Elektromotorrad: Kraftakt Saroléa Manx SP7
Ein Bike von Grund auf zu konstruieren und dann noch zu vermarkten, ist schon ein Riesenprojekt. Bei der Manx7 wuchs es sich wegen Covid-19 zum Kraftakt aus.
- Ingo Gach
Neue Marken, die sich auf den Bau von Elektromotorrädern spezialisiert haben, gibt es inzwischen haufenweise, hinter den meisten steckt wenig Substanz. Ganz anders sieht das bei Saroléa aus. Die belgische Marke zählt zu den Pionieren des Motorradbaus, bereits 1901 brachte sie ein 247-cm3-Motorrad auf den Markt, ein Jahr später gewann sie ihr erstes nationales Rennen.
In den 1920er Jahren gehörte Saroléa zu den größten europäischen Herstellern, doch wie bei so vielen Marken ging es durch den Siegeszug der japanischen Motorradproduzenten für Saroléa in den späten 1960er-Jahren bergab, 1973 kam die Insolvenz.
Lange Beziehung zur Marke Saroléa
2010 wiederbelebten die Zwillinge Torsten und Bjorn Robbens die ehrwürdige Marke Saroléa, setzten jedoch nicht auf Verbrenner-, sondern auf Elektroantrieb. Dass die beiden Belgier für ihr Projekt ausgerechnet die Rechte am Markennamen Saroléa erwarben, war kein Zufall, denn ihr Großonkel war in den 1950er-Jahren dort Werksfahrer gewesen und hatte zahlreiche Motocross-Titel geholt.
Die Brüder bezogen eine Produktionsstätte in der Nähe von Gent und begaben sich mit Enthusiasmus an die Arbeit. Sie legen Wert darauf, so ziemlich alles selber zu entwickeln, inklusive des Elektromotors – schon das unterscheidet sie von den meisten Konkurrenten. Dabei kann Torsten Robbens auf seinen eindrucksvollen Background zurückgreifen, als Ingenieur arbeitete er bereits für das Formel 1-Team von McLaren und die World-Endurance-Teams von Porsche und Audi. Außerdem war er für Raumfahrtunternehmen wie Solar Orbiter tätig.
Getestet im Rennsport
So verwundert es nicht, dass die Robbens ihre Entwicklung im Rennsport testen wollten. Nach knapp vier Jahren war der Prototyp SP7 schließlich soweit und das Team nahm 2014 an der berühmt-berüchtigten TT Isle of Man in der Elektromotorrad-Klasse TT Zero teil. Kurioserweise wählten die Robbens einen Retro-Look für ihr Hightech-Motorrad. Die SP7 bestand zum Großteil aus Kohlefaserlaminat, um das Gewicht zu drücken.
Saroléa Manx7 (7 Bilder)
Das Problem dort ist, dass die Batterie eine Strecke von rund 61 Kilometer bei sehr hoher Geschwindigkeit durchhalten muss und entsprechend schwer ausfällt. Dennoch erreichte die Saroléa SP7 mit Robert Wilson im Sattel schon bei ihrem Debut gegen die etablierte Konkurrenz einen beachtlichen vierten Platz mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 150 km/h. Bei der TT im nächsten Jahr steigerte sie sich auf 171 km/h, wobei ihre Höchstgeschwindigkeit über 300 km/h betrug.
Top-Fahrer im Sattel
Für die TT 2016 konnte Saroléa sogar die beiden Top-Fahrer Dean Harrison und Lee Johnston für die SP7 begeistern. Im Training und Qualifying lief alles sehr vielversprechend, doch kurz vor dem Start des Rennens gab es technische Probleme und das Team entschloss sich aus Sicherheitsgründen nicht zu starten. Der Rückzug belastete Saroléa natürlich schwer, aber im nächsten Jahr trat Dean Harrison mit einer gründlich überarbeiteten SP7 erneut an und holte den vierten Platz mit 174 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit.
Kurz danach fasste Dorna Sports (Veranstalter der Motorrad-WM inklusive World Cup für Elektromotorräder „MotoE World Cup”) die Saroléa SP7 ins Auge als Kandidat für das Einheitsmotorrad des geplanten MotoE World Cup. Kein geringerer als der Ex-Weltmeister Loris Capirossi testete die SP7 in Aragon, allerdings ging der Zuschlag letztendlich an die Elektromotorradmarke Energica.