrankte 1961 bereits mit kaum zwei Jahren an einem bösartigen Hirntumor, an dessen Folgen sie im Januar 1962 verstarb. Im Drehbuch zu seiner verfilmten Biographie "Aufbruch zum Mond" (engl. "First Man") wurde der tragische Verlust als ausschlaggebend dafür dargestellt, dass er sich in seine Arbeit stürzte und unfähig zu echter Trauer verbissen versuchte, sich von dem Verlust abzulenken. Collins beschreibt ihn als besonnen und als großen Praktiker, der sich hervorragend mit dem Theoretiker Aldrin ergänzte. Unterhaltungen mit ihm blieben technisch und oberflächlich, er ließ niemanden in sein Inneres hineinschauen. Er redete nicht viel, aber wenn er etwas sagte, dann hatten seine Worte Gewicht.