Gebäudeintegrierte Photovoltaik: Viel Potenzial, aber Henne-Ei-Problem

Solarzellen in Dachpfannen und in Fassaden erschließen neue Flächen für die Photovoltaik. Dazu müssen sie allerdings noch wirtschaftlicher werden.

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Photovoltaik am Weserstadion

Photovoltaik am Bremer Weserstadion

(Bild: heise online / anw)

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Will Deutschland seine Klimaziele erreichen, muss es bis 2050 mehr als 200 Gigawatt an PV-Leistung allein auf Gebäuden zubauen. Das entspricht rund 19 Quadratmetern pro Haus, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) errechnet. Neben klassischen Dachmodulen gewinnt dabei auch die "gebäudeintegrierte Photovoltaik" wie Solar-Dachziegel und Fassaden-Module eine zunehmende Bedeutung, wie das Magazin MIT Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 7/2023 berichtet.

Solarziegel fügen sich nahtlos in die bestehende Architektur ein und erhöhen dadurch die Akzeptanz. Sie kommen auch für denkmalgeschützte Häuser infrage. Zudem können sie verwinkelte Flächen besser ausnutzen. Bisher werden sie vor allem mit dem Namen Tesla verbunden, doch dessen Ziegel sind in Europa noch nicht auf dem Markt. Deutsche Mittelständler wie Autarq, Nelskamp oder Solteq haben hingegen schon mehrere tausend Dächer mit Solarziegeln versehen.

Wegen der aufwendigeren Verkabelung und Installation sind Solarziegel allerdings teurer als klassische Module. Wenn man ein Dach ohnehin neu eindecken muss, spart man sich mit Solarziegeln zwar die Kosten für die herkömmlichen Dachpfannen. Und verbindet man das Ganze mit einer energetischen Sanierung des Dachs, gibt es dafür auch Zuschüsse. Trotzdem seien Dächer mit Solarziegeln derzeit "eher Liebhaberprojekte", sagt Martin Heinrich, Gruppenleiter für Einkapselung und Integration am ISE. Weitere Kostensenkungen könnten größere Stückzahlen bringen. "Aber das ist ein Henne-Ei-Problem: Die Modul-Hersteller bräuchten Sicherheit, dass auch wirklich genug abgenommen wird. Da könnte eine staatliche Anschub-Förderung helfen."Solteq hat auch ein Konzept zur gleichzeitigen Wärmenutzung im Angebot: Die Schindeln haben kleine Lüftungsschlitze und Luftkanäle, über die Luft einströmen kann. Über ein Rohr am First wird die erwärmte Luft abgesaugt, was die Zellen kühlt und ihren Wirkungsgrad erhöht. Im Winter kann die warme Luft über einen Wärmetauscher eine Wärmepumpe speisen. Solteq verspricht einen um bis zu 36 Prozent höheren Ertrag gegenüber konventioneller Photovoltaik. Ein weiterer Vorteil: In Verbindung mit einer Wärmepumpe wird das Solardach staatlich gefördert.

Dieser Text stammt aus MIT Technology Review 7/2023

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Bei Solarfassaden ist der Hebel, zusätzliche Solarflächen zu erschließen, noch höher. Der Grund ist schlichte Geometrie: Je höher ein Gebäude, desto mehr Fläche haben die Fassaden im Verhältnis zum Dach. "Gebäudefassaden bieten rund doppelt so viel potenzielle Fläche für Photovoltaik-Module wie Dächer", hat die ISE-Studie ermittelt.

Allerdings sind auch sie nicht so wirtschaftlich wie konventionelle Dachanlagen. Dass die Fassadenmodule meist nicht im idealen Winkel zu Sonne stehen, ist dabei noch das geringere Problem. Im Schnitt liefern sie bei Südausrichtung rund 75 Prozent des Stroms einer optimal ausgerichteten Dachanlage. Bei Ost- oder Westausrichtung sind es rund 55 Prozent. Aber dafür produzieren sie in diesem Fall auch über den ganzen Tag verteilt gleichmäßig Strom. Für den lukrativen Eigenverbrauch ist das meist wichtiger als die Spitzenleistung.

Das eigentliche Problem bei Fassadenmodulen seien aber – ähnlich wie bei den Solarziegeln – ihre "vergleichsweise hohen Investitionskosten", so die ISE-Studie. Diese seien "unter anderem bedingt durch eine fehlende industrialisierte Bauweise, dem damit verbundenen hohen Montageaufwand und den aufwendigen Zulassungsverfahren". Abhilfe könne eine "hochautomatisierte, flexible Produktion von kundenspezifischen Modulen" schaffen. Dies eröffne zudem "enorme neue Möglichkeiten für kleinere, lokale Produktionsanlagen in Europa", weil die Nähe zum Endkunden entscheidend sei.

(grh)