Aufforstung: Wie Mangroven Senegals Zukunft sichern sollen

Seite 2: Schutz vor Folgen des Klimawandels

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Wie die Frau wirken auch die knorrigen Pflanzen mit den langen Wurzeln robust. Das sind sie auch in gewisser Weise. Schließlich steht ein Mangrovenwald zweimal am Tag komplett unter Salzwasser. Das überstehen nur wenige der weltweit mehr als 70.000 Baumarten.

Doch dürfen Mangrovenbäume maximal ein Drittel der Zeit geflutet sein. Steigt der Meeresspiegel oder verändert sich die Mischung zwischen Salz- und Süßwasser, weil der Regen ausbleibt, geraten sie in Bedrängnis. Wie alle Pflanzen produzieren sie per Fotosynthese Sauerstoff, müssen für ihr Wachstum aber auch Luft über die Wurzeln aufnehmen. In gut durchlüftetem Boden mit ausreichend Sand ist das kein Problem, in zu dichtem Schlamm schon. Es kann deshalb einiges schiefgehen bei der Aufforstung von Mangroven. Auch können Setzlinge versehentlich niedergetrampelt oder beim Heraufziehen der bunten Fischerboote beschädigt werden.

Mamadou Mbodji ist ein 66-jähriger Umweltaktivist und sieht St.-Louis vom Wasser bedroht. Bisher hat er mithilfe von Spenden die Aufforstung von insgesamt 15 Hektar an verschiedenen Orten in und um St.-Louis organisiert.

(Bild: Martin Egbert)

Kein Wunder also, dass Rama Diop sich freut, die langen Reihen Setzlinge in einem guten Zustand zu sehen. "Wir brauchen die Mangroven – und das immer dringender." Die Folgen von Klimaerwärmung und steigendem Meeresspiegel braucht ihr niemand zu erklären. Die Frau mit den wachen Augen, aus denen sie ihr Gegenüber mal abschätzend, mal herausfordernd mustert, muss nur vor die Tür ihres bescheidenen Hauses treten. Ihr Dorf Bopp Thior liegt auf einer Insel gegenüber von Saint-Louis, der ehemaligen Hauptstadt während der französischen Kolonialzeit.

"Da vorne hat früher mein Onkel gewohnt." Rama Diop zeigt auf das Wasser. Von Häusern keine Spur. Längst haben Fluss und Ozean sie mitgerissen. Das Feld, auf dem Rama Diop Kohl und Tomaten angebaut hat, gibt es zwar noch. Der Boden aber ist versalzen, sodass nichts mehr wächst. So wie der Brunnen, aus dem alle Bewohner ihres Dorfes Trinkwasser geschöpft haben. Sie müssen es jetzt ein Mal pro Woche mit dem Boot aus Saint-Louis holen. "Das ist dann randvoll mit Kanistern beladen."

Ein weitläufiger Blick auf Mangrovenwälder: Allein der Senegal hat in den vergangenen 50 Jahren etwa 40 Prozent seiner Mangroven verloren.

(Bild: Fotos: Martin Egbert)

Mangroven senken nicht den Meeresspiegel. Aber sie halten das Wasser von der Küste ab. Zudem kühlen sie das Mikroklima. Und binden Klimagas. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) klassifiziert sie als eines der kohlenstoffhaltigsten Ökosysteme weltweit. Etwa 1.000 Tonnen kann ein Hektar gesunder Mangrovenwald über Tausende von Jahren speichern – weit mehr als tropische Regenwälder und Moore. Wie alle Pflanzen binden Mangroven beim Wachstum Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Den großen Unterschied macht aber der Boden von Mangrovenwäldern aus. Jede Flut spült Partikel aus dem Meer an, unter ihnen kohlenstoffreiche Teilchen, die sich im Wurzelgeflecht verfangen, absinken und verdichten. Sie bilden einen sauerstoffarmen Untergrund, in dem sich Mikroorganismen wohlfühlen, die Schwefelverbindungen freisetzen, organischen Abfall jedoch nicht abbauen – und so kein Klimagas freisetzen.