50 Jahre Mondlandung: "A small step for a man" – die ersten Männer auf dem Mond

Seite 4: Von Gemini...

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Der Job bei der NASA begann mit einem 240-stündigen Kurs über die Grundlagen der Raumfahrt und über Geologie, wobei letztere Collins wenig begeisterte, obwohl sie ihn in den Grand Canyon und nach Island zu Exkursionen brachte. Zum Training gehörte auch ein Überlebenskurs in Wüste und Dschungel, bei dem die Astronauten beispielsweise lernten, sich mit einfachsten Mitteln aus Fallschirmseide Schutzkleidung gegen die Sonne zu schneidern oder mit einer Diät aus Insekten, Würmern und Leguanfleisch zu überleben. Collins hungerte sich bis zum Leguan durch.

Jeder der 14 Neulinge der dritten Gruppe bekam eine Aufgabe zugeteilt, auf die er sich spezialisieren sollte. Collins wählte die Entwicklung der Raumanzüge, "Dr. Buzz" Aldrin die Missionsplanung. Armstrong betreute mit Elliot See sechs der Neulinge als Gruppenleiter. Die Astronauten flogen im Rahmen ihrer Aufgaben mit NASA-T-38-Jets von einer Firma zu nächsten. Collins hatte dabei unter anderem das zweifelhafte Vergnügen, drei verschiedene Raumanzüge nacheinander in der Zentrifuge bei 10-facher Erdbeschleunigung zu testen. Nach drei solcher Tests hintereinander war Collins enigermaßen erschöpft.

Wer nicht gerade für den nächsten Flug trainierte – das waren jeweils 4 Mann, die Primär- und die Ersatzcrew, musste außerdem die NASA in landesweiten öffentlichen Auftritten repräsentieren, eine Aufgabe, der die angehenden Weltraumflieger nur mit leichtem Widerwillen nachkamen. Insbesondere, wenn sie am gleichen Tag zuvor drei Raumanzüge in der Zentrifuge hatten testen dürfen.

Die Aufgabe des Gemini-Programms war die Erprobung dreier Voraussetzungen für die geplante Mondlandung: 1) der Verbleib im All über bis zu 14 Tage, 2) das Rendezvous und Andocken von Raumfahrzeugen und 3) der Ausstieg in das Vakuum des Weltraums und das Arbeiten im Raumanzug. Die Gemini-Kapseln waren Zweisitzer mit seitlich nach außen öffnenden Flügeltüren, in denen die Astronauten ungefähr so viel Platz wie auf den Vordersitzen eines PKWs hatten. Darin bis zu 14 Tage - ungewaschen im gleichen Druckanzug – im Sitzen zu verbringen, war überhaupt nur deshalb möglich, weil die Astronauten im All schwerelos ware; im Simulator auf der Erde bekamen sie nach wenigen Stunden unangenehme Druckstellen. Der Raum in der Kapsel war so begrenzt, dass es im Raumanzug nach einem Ausstieg, bei dem mangels Luftschleuse die gesamte Kapsel evakuiert werden musste, einiger Verrenkungen bedurfte, die Türe wieder über dem Kopf zu schließen. Das Ein- und Aussteigen probten die Astronauten in Parabelfliegern.

Die recht winzige Gemini-Kapsel

(Bild: NASA)

Den ersten Raumflug der drei Apollo-Astronauten absolvierte Armstrong zusammen mit David Scott (später Apollo 9 und Apollo 15) am 16. März 1966 auf Gemini 8, dem 6. astronautischen Flug einer Gemini. Die Aufgabe bestand darin, eine zuvor gestartete Agena-Oberstufe im Orbit anzufliegen und mit ihr das erste Andockmanöver der Raumfahrtgeschichte durchzuführen. Später sollte Scott aussteigen, zur Agena hinüber schweben und dort eine Platte, die zuvor Mikrometeoriteneinschlägen im All ausgesetzt war, zu demontieren und zur Erde mitzubringen. Armstrong gelang ein problemloses Andockmanöver. Nun sollte die Agena die beiden gedockten Vehikel mit ihren Triebwerken um 90° seitwärts drehen, als Scott bemerkte, dass sie um die Längsachse rotierten. Armstrong konnte mit den Steuerdüsen der Kapsel die Rotation stoppen, aber sie begann immer wieder von neuem. Temporär außerhalb des Funkbereichs zur Bodenkontrolle auf sich alleine gestellt beschlossen die Astronauten, wieder abzudocken, denn sie vermuteten das Problem bei der Agena – nur um festzustellen, dass nun die Rotation der Gemini selbst befreit von der schweren Agena umso schneller zunahm, bis zu einer Umdrehung alle 1,2 s. Eine von 16 Steuerdüsen feuerte offenbar unentwegt, so dass sie die Kapsel in immer schnellere Rotation versetzte.

