CO2 wird Super

Seite 3: Energie an Ort und Stelle umwandeln

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"Wir müssen die Energie dort umwandeln, wo sie entsteht", sagt er. "Es gibt viele industrielle Prozesse, bei denen als Abfallprodukt Synthesegas entsteht, das oft einfach abgefackelt wird." Auf nächtlichen Satellitenbildern haben Forscher der Weltbank etwa 16000 solcher Fackeln entdeckt. Deshalb hat die Organisation eine Initiative gestartet, um diese Energievergeudung bis 2030 einzustellen. Statt klimaschädlichem Kohlendioxid könnte dort wertvoller Treibstoff entstehen.

Dennoch bleibt ein Problem: Selbst der beste Wirkungsgrad dieser Verfahren ist im Vergleich zu Batterien noch gering. "Für die Gesamtbetrachtung muss noch der Wirkungsgrad des Benzinmotors berücksichtigt werden, der bei etwa 35 Prozent liegt", sagt Bruno Burger, Spezialist für Energiedaten am Fraunhofer-Institut in Freiburg. Dann sinke der Gesamtwirkungsgrad auf nur 25 Prozent. "Elektroautos mit Lithiumbatterien erreichen über 80 Prozent." Deshalb werde sich diese Technik auch am Markt etablieren. "Der Verbrennungsmotor sollte nicht mehr als Basis für zukünftige Antriebskonzepte dienen", sagt Burger.

Auch wirtschaftspolitisch sind Akkus derzeit im Vorteil: Großbritannien und Frankreich wollen ab 2040 aus dem Verbrennungsmotor aussteigen, in Norwegen sollen sie sogar schon 2025 von den Straßen verschwinden. China hat die Gebühren für die Zulassung von Fahrzeugen mit Benzinmotoren drastisch erhöht.

In der Diskussion wird allerdings oft vergessen, dass nicht nur Pkw einen klimafreundlichen Antrieb benötigen. Etwa ein Drittel des jährlichen Spritbedarfs verbraucht der Güterverkehr. Und Lkw werden noch lange auf Verbrennungsmotoren angewiesen sein. Hinzu kommen Flugzeuge und Schiffe, auch für private Heizungen fehlen noch massentaugliche Alternativen. Ineratec-Geschäftsführer Böltken wirbt zudem damit, dass synthetischer Treibstoff viel hochwertiger sei als fossiler Diesel. "Er ist aromatenfrei, enthält keinen Schwefel, und bei der Verbrennung entstehen weniger Stickoxide und Feinstaub", erklärt er. Robert Schlögl kann das bestätigen: "Synthetische Kraftstoffe könnten die Abgasbehandlung erheblich vereinfachen."

Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen bleibt den Unternehmen allerdings nicht mehr viel Zeit, um ihre Versprechungen einzulösen. Sie müssen nicht nur schnell beweisen, dass ihre Verfahren im großen Maßstab funktionieren. Sie müssen auch alles daransetzen, den Preis schnell zu senken. Derzeit kostet ein Liter fossil gewonnener Diesel nach Abzug aller Steuern und Abgaben im Großhandel etwa 35 Cent. Selbst wenn er bei politischen Krisen auf 80 Cent oder mehr steigt, bleibt nicht viel Spielraum für die alternativen Methoden.

Jede Kilowattstunde, die die Elektrolyse zur Herstellung von einem Liter Treibstoff verschlingt, kostet bei optimistischen Annahmen vier Cent. Hinzu kommen Kosten für die CO2-Gewinnung und weitere Prozesskosten. Keinem der Anbieter des Kohlendioxid-Recyclings gelingt es derzeit, synthetischen Treibstoff zum Preis der fossilen Variante anzubieten.

Einige haben jedoch einen vielversprechenden Ausweg gefunden. Sie setzen auf eine Mischkalkulation: Sunfire etwa will nicht nur Sprit verkaufen, sondern gleichzeitig auch hochwertige Wachse für die chemische Industrie. Denn deren Preis kann bis zu dreimal höher liegen als der Marktwert des Treibstoffs. Bei der Fischer-Tropsch-Synthese kann dieses Nebenprodukt bis zu 40 Prozent der Produktion ausmachen. Es subventioniert damit die Treibstoffherstellung. So hält Sunfire einen Spritpreis unterhalb von 1,50 Euro pro Liter für machbar. Wenn dann noch der Staat mitmacht und die Abgaben entsprechend senkt, könnte CO2 bald wirklich Super werden.

(bsc)