Digitalisierung an Schulen: Einsatz von Chromebooks im Bildungsbereich

Schulen sind ein lukrativer Markt für Anbieter von Hard- und Software. Doch die Kritik an Google wirkt sich auch auf den Einsatz von Chromebooks in Schulen aus.

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(Bild: Andreas Martini)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Dorothee Wiegand
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Für Chromebooks, die in der Schule eingesetzt werden sollen, gibt es das "Chrome Education Upgrade", das Verwaltungsfunktionen nachrüstet. Es kostet einmalig rund 40 Euro pro verwaltetem Gerät. Zum Lehren und Lernen mit Chromebooks hat Google ein Paket mit Apps wie Gmail, Meet, Docs und Drive im Angebot, den sogenannten "Workspace for Education" (bis Ende 2020 "G Suite for Education").

Bevor eine Schule ihren Schülern und Lehrern das App-Paket zur Verfügung stellen kann, muss sie von Google als Bildungseinrichtung anerkannt sein. Aktuell gibt es vier Versionen, von denen die kleinste ("Education Fundamentals") kostenlos genutzt werden darf.

Insgesamt unterscheidet sich das für Schulen geschnürte Pakete nicht sehr von denen, die Google – ebenfalls unter der Bezeichnung Workspace – für Unternehmen anbietet. Allerdings umfasst das Schüler-Paket eine speziell für den Unterricht gedachte Anwendung, an der sich in Deutschland die Geister scheiden: das Lernmanagementsystem Google Classroom. Damit können Lehrer Aufgaben an Schüler verteilen sowie deren Arbeitsergebnisse wieder einsammeln und benoten. Das System hilft, differenziertes Feedback an Schüler zu senden und Noten zu verwalten, setzt aber die Anmeldung mit einem Google-Konto voraus.

Das britische Marktforschungsunternehmen Futuresource Consulting erhebt regelmäßig Zahlen zu Mobilgeräten und den darauf installierten Betriebssystemen. Die oben dargestellten Daten beziehen sich auf Notebooks, Chromebooks, Netbooks, Netbooks und Tablets, die jeweils im 1. Quartal 2020 und 2021 für Bildungseinrichtungen ("K-12" / Primar- und Sekundarstufe) beschafft wurden.

(Bild: Futuresource Consulting)

Der Händler co.Tec mit Sitz im bayerischen Rosenheim ist auf Software für den Bildungsbereich spezialisiert. Das mittelständische Unternehmen beliefert Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auch mit Hardware, wie Notebooks, Webcams und Headsets. Horst Zaspel ist bei co.Tec für den Hardwarevertrieb zuständig. Die Schulen seien grundsätzlich an Chromebooks interessiert, sagt Zaspel, allerdings gäbe es auch viel Skepsis gegenüber Google als Softwareanbieter.

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Zaspel, der von sich selbst sagt, er sei "kein Google-Jünger", sieht beim Einsatz von Chromebooks viele Vorteile für die Schulen: "Die Verwaltung der Rechner ist super einfach. Man kann ganz leicht drei-, vier-, fünfhundert Geräte administrieren." Für Schüler kämen typischerweise 11-Zoll-Geräte infrage. Bereits auf günstigen Modellen liefe Chrome OS "wirklich performant". Dass zwei Versionen des Betriebssystems auf den Rechnern installiert sind, bedeute echte Ausfallsicherheit. Ein weiteres Plus seien die geringen Softwarekosten.

Diese Einschätzung teilt Michael Pöppl, Lehrer an der Realschule Arnstorf in Bayern weitgehend. "Wir arbeiten an unserer Schule schon lange mit der Google-Infrastruktur", berichtet Pöppl. Als Google 2019 Schulen für Projekte suchte, bewarben sich die Arnstorfer. "Interessierte Lehrkräfte haben sich unter anderem mit Google Classroom intensiver befasst", berichtet Pöppl.

Als Projektpartner erhielt die Schule 30 Chromebooks von Acer und einen Gerätewagen zur Leihe. Die Geräte liefen sehr stabil und seien extrem schnell startklar, berichtet der Lehrer. Allerdings arbeiten die Realschüler auch mit Microsoft-Produkten wie Word oder mit Bildbearbeitungssoftware. "Die lädt so ein Chromebook immer wieder neu, das dauert ewig." Der Akku der Chromebooks halte den ganzen Vormittag durch, berichtet Pöppl. "Nach der 6. Stunde müssen die Rechner dann geladen werden. Wenn ein Kollege das vergisst, dann gibt es am nächsten Morgen Probleme." Zum Laden wandern die Rechner in den Transportwagen, der nicht immer ganz einfach zu rangieren sei: "Wenn auf dem Weg Stufen oder Schwellen sind, dann haben einige Kollegen manchmal Probleme."

