Hallo, Junior

Auch in diesem Jahr fährt das Roboterauto-Team der Stanford University Volkswagen: "Junior", ein VW Passat, soll bei der "DARPA Urban Challenge 2007" führerlos ein Städteszenario meistern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Kate Greene

Vergangene Woche war es soweit: Da fuhr ein relativ normal aussehender Volkswagen über einen Parkplatz im kalifornischen Mountain View, vollführte Wendemanöver in drei Zügen und beachtete bei alledem brav die Vorfahrtregeln – und zwar ohne jeden menschlichen Eingriff. Das Roboterfahrzeug hört auf den Namen "Junior" und ist der offizielle Teilnehmer der Stanford University bei der "DARPA Urban Challenge 2007", bei der computergesteuerte Autos autonom durch ein City-Szenario brausen sollen. Der VW Passat muss dabei ganz normal im Verkehr mitfahren können, Hindernisse vermeiden und sich an alle Regeln der amerikanischen Straßenverkehrsordnung halten. Der Parkplatztest war für die ausschreibende Militärforschungsbehörde DARPA die erste Möglichkeit, genauer zu überprüfen, ob Junior in dem Wettbewerb eine Runde weiter darf.

Neben der Demonstration modernster Technik soll die "Urban Challenge" auch dafür sorgen, dass die Autohersteller zum Bau besserer Fahrzeuge inspiriert werden. "Wie wir alle wissen, sind PKWs noch immer grundlegend unsicher", meint Junior-Teamleiter Sebastian Thrun, der Professor für Informatik an der Stanford University ist. "Jedes Jahr sterben allein in den USA über 42.000 Menschen bei Fahrzeugunfällen – weltweit sind es rund eine Million." Zudem seien Autos nicht besonders effizient, sorgten für Staus und forderten vom Fahrer, sich auch während langer Strecken immer brav auf die Straße zu konzentrieren. Die Nachfolger Juniors sollen das eines Tages besser machen: "Die Idee autonomer Fahrzeuge hat meiner Meinung nach das Zeug, unsere Gesellschaft verändern", meint Thrun.

Vor zwei Jahren gewann das Stanford-Team mit seinem Fahrzeug "Stanley" bereits die "DARPA Grand Challenge", ein Rennen von Roboterfahrzeugen durch ein US-Wüstengebiet. Das Fahrzeug besaß dazu mehrere GPS-Sensoren und Lasereinheiten, eine Kamera und diverse andere Gerätschaften, um sein Ziel möglichst unbeschadet zu erreichen. Laut Thrun baut der Nachfolger Junior nun auf eine ähnliche Grundsatztechnologie auf, besitzt aber einige wichtige Verbesserungen.

Dazu gehört etwa ein Lasersystem mit größerer Reichweite: Ganze acht solcher "LIDAR"-Systeme messen den Abstand zu umgebenden Objekten. Eines der Systeme sitzt auf dem Dach von Junior und hat eine Reichweite von 100 Metern – wesentlich weiter als bei Stanley. Ein anderes LIDAR-System zeigt auf den Boden und überwacht ständig die Straße und die Spurmarkierungen. Eine dritte Überwachungseinheit macht wiederum ständig 360-Grad-Aufnahmen der Umgebung. All diese Daten werden von zwei Intel-Quad-Core-Rechnern mit 2,3 Gigahertz Taktfrequenz verarbeitet, die das Fahrzeug steuern.

Junior besitzt außerdem ein genaues Lokalisierungssystem – mit GPS und speziellen Sensoren, die ständig die Radumdrehungen und die Richtung bestimmen. So kann der autonom fahrende VW Passat seine Position bis auf 30 Zentimeter genau bestimmen.

Das wichtigste aber: Junior bietet wesentlich mehr Verkehrsintelligenz als Stanley. Nur so kann der Rechner mit Kreuzungen und anderen Fahrzeugen umgehen. Solche Aufgaben gab es bei der "Grand Challenge" nicht – hier ging es um die Bewältigung eines kurvenreichen Wüstenparcours. Junior setzt nun auf 500 verschiedene Algorithmen aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die alle gesammelten Umgebungsdaten einbeziehen. Dann wird die jeweils beste Entscheidung getroffen – was jeweils nicht länger als 300 Millisekunden dauern soll.

Das reicht aus, um beispielsweise abzubremsen oder die Spur zu wechseln, sollte ein anderes Fahrzeug Junior zu nahe kommen. "Im letzten Rennen mussten wir im Grunde nur entscheiden, wann wir beschleunigen und wann wir bremsen mussten. Diesmal geht es um wesentlich abstraktere Entscheidungen", meint Thrun.

Im Vortest durch die DARPA erledigte Junior alle gestellten Aufgaben übrigens erfolgreich. Die erste war ein Sicherheitstest, bei dem das Team das Auto aus der Ferne bei einer Geschwindigkeit von 20 Meilen pro Stunde abbremsen musste. Außerdem musste das Fahrzeug sich in einer Spur zurechtfinden, an Stoppschildern halten, eine Kehrtwende machen, Hindernissen ausweichen und insgesamt die Fahrinstruktionen beachten, die die DARPA-Mitarbeiter gaben. Der nächste Test soll im Oktober folgen. Geht auch dieser gut, darf das Stanford-Roboterauto in die letzte Runde der "Urban Challenge" am 3. November. (bsc)