Missing Link: 75 Jahre DEFA – die Science-Fiction-Filme aus der DDR

Seite 2: Der schweigende Stern

Inhaltsverzeichnis

1960 entsteht der erste utopische Film der DDR; eine Co-Produktion mit Polen: "Der schweigende Stern", nach einem Roman des populären Schriftstellers Stanislaw Lem und unter dem Einfluss der Atombomben-Abwürfe und der nuklearen Aufrüstung. Es ist der erste deutsche Weltraum-Film seit drei Jahrzehnten, seit "Frau im Mond" von Fritz Lang.

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Auf der Erde stürzt ein Raumschiff von der Venus ab, mit einer verschlüsselten Botschaft; und eine internationale Delegation macht sich auf die Reise zum Absender. Dort, auf der Venus, finden sie kein Leben mehr vor. Nach und nach klären sich die Ereignisse: Die Bewohner planten eine nukleare Invasion der Erde; doch irgendwie kamen sie selbst durch ihre eigene Waffe um.

Die Modelle stammen von einem Team um den legendären Spezialeffekte-Experten Ernst Kunstmann, der bereits an "Metropolis" und anderen Klassikern mitwirkt und einer der Väter des sogenannten Schüfftan-Verfahrens ist, das Modell-Sets und Bilder mit echten Kulissen und Darstellern kombiniert. Für den schwarzen Schleim, der gegen Ende des Films die Kosmonauten in Bedrängnis bringt, wird die gesamte Jahresproduktion von Leim verbraucht, kolportiert man.

Der bis dato teuerste Film der DDR soll eigentlich zum 10. Geburtstag ihrer Gründung fertig werden, hat aber erst einige Monate später im Februar 1960 Premiere. Der Kulturwissenschaftler Stefan Soldovieri weiß: "Es erforderte drei Drehbuchteams und 12 Drehbuchversionen, um einen akzeptablen Kompromiss zwischen Genreverständnis, Humor und Abenteuer auf der einen Seite und der politischen Botschaft auf der anderen Seite zu erreichen, die von den Kulturbürokraten gefordert wurde."

Um ein Haar wird das ganze Vorhaben aufgegeben. Die DEFA will den Film gemeinsam mit Frankreich finanzieren und Rollen mit Simone Signoret und Yves Montand besetzen, scheitert aber am Widerstand der Politik. Am Ende wird aus Lems universeller Warnung ein direkter Hinweis auf Hiroshima und US-amerikanischen Imperialismus. Und aus der Wüste Sahara wird die Wüste Gobi.

Dennoch. Mit seinen fantasievollen Kulissen und seinen elektronischen Klängen braucht sich der Film nicht vor zeitgenössischen westlichen Streifen zu verstecken; und so wird er auch in der Bundesrepublik gezeigt, als "Raumschiff Venus antwortet nicht". Schon vor der Fertigstellung erregt der Film Aufmerksamkeit "drüben": Ein Boulevard-Blatt berichtet in Westberlin von einem "Fehlstart einer Rakete in der Sowjetzone", die Dreharbeiten missverstehend.

Irgendwie findet er sogar einen Weg nach Großbritannien und in die USA. Als "First Spaceship on Venus" erfährt er wiederum Zensur. Die Verweise auf Hiroshima verschwinden; und die Expedition leitet nun kein Russe, sondern ein Amerikaner. Einige Modelle, wie das Raumschiff "Kosmokrator", sind noch erhalten und im Filmmuseum Potsdam ausgestellt.