Da keine Zeit blieb, nach der defekten Düse zu suchen, schaltete Armstrong das ganze Orbital-Lageregelungssystem ab, so dass die Rotation sich nicht weiter beschleunigte, aber somit konnte er sie auch nicht mehr abbremsen. Er musste sie jedoch stoppen bevor den Astronauten schwindelig und übel wurde oder sie mit der Agena kollidierten, und so blieb ihm nur das unabhängige Wiedereintritts-Manövriersystem. Es gelang es ihm, die Kapsel zu stabilisieren, aber damit war die Mission nun sofort abzubrechen, denn es galt die strikte Regel, dass dem Einsatz des Wiedereintritts-Manövriersystems der unmittelbare Wiedereintritt zu folgen hatte – eine weitere Fehlfunktion desselben hätte den sicheren Tod der Astronauten bedeutet. So kehrten die beiden zur Erde zurück und landeten im Pazifik statt wie geplant im Atlantik, wo ein vorsorglich bereitgestelltes Bergungsschiff sie auffischte.

Die Aufgabe, das Mikrometeoritenexperiment einzusammeln, oblag nun Mike Collins, der am 18. Juli 1966 zusammen mit John Young (Gemini 3, Apollo 10 & 16, Space Shuttle STS-1 & STS-9) in der Gemini 10 startete. Neben den zwei "EVAs" (extravehikulären Aktivitäten also Weltraumspaziergängen) hatten die beiden ein volles Programm zu absolvieren, um bei vorherigen Flügen versäumte Experimente nachzuholen. Der Start verlief teilweise dramatisch: ein Verbindungsschlauch des Startturms zur zweiten Stufe löste sich nicht und wurde mitgerissen, und bei der Abtrennung der ersten Stufe explodierte deren Sauerstofftank – zum Glück flog die zweite Stufe problemlos in die Umlaufbahn. Vor der ersten EVA, die Collins bei geöffneter Luke stehend absolvierte, um Ultraviolettfotos zu machen, brannten den beiden Astronauten plötzlich die Augen, weil Lithiumhydroxid aus dem CO2-Absorptionssystem in ihre Atemluft gelangt war, was sie zum Glück abstellen konnten.

Die Mission verlief ansonsten recht erfolgreich. Die beiden dockten an die alte Agena der Gemini-8-Mission an, feuerten deren Triebwerk um sich von ihr bis auf 764 Kilometer Höhe tragen zu lassen und damit einen neuen Höhenrekord aufzustellen. Collins führte eine 39-minütige zweite EVA durch, bei der er durch einen 15 Meter langen Versorgungsschlauch gesichert eine Kaltgasdüse zur Manövrierung verwendete. Obwohl er Probleme hatte, sich an der glatten Agena festzuhalten, konnte er das Mikrometeoritenexperiment erreichen, abmontieren und bergen. Collins gelangte nur mit Youngs Hilfe wieder auf seinen Sitzplatz, der ihn am Versorgungsschlauch wieder in die Kapsel zog. Einzige Verluste waren eine Hasselblad-Kamera, die ihm bei der EVA irgendwann verloren gegangen war, weswegen es nicht viele Bilder der Mission gibt. Und die Mikrometeoritenplatte, die bei der Bergung im Meer verloren ging...

Buzz Aldrin war als letzter der drei im All, am 12. November 1966 zusammen mit Jim Lovell in der Gemini 12. Das Andocken an die Agena wurde manuell mit Computerunterstützung durchgeführt, weil das Andockradar versagte, aber dies stellte kein Problem dar. Für seine EVA hatte Aldrin auf eigene Initiative hin auf der Erde im Tauchbecken trainiert, ein Novum, und aus Collins Flug hatte man gelernt, dass man an der Agena Haltegriffe anbringen musste, damit der Astronaut sich daran entlang hangeln konnte. Aldrin vollführte mit 2 Stunden 29 Minuten den bis dahin längsten Weltraumausstieg und demonstrierte, dass man im All effizient arbeiten konnte. Ihm gelang sogar ein Foto einer partiellen Sonnenfinsternis. Und er brachte eine Mikrometeoritenplatte von der Agena mit zur Erde!