Auf dem Bildungsmarkt in Deutschland engagiert sich Google erst seit 2020 – die großzügigen Bundesmittel des Digitalpakts mögen den Ausschlag gegeben haben. Aktuell spielt der Schüler-Workspace dabei keine große Rolle. Das Unternehmen wirbt zusammen mit Hardwareherstellern wie Acer und Lenovo für Chromebooks im Klassenzimmer – betont dabei jedoch, dass die Geräte auch ohne die Google-Apps nutzbar sind. Das Zauberwort heißt "Managed Guest Sessions": In diesem Modus melden sich die Schüler nicht mit einem Google-Konto, sondern im jeweils von der Schule eingesetzten Lernmanagementsystem an. So werden keine personenbezogenen Daten an Google gesendet. Wenn die Gastsitzung endet, wird der Schüler automatisch abgemeldet, lokal gespeicherte Benutzerdaten werden vom Gerät gelöscht.

Wie viele Chromebooks an deutschen Schulen genutzt werden, dazu kann Guido Rost, Head of Education DACH bei Google, keine Angaben machen. Weltweit seien mehr als 40 Millionen Chromebooks im Schulumfeld im Einsatz, mehr als 170 Millionen Personen setzten Workspace for Education ein, rund 150 Millionen davon auch Google Classroom. Die Zahlen zeigen im Übrigen auch: Von einer 1-zu-1-Versorgung mit Endgeräten sind Schulen noch weit entfernt. "Die gibt es vorrangig im Privatschulbereich", so Rost.

"Was wir in Deutschland sehen ist, dass die Kultusministerien der Länder beim Lernmanagementsystem großen Wert auf ihre jeweilige Landeslösung legen", erklärt Rost. "Wir bieten mit Classroom ein sehr gutes Lernmanagementsystem an, aber wir sind nicht die einzigen Anbieter, das ist uns bewusst." In einer verwalteten Gastsitzung könnten sich Schüler bei einem beliebigen Lernmanagementsystem anmelden, etwa bei Moodle oder der HPI Schulcloud, dem nordrhein-westfälischen Logineo, dem bayerischen mebis oder kommerziellen Systemen wie IServ oder ITSLearning.

Während sich deutsche Kultusministerien offenbar zurückhaltend gegenüber Googles Schulangeboten verhalten, haben Österreich und die Schweiz Rahmenverträge abgeschlossen, die allen Schulen des Landes eine rechtssichere Nutzung des Angebots ermöglicht. Mit Blick auf die deutschen Schulen verweist Google auf die Stellungnahme einer Anwaltskanzlei, die im Auftrag des Unternehmens den Einsatz von Chromebooks und Googles Schul-Apps bewertet hat; demnach ist eine DSGVO-konforme Nutzung in Schulen möglich.

In der Schweiz gibt es ebenso wie in Österreich einen landesweiten Rahmenvertrag, der den Einsatz von Googles Workspace for Education für alle Schulen regelt.

(Bild: zebis - Portal für Lehrpersonen, Luzern)

In den USA ist Chrome OS in den Schulen längst das vorherrschende Betriebssystem. Dabei war der Start an US-amerikanischen Hochschulen holprig: Die Ausspielung von Werbung war anfangs optional möglich, während der Inhalt der E-Mails von Studenten ebenso wie bei allen anderen Gmail-Nutzern automatisch gescannt wurde. Als Kritik daran laut wurde, hatte Google anfangs angegeben, dass es technisch gar nicht möglich sei, das Scannen zu unterbinden und argumentiert, dass jeder Gmail-Nutzer bei der Einrichtung seines Kontos ja dem Scannen von E-Mail-Inhalten zustimme. Zudem dienten die Scan-Ergebnisse nicht nur zur Auswahl von Werbeinhalten, sondern auch dazu, Funktionen wie die Rechtschreibhilfe oder den Virus- und Spamschutz zu optimieren.

Nach einer Klage gegen Google kam es 2014 in Kalifornien zum Prozess. Der Hauptvorwurf lautete, dass die für Bildungseinrichtungen kostenlos angebotenen Apps gegen den "Family Educational Rights and Privacy Act" verstießen. Das Unternehmen reagierte schließlich deutlich und schaltete alle Funktionen für Werbung sowie das Scannen von Mails ab.

Inzwischen sind die Edu-Apps von Google an vielen US-amerikanischen Schulen ein fester Bestandteil des Unterrichts. Lehrer tauschen in "Google Educators Groups" und auf einer jährlichen Konferenz namens "Googlepalooza" Erfahrungen aus. Webanwendungen anderer Anbieter zum Lehren und Lernen (wie zum Beispiel Pear Deck (Test) oder Mathigon (Test)) docken an die Classroom-Schülerverwaltung an.

(dwi)