EU-Wahl 2024: Digitalisierung im neuen Parlament
Deutschland und Europa haben gewählt. Mit diesen digitalen Themen ziehen die Parteien für Deutschland ins EU-Parlament.
Deutschland belegt im neu gewählten EU-Parlament 96 von 751 Sitzen; vertreten sind 14 deutsche Parteien. Heise online hat sich in Hinblick auf die Digitalpolitik die Programme der neun am stärksten vertretenen Parteien angesehen, die mindestens drei Sitze erhalten haben. Parteiübergreifend steht die Forderung im Fokus, Europa durch Eigenproduktion unabhängiger von außereuropäischer Hard- und Software zu machen. Auch die Förderung von Open-Source-Software haben sich mehrere Parteien auf den Zettel geschrieben. Nach wie vor ist das Thema Mobilfunk-Netzabdeckung ein Dauerbrenner. Differenzen gibt es vor allem bei den Themen Datenschutz und Datennutzung.
CDU/CSU (29 Sitze, bisher EVP – Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten))
Die CDU/CSU legt laut Wahlprogramm einen Schwerpunkt darauf, Forschung und Innovation in Europa zu stärken, um eine Vorreiterrolle bei Schlüsseltechnologien einzunehmen. So reduziere die EU Abhängigkeiten. Die CDU möchte etwa die Chip- und Batteriezellen-Herstellung in Europa und Deutschland fördern. Die Christdemokraten sehen Europas Zukunft außerdem als "Zentrum für eine auf unseren ethischen Grundsätzen basierende Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) und digitaler Innovation", die die Menschen in den Mittelpunkt stelle. Es sei wichtig, auch die Risiken von KI zu beherrschen, ohne die Tools zu überregulieren und dadurch Vorteile zu verpassen.
DSGVO ĂĽberarbeiten
Ebenso fordert die Partei ein modernes Wettbewerbsrecht und eine verbesserte digitale Infrastruktur – etwa eine europäische Cloud oder Speicher- und Rechenkapazitäten. Auch die mobile Netzabdeckung ist bei der Union Thema: Sie will einen flächendeckenden Zugang zu den neuesten Mobilfunkstandards.
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Die europäische Digitalwirtschaft sieht die CDU in einer Vorreiterrolle, die "technologische und rechtliche Standards setzen" soll. Die Partei setze dabei auf so wenig Regulierung wie möglich, aber so viel wie nötig. "Das Internet machen wir zu einem sichereren, transparenteren und faireren Marktplatz." Gleichzeitig solle der Datenschutz innovationsfreundlicher und einfacher sowie in der ganzen EU gleich angewandt werden. Es brauche eine Überarbeitung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Auch das Teilen von Daten solle erleichtert werden.
AfD (15 Sitze, bisher NI – Fraktionslos)
Die AfD lehnt die Digitalisierungsverordnungen der EU ab und fordert, DSGVO, die Verordnung zum Leistungsschutzrecht und Upload-Filter abzuschaffen. Zudem fordert die Partei, dass die EU unabhängiger von außereuropäischer Hard- und Software wird. Stattdessen will sie die europäischen IT-Kompetenzen stärken sowie quelloffene Hard- und Software aus Europa.
Die AfD legt ihren Schwerpunkt auf die Freiheitsrechte der Bevölkerung. Die Politiker fordern ein Recht auf Verschlüsselung und Netzneutralität. Außerdem lehnten sie "einen 'Datenkraken EU' ab" (sic). Die Regulierung der Digitalisierung sähe die AFD lieber in nationaler Hand – genau wie den Datenschutz. Zugleich legt sie einen Fokus auf analoge Möglichkeiten: Das Bargeld solle erhalten bleiben. Zudem fordert sie das Recht auf ein analoges Leben der Bürgerinnen und Bürger. Die Regulierungen der EU behinderten nicht nur Neugründungen von Unternehmen und die Entwicklung neuer digitaler Techniken. Die AfD sieht diese Regularien auch als Zensur- und Überwachungsmaßnahme. Entsprechend fordert sie eine "Offenlegung und Einstellung aller Zensur-Aktivitäten" durch Plattformanbieter.
SPD (14 Sitze, bisher S&D – Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament)
Die SPD lobt die bisherigen Ergebnisse der europäischen Digitalpolitik, etwa den Digital Services Act (DSA). Europa müsse allerdings fortschrittlich bleiben und unabhängiger und krisensicherer werden. Rechenzentren und die Herstellung digitaler Schlüsseltechnologien und Netzwerktechnologien will die Partei stärker fördern. Chancen und Risiken bräuchten gleichermaßen Beachtung. Der SPD sei wichtig, auch digitale Grundrechte, etwa Datenschutz, den Schutz der Privatsphäre sowie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, zu wahren. Dafür müssten Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte informiert sein.
Gerade die vertrauliche Kommunikation sei "Voraussetzung für die Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten und unsere Demokratie". Die Partei lehne Massenüberwachung ab, so auch Maßnahmen zur Chatkontrolle, obwohl die Poltik der Innenministerin Nancy Faeser gegenteilig wirken könnte. Bürgerinnen und Bürger müssten die Kontrolle über ihre Daten haben.
Open Knowledge Act soll Zugang zu Wissen sichern
In der DSGVO sieht die SPD Überarbeitungsbedarf, um etwa Einzelpersonen, Vereine oder kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bürokratisch zu entlasten. Zugleich müsste die Regulierung digitaler Plattformen evaluiert und ggf. verbessert werden. Digital Services Act (DSA), Digital Markets Act (DMA) und AI-Act sollen transparent, lösungsorientiert und einheitlich umgesetzt werden. Weiter will sie europaweite, nicht kommerzielle und dezentral organisierte Kommunikations- und Handelsplattformen fördern. Die SPD fordert zudem einen Open Knowledge Act, um den Zugang zu Wissen aller Art zu erleichtern – etwa zu Forschungsergebnissen.
Auch die Sozialdemokraten fürchten Cyberangriffe, die erhebliche Auswirkungen auf Infrastrukturen haben könnten. Daher müsse die EU unabhängiger werden und digitale Technologien selbst entwickeln, produzieren und anwenden. Als Beispiele nennt die SPD Künstliche Intelligenz und digitale Plattformen, die eine größere Bedeutung in der Infrastruktur und Daseinsvorsorge bekämen. Die Partei will zudem in öffentlichen Auftragsvergaben Unternehmen bevorzugen, die "unsere Grundrechte achten und nicht ausbeuten". In diesem Zuge nennt die SPD auch ihre Forderung, Open Source zu fördern.
Fachkräfte an Europa binden
Bei Künstlicher Intelligenz legt die SPD einen Fokus auf eine wertetreue Entwicklung. Da KI etwa in der öffentlichen Verwaltung Einzug finden werde, brauche es Modelle, die nach europäischem Maßstab entwickelt worden und allgemein zugänglich seien, um Abhängigkeiten zu vermeiden. So will die Partei globale Standards setzen. "Eine gebündelte europäische Spitzenforschung im Bereich KI" sieht die SPD als Möglichkeit, Fachkräfte an Europa zu binden. Es brauche unabhängige Datenschutzbehörden, Folgeabschätzungen sowie Transparenz- und Kennzeichnungspflichten innerhalb der EU, vor allem für KI-Basismodelle. KMU müssten beim KI-Einsatz unterstützt und Open-Source-Ansätze auch bei KI gefördert werden.
Die SPD mache sich zudem für ein offenes und freies Internet stark. Die Netzneutralität gelte auch für den Ausbau von Infrastrukturen. Schnelles Internet müsse für alle erschwinglich sein.