Die Erben des Space Shuttle

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Neben SpaceX und Orbital Sciences buhlen noch zahlreiche weitere Anbieter um Aufträge und Fördergelder der Nasa:

* Die Firma Sierra Nevada erhielt 20 Millionen Dollar von der Nasa, um die Mini-Raumfähre "Dream Chaser" weiterzuentwickeln. Ähnlich wie ein Space Shuttle kann sie zur Erde zurückgleiten und ist vollständig wiederverwendbar, allerdings startet sie – anders als das Space Shuttle – auf einer Raketenspitze, was sicherer sein soll. Ein Zeitpunkt für den Test eines Prototyps steht noch nicht fest.

* Das Unternehmen Blue Origin des Amazon-Gründers Jeff Bezos bekam 3,7 Millionen Dollar, um unter anderem Strukturtests von Raumkapseln aus Verbundwerkstoffen vorzunehmen. Blue Origin entwickelt derzeit eigenfinanziert unter weitgehender Geheimhaltung ein Raumschiff namens "New Shepard". Es soll nicht nur vertikal starten, sondern auch ebenso landen können – es setzt also seine Triebwerke bei der Landung als Bremse ein. Weitere Auskünfte über Zeitplan und technische Details erteilt die Firma nicht.

* Der Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern Boeing wurde mit 18 Millionen Dollar gefördert, um das Konzept für eine Sieben-Personen-Raumkapsel zu entwerfen und ausgewählte Komponenten wie Flugleit- und Landesystem zu testen.

Ob private Versorgungsflüge allerdings tatsächlich so effizient und kostengünstig sein werden, wie ihre Entwickler versprechen und die Nasa hofft, ist fraglich. Immer wieder mussten die Privaten in den letzten Jahren ihre Zeitpläne nach hinten verschieben, immer wieder kam es bei Tests zu Misserfolgen und Unfällen. Bestes Beispiel: das SpaceShipTwo der Firma Virgin Galactic. Das anglo-amerikanische Unternehmen wollte mit dem achtsitzigen Raketenflugzeug bereits letztes Jahr suborbitale Abenteuerflüge für Touristen anbieten – Raumfahrt light mit einigen Minuten Schwerelosigkeit in etwa 100 Kilometern Höhe. Doch technische Probleme und Unfälle verzögern den Start des SpaceShipTwo immer wieder. So kam es im Juli 2007 während eines Treibstofftests zu einer Explosion, drei Arbeiter starben.

An den großen Risiken und der ungeheuren Komplexität von Raumfahrt können offenbar auch die Privaten wenig ändern – schließlich müssen auch sie sich an die strengen Sicherheitsanforderungen der Nasa und der US-Luftfahrtbehörde FAA halten. Deshalb erwartet kaum ein Experte, dass die Transportkosten ins All durch Neuentwicklungen von Privatfirmen spürbar sinken. "Gerade menschlicher Transport ins All wird niemals billiger werden", sagt Jesco von Puttkamer. "Das ist das erste Grundgesetz der Raumfahrt, da darf man sich nichts vormachen lassen." Wenn etwa SpaceX auf seiner Webseite verkündet, dass man die Transportkosten ins All auf lange Sicht um den Faktor zehn senken wolle, kann von Puttkamer nur den Kopf schütteln: "Mit zunehmendem Sicherheitsbewusstsein für die Besatzungen werden die Kosten sogar noch steigen."

Angesichts der finanziellen und technischen Hürden, vor denen private Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Raumfahrt-Infrastruktur stehen, will sich die Nasa nicht völlig aus dem Transportgeschäft zurückziehen. Von den sechs Extra-Milliarden im Budget sind 3,1 Milliarden für die Entwicklung einer eigenen Schwerlastrakete vorgesehen. Sie soll 120 bis 150 Tonnen in die Umlaufbahn bringen können, aber auch Astronauten und Ausrüstung zu Asteroiden oder zum Mars – und dabei deutlich einfacher konstruiert sein als die geplante Ares V. Das 115-Meter-Monstrum hätte beispielsweise neben seinen sechs Flüssigtreibstoff-Haupttriebwerken in der Startstufe der Rakete noch sechs seitlich montierte Hilfsraketen mit Festtreibstoff gehabt. Mit einem "Maserati" verglich die Nasa-Managerin Cris Guidi die Ares V kürzlich, als sie über die Entwicklungskosten der Superrakete sprach. "Unser neues Ziel heißt Bezahlbarkeit", so Guidi. "Vielleicht tut es ja auch ein Toyota."

Eine endgültige Entscheidung über den Bau eines solchen Vehikels soll 2015 fallen. Bis dahin will die Nasa erst einmal ein neues Standardtriebwerk für Schwerlastraketen entwickeln. Ingenieure favorisieren derzeit einen Raketenmotor, der mit Flüssigsauerstoff und Kerosin arbeitet und an das russische Triebwerk RD-170 angelehnt ist, das schubstärkste der Welt. Außerdem sollen Wissenschaftler und Ingenieure neue chemische Treibstoffe und neue Antriebssysteme, etwa nukleare, elektrische oder magnetoplasmatische, erforschen.