Coronavirus: Schnelle, günstige und verlässliche Alternative zum PCR-Test

Antigen-Tests sind schnell, PCR-Tests genau. Fraunhofers "Pathogen Analyzer" vereint die Vorteile beider und liefert schon nach 20 bis 40 Minuten ein Ergebnis.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 102 Kommentare lesen
Corona,Antigen,Rapid,Test,And,Masks

(Bild: PhotoSGH / Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Man fühlt sich schlapp, der Hals beginnt zu kratzen. Hat man sich nur erkältet, mit der Grippe infiziert oder sich doch Corona eingefangen? Ein Fraunhofer-Forschungsverbund hat zur Klärung einen Testchip namens "Pathogen Analyzer" entwickelt, der die Schnelligkeit von Antigentests und die Genauigkeit von PCR-Tests vereint und innerhalb einer Stunde verlässliche Ergebnisse liefern soll.

Bisher sind Antigentests der schnellste Weg, um eine Corona-Infektion nachzuweisen. Man kann sie zuhause oder im Bürgertestzentrum gut durchführen. Allerdings reagieren diese Testkits erst auf große Mengen von Virenproteinen, schlagen also nur bei vorangeschrittenen Infektionen an. Zudem sind sie anfälliger für falsch-positive Ergebnisse. PCR-Tests sind dagegen genauer und schlagen früher an, da sie schon kleine Erbgutmengen nachweisen können. Ihr Nachteil wiederum ist, dass sie teurer und langwieriger sind, da es bis zu drei Tage dauern kann, ehe das Ergebnis vorliegt.

Das will der Verbund aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT), dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) sowie dem Fraunhofer Center for Manufacturing Innovation in Boston ändern. Ähnlich wie PCR-Tests vervielfältigt ihr "Pathogen Analyzer", den sie Mitte November auf der Fachmesse Medica vorstellen, für einen Nachweis das in den Proben vorliegende Virenerbgut.

Corona-Pandemie: Neue Varianten - Erkrankung - Impfung

Anders als bei der PCR muss die Probe dafür aber nicht mehrmals hintereinander erhitzt werden und dann wieder abkühlen. Bei dem sogenannten LAMP-Assay wird der Test in einem mobilen Analyseinstrument nur einmal auf 62 Grad Celsius aufgeheizt und auf dieser Temperatur gehalten. Eine Pufferlösung und die hohe Temperatur legen das Erbgut des Virus frei und vervielfältigen die Nukleinsäuren. "Das Ergebnis liegt dann bereits nach 20 bis 40 Minuten vor", sagt Daniel Reibert, Projektmanager und Wissenschaftler am Fraunhofer IPT.

Dafür verbesserten die Forscher eine bereits existierende, bisher aber mit Fehlern behaftete Messmethode. "LAMP ist schon ein paar Jahre bekannt und es gibt schon kommerzielle Infektionstests damit", erklärt Reibert weiter. Mit dem Abbott ID NOW gäbe es auch schon einen schnellen Covid-19-Test mit diesem Verfahren. Allerdings seien LAMP-Assays bisher oft überempfindlich gewesen und hätten zu leicht falsch-positive Ergebnisse geliefert.

"Dieses Problem konnten wir mit einem Multiplexing-Ansatz beheben. Anstatt nur ein oder zwei Tests durchzuführen, wo natürlich ein falsch-positives Signal eine entsprechende Ungenauigkeit mit sich bringt, haben wir pro Probe tausende Punkte, die jeweils als individueller Test fungieren. Und so haben wir dann ein statistisch genaueres Ergebnis", erklärt Reibert.

Das Multiplexing-Verfahren funktioniert im Detail so: Auf der Testkassette, die ähnlich groß ist wie ein Antigen-Schnelltest, werden zahlreiche kleine Hydrogel-Tropfen aufgedruckt. Experten sprechen von Signalpunkten. Auf diesen Punkten wird die Probe aufgebracht, die wie bei bisherigen Tests über einen Nasen-Rachen-Abstrich gewonnen und in eine Pufferlösung übertragen wird. "Jeder Signalpunkt enthält Fängermoleküle, die unter Bestrahlung mit Licht Fluoreszenzstrahlung anderer Wellenlänge abgeben, wenn sie das passende Pathogen gefangen haben“, erläutert Reibert. Das Endergebnis soll später mal direkt an eine Smartphone-App der Testpersonen übermittelt werden.

Der Testchip wird nach dem Aufbringen der Probe in den Analysator gesetzt. Hier wird dieser auf 62 Grad Celsius erwärmt, sodass die Reaktion stattfinden kann.

(Bild: Fraunhofer IPT)

Noch liegen die genauen Sensitivitäts- und Selektivitätswerte für den neuen Test nicht vor, sagt Reibert. Diese Daten geben an, welchen Anteil der Proben der Chip als korrekt positiv und korrekt negativ ermitteln kann. Das werde noch veröffentlicht.

Der Multiplexing-Ansatz erhöht nicht nur die Verlässlichkeit, sondern ermöglicht es auch, bis zu zwölf verschiedene Virenarten gleichzeitig mit einer Probennahme und einem Chip nachzuweisen. "Da wir das System als Baukastensystem entwickelt haben, lässt es sich schnell an neue Pathogene anpassen", sagt Reibert. Bisher haben die Forscher vier Virennachweise implementiert: Für Sars-CoV-2, die Influenzastämme A und B sowie für einen Rhino-, also Erkältungsvirus.

Die Forscher entwickeln bereits die Herstellungsprozesse des Tests mit, denn seine Serienherstellung soll weitaus preisgünstiger als die Kosten von PCR-Tests sein. Die Zielmarke liegt bei nicht mehr als ein Euro. PCR-Tests kosten je nach Anbieter zwischen 40 und 60 Euro. In den Hochzeiten der Pandemie waren es auch schon bis zu 90 Euro, sagt Reibert.

Mobiles Analysegerät. Hier wird der Schnelltest erwärmt und ausgewertet, das Ergebnis wird danach den Probanden per App bereitgestellt.

(Bild: Fraunhofer IPT)

Für die Testkits selbst setzen die Forschenden daher auf das existierende Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Der Druck der einzelnen Probenpunkte kann dann entweder über 3D-Druck oder das etablierte Siebdruckverfahren erfolgen.

Als weiteres Ziel soll der Test auch ohne Analyzer auskommen und komplett über das Smartphone funktionieren: Lichtquelle und Kamera sind im Handy bereits vorhanden, das Heizelement kann im Test selbst integriert werden. Dann, so hoffen die Entwickler, könnte der Test nicht nur in zentralen Orten wie Arztpraxen oder Stadien ausgewertet werden, sondern auch Zuhause eine Vielzahl an Krankheitserregern nachweisen.

(vsz)