Das neue Bild der Erde

Seite 3: Politik und Satellitendaten

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Die Satellitendaten versprechen jedoch nicht nur ökonomische Gewinne. Sie könnten auch als Basis künftiger politischer Richtungsentscheidungen dienen. Das hofft zumindest Juliane Huth vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Geodätin arbeitet am DLR-Standort Oberpfaffenhofen im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum daran, langfristige Veränderungen der Erdoberfläche zu dokumentieren und damit wissenschaftliche Fragen zu beantworten: Wo wächst was und wie viel? Wie schnell dehnen sich die Megacitys in Afrika und Asien aus? Wo verschwinden Urwälder? Welche Regionen sind bedroht, wenn der Meeresspiegel steigt? Huth und ihre Kollegen ziehen dazu unter anderem die Sentinel-Aufnahmen heran.

Interessant sei etwa die Möglichkeit, mittels Satellitendaten zu überprüfen, ob in Naturschutzgebieten die strengen Auflagen bei der Flächennutzung tatsächlich eingehalten werden. Huth und ihre Kollegen fanden so heraus, dass in einem großen Vogelschutzgebiet im Mündungsdelta des Gelben Flusses in China neben legaler auch illegale Ölförderung stattfindet. "Wir konnten aus dem Vergleich mit alten Satellitendaten auch erkennen, dass einige Flächen in dem geschützten Feuchtgebiet gezielt trockengelegt wurden, um darauf Landwirtschaft zu betreiben." Mit diesen bildlichen Beweisen sei es einfacher, Entscheidungsträgern nachvollziehbare Handlungsgrundlagen zu liefern, so Huth.

Inzwischen zieht das Geschäft mit der Erdbeobachtung auch immer mehr Privatunternehmen an. Um gegen die frei verfügbaren Bilder der Raumfahrtbehörden bestehen zu können, liefern sie eine deutlich höhere Auflösung. Die besten Sentinel-Satelliten schaffen maximal zehn Meter pro Pixel. Der private Anbieter DigitalGlobe liegt mit seinem neuesten Satelliten WorldView 4 bei 31 Zentimetern pro Pixel. Genauer geht es mit zivilen Satelliten derzeit nicht – zumindest nicht aus dem All.

Firmen und Forschungsinstitute wollen den Himmel daher auch ein paar Stockwerke tiefer bevölkern. Sie entwickeln Drohnen, die über Monate in der Stratosphäre kreisen und aus Höhen von rund 20 Kilometern Bilder liefern können. Die größten Fortschritte haben in jüngster Zeit Airbus, die China Aerospace Science and Technology Corporation und das DLR gemacht. Anfang Mai trat das DLR-Solarflugzeug Elektra-2 seinen Jungfernflug nahe dem Lac de Neuchâtel in der Schweiz an. "Mit dem Erstflug haben wir einen wichtigen Schritt hin zur Anwendung von Höhenplattformen für Datenübertragung und Fernerkundung absolviert", sagt Mitentwickler Konstantin Kondak.

Wie steinig der Weg zum funktionierenden System allerdings noch werden könnte, zeigen die Erfahrungen des US-Konzerns Facebook. Dessen Drohne Aquila stürzte 2016 bei einem Testflug ab, woraufhin das Unternehmen sein Drohnenprogramm für mehrere Monate aussetzte, weil die US-Behörde für Transportsicherheit wegen der Schwere des Unfalls ermittelte.

Das wird die Konkurrenz aber wahrscheinlich nicht schrecken. Zu verlockend sind die Gewinne und zu spannend der neue Blick auf unseren Planeten, den das allgegenwärtige Messinstrumentarium zu liefern verspricht. (bsc)