Zwang ins Büro: Warum ein Homeoffice-Forscher das für eine semigute Idee hält

Nach Corona schlägt das Pendel in Sachen Homeoffice zurück: Große Firmen wollen ihre Arbeiter wieder im Büro sitzen haben. US-Forscher Mark Ma über die Gründe.

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Kommunikations im Homeoffice

Kommunikations im Homeoffice.

(Bild: Anikin Stanislav/Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Inhaltsverzeichnis

Mark Ma ist Associate Professor im Fach Business Administration an der Managementhochschule der University of Pittsburgh, der Joseph M. Katz Graduate School of Business. Er beschäftigt sich zusammen mit der Doktorandin Yuye Ding seit mehreren Jahren mit den wirtschaftlichen und soziologischen Auswirkungen des Homeoffice-Trends – und der aktuell zu spürenden Gegenbewegung, die besonders große Konzerne erfasst hat und Mitarbeiter oft ärgert. Mas Ansicht nach sorgt der Zwang, zurück ins Büro zu gehen, bei Arbeitnehmern vor allem für Frust und hilft angesichts der starken Digitalisierung auch nicht unbedingt der Produktivität. Gleichzeitig sieht Ma aber auch die Arbeit vor Ort als sinnvoll an, wenn sie freiwillig erfolgt und sogar zelebriert wird, weil sich das ganze Team darauf abstimmt.

"Anstatt alle zur Arbeit im Büro zu zwingen, sollten leistungsstarke Mitarbeiter, die zu Hause gute Leistungen erbringen, die Möglichkeit haben, zu Hause zu arbeiten", sagt Ma. Dies käme sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Unternehmen langfristig zugute, da Mitarbeiter, die leicht einen anderen Arbeitsplatz finden können, an das Unternehmen gebunden werden. Regelmäßige persönliche Teambuilding-Aktivitäten können dazu beitragen, eine Unternehmenskultur aufrechtzuerhalten, die für die Problemlösung und das Brainstorming neuer Ideen von wesentlicher Bedeutung sein könnten, so der Homeoffice-Forscher.

Im Interview mit heise online spricht Mark Ma über seine aktuellen Erkenntnisse – und wie Firmen und Mitarbeiter am besten mit dem Thema Homeoffice umgehen sollten, ohne dass es zu Konflikten kommt.

heise online: Es hat den Anschein, dass sich der Trend, die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten zu lassen, umgekehrt hat – zumindest in größeren Unternehmen gibt es zunehmend eine Pflicht, zumindest einige Tage zurück ins Büro zu kommen. Ist dies auch Ihr Eindruck aus Ihren Untersuchungen?

Homeoffice-Forscher Mark Ma.

(Bild: University of Pittsburg)

Mark Ma: Ja, einige Unternehmen hatten nach der Pandemie die Rückkehr ins Büro vorgeschrieben. Aber der Höhepunkt eines solchen Trends scheint bereits überschritten zu sein. Laut Umfragen unter Managern im Jahr 2024 betrachten die meisten CEOs die Rückkehr ins Büro nicht mehr als totale Priorität.

Während der Pandemie haben die Unternehmen gelernt, dass es durchaus möglich ist, gute Ergebnisse zu erzielen, während ihre Mitarbeiter zu Hause arbeiten. Ist ein Stück dieses Vertrauens verloren gegangen? Und wenn ja, warum?

Die Erfahrungen während der Pandemie haben gezeigt, dass Menschen sehr produktiv sein können, wenn sie von zu Hause aus arbeiten. Aber einige Manager trauen ihren Mitarbeitern anscheinend nicht, wenn sie von zu Hause aus arbeiten.

Deshalb drängen sie darauf, ins Büro zurückzukehren. Das Problem dabei ist jedoch, dass solche Anordnungen den Mitarbeitern offen signalisieren, dass der Vorgesetzte kein Vertrauen in sie hat. Und dieser Mangel an Vertrauen schadet dann wieder der allgemeinen Arbeitsmoral der Mitarbeiter. Vertrauen spielt in dieser Situation eine wichtige Rolle.

Wenn Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten, können Mietkosten für Büros eingespart und Flächen verkleinert werden. Dennoch scheinen vor allem große Konzerne ihre Mitarbeiter zurückzurufen. Es scheint also nicht eine Frage der Kosten zu sein. Ist es also, wie Sie bereits angedeutet haben, eine Frage von Macht und Kontrolle?

Ja, Macht und Kontrolle spielen bei diesen Entscheidungen eine wichtige Rolle. Außerdem haben wir festgestellt, dass erstaunlich viele Unternehmen solche Anordnungen nach einem Kurseinbruch bei ihren Firmenaktien getroffen haben.

Das liegt daran, dass die Manager ihren Anlegern gegenüber eine Erklärung abgeben mussten, wenn die Unternehmen nicht gut abschneiden. Eine einfache Antwort ist, dass die Leute im Homeoffice einfach nicht hart genug arbeiten. Daher würden sie alle ins Büro zurückrufen.

Dennoch scheint der Trend zur Heimatarbeit weiter stark zu sein. In Großstädten wie San Francisco oder New York stehen viele Büroräume leer, in deutschen Städten auch. Der Markt für Büroimmobilien liegt danieder. Was glauben die Manager, dass sie erreichen können, wenn ihre Mitarbeiter bei ihnen sind?

Die Manager behaupten gerne, dass die Arbeit vom Büro aus dem Unternehmen helfen kann, eine bessere Kultur zu entwickeln und die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt zu verbessern. Aber viele Arbeitnehmer, die ins Büro zurückgerufen werden, haben mir erzählt, dass sie die meiste Zeit im Büro einzeln an ihren Laptops arbeiten, anstatt mit anderen Mitarbeitern zu kooperieren.