Elektroautos: Die Last des Ladens

Seite 2: Wie viel kostet der Auto-Strom?

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Nachdem es einige Jahre lang Lockangebote gab, kommen die Betreiber von Ladesäulen nun langsam mit den Tarifen, mit denen sie ökonomisch leben können. Diese Preise liegen bei Gelegenheitsladern meist über dem Haushaltsstromtarif von rund 30 Cent/Kilowattstunde (ct/kWh). Am besten haben es ADAC-Kunden, die ohne Grundgebühr für 29 Cent (Wechselstrom, niedrige Ladeleistung von typischerweise 7,4 bis 11 kW) beziehungsweise 39 Cent (Gleichstrom, hohe Ladeleistungen ab 50 kW aufwärts) laden können. Ab November 2020 gibt es jedoch auch dort eine Blockiergebühr nach vier Stunden Ladezeit in Höhe von 9,75 Cent pro Minute bis maximal 11,70 Euro.

Denselben Tarif zuzüglich fünf Euro Grundgebühr bietet der ADAC-Partner EnBW mit dem Angebot „mobility+“. In beiden Varianten kann der Kunde über 100000 Ladepunkte in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien und den Niederlanden benutzen. Die Preisunterschiede der Roaming-Partner existieren dabei für den Kunden nicht, er zahlt überall seinen gebuchten Tarif.

Fair sind auch die 33 ct/kWh von Tesla. Seine Ladeinfrastruktur ist jedoch proprietär. Wenn andere Hersteller diesem Beispiel folgen würden (wie es über Audi getuschelt wird), wären die Fragmentierung und der Flächenbedarf verheerend.

Anzahl der Ladesäulen pro Landkreis.

(Bild: Bundesnetzagentur)

Abseits solcher Positivbeispiele gibt es viele suboptimale Preisgestaltungen. Deshalb kann das Laden überraschend teuer werden. Bei Maingau Energie etwa zahlen Kunden in individuellen Tarifen bis zu 99 Cent am langsamen AC-Lader. Beim von der deutschen Autoindustrie an den Start gebrachten Ionity-Schnellladenetz kostet die kWh ohne Vertrag 79 Cent. Für 20 Euro Monatsgebühr gibt es beim Anbieter PlugSurfing zwar eine „Flatrate“ mit konstant 34 ct/kWh selbst für Ionity-Schnelllader. Doch die PR-Wirkung von 79 oder 99 ct/kWh könnte kaum schlechter sein – bei den Preisen fährt es sich mit einem Diesel wesentlich günstiger.

Zu den hohen Preisen kommen unübersichtliche Preismodelle: Volkswagen hat mit dem ID.3 einen Ladedienst namens WeCharge vorgestellt, dessen umständlich-umfangreiche Preistabelle voller „individueller Preisgestaltung“ für Ärger sorgte. Bei PlugSurfing muss der Gelegenheitskunde ohne Vertrag raten, was das Laden kosten wird, denn der Preis berechnet sich mal nach Kilowattstunde, mal nach Zeit, je nach Ladesäulenbetreiber. Gesalzen kann die Rechnung beispielsweise dann werden, wenn der Anbieter nach Zeit abrechnet und der Autohersteller eine riesige Batterie mit einem langsamen Lader verbindet (eine weitverbreitete Kombination).

Klarere Vorgaben vom Gesetzgeber wären also hilfreich. Die Bundesregierung hat das Problem immerhin erkannt. „Trotz Fördervorgaben und Mindeststandards der Ladesäulenverordnung sind Kunden mit Insellösungen, hoher Unzuverlässigkeit, uneinheitlichen Informationen und zahlreichen unterschiedlichen Nutzerschnittstellen konfrontiert“, klagt sie. Deshalb fördert sie seit jeher nur Ladepunkte, an denen alle standardkonformen Fahrzeuge laden können. Zudem geht sie über die klassische Bezuschussung von Ladestationen hinaus. Verkehrsminister Andreas Scheuer hat die Now GmbH (Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie) zur „Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur“ ernannt und mit Budget ausgestattet. In einem ersten Schritt finanziert sie 1000 Schnellladeparks.

Die Standorte werden in größeren Losen vergeben, in denen auch weniger lukra-tive, für den Verkehrsfluss jedoch dringend nötige Standorte gebündelt werden. Der Staat übernimmt dabei die Anschubfinanzierung. Die Ausschreibung beginnt voraussichtlich Ende 2020. Ob der Staat besser plant als der (staatlich subventionierte) Markt, wird die Zeit zeigen.

Um die hohen Preise zu senken, könnte man den Fahrstrom zusätzlich von bestimmten Umlagen befreien. Allein die EEG-Umlage macht 20 Prozent des Strompreises aus. Zu solchen Nachlässen gibt es bisher allerdings keinerlei Bereitschaftssignale von Staatsseite. Überhaupt sehen selbst Juristen die barock überbordende Menge detailliertester, undurchsichtiger Gesetze als einen Haupthemmschuh beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Stattdessen macht die Bundesregierung fossile Treibstoffe durch CO2-Bepreisung teurer – bei Diesel entspricht das netto 7 (2021) bis 14 (2025) Cent pro Liter. Auto fahren wird also insgesamt kostspieliger.