Wie sich das Kino gegen die Streaming-Konkurrenz wehrt

Seite 4: Events sorgen für vollere Kinos

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Nach Wessels Erfahrungen sorgt die Event-Strategie für vollere Kinos, weil man den Besuch eines bestimmten Films nicht "auf die lange Bank schieben" könne. Einige Verleiher haben sich bereits erfolgreich auf dieses Segment spezialisiert. Zu den Marktführern gehören die 2006 gegründete "Trafalgar Releasing" mit über 4.000 Kinos in 120 Ländern, "Fathom Events" (45 Länder, gegründet 2005) sowie "Iconic Events", entstanden 2020 als Reaktion auf die Pandemie, mit bereits 1.000 Kinos.

Geradezu exotisch erscheint auf den ersten Blick "Theatrical On Demand". Über eine Online-Plattform wie de.demand.film sucht man sich einen Film aus und trommelt dann Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn zusammen. Ist die Mindest-Gruppengröße erreicht, bucht man die Vorstellung zum fixen Termin für ein nahegelegenes Kino. Die Plattform übernimmt die Logistik, die Zuschauer zahlen normale Eintrittspreise.

Analoge Technik macht jeden Ort zum Open-Air-Kino.

(Bild: Tobias Rank)

In Mecklenburg-Vorpommern und anderen Regionen setzen dieses Modell sogenannte Abspielringe wie "Dorfkino einfach machbar" um. Die Betreiber touren mit einem Kinomobil über Land, die Zuschauer stellen den Saal. Über das von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Projekt gibt es sogar schon einen eigenen Dokumentarfilm ("Verrückt nach Kino!").

In ähnlicher Mission ist Tobias Rank bereits seit 1999 in Europa unterwegs. Sein Oldtimer-Feuerwehrwagen, Baujahr 1969, enthält die gesamte 16-Millimeter-Vorführtechnik, um jeden Ort in kürzester Zeit in ein nostalgisches Open-Air-Kino zu verwandeln. Zu seinem Programm gehören sowohl Stumm- und Monumentalfilme als auch Independent-, Avantgarde- und Experimentalstreifen.

Eine weitere Idee ist die "Digitale Leinwand": Kinos verkaufen Tickets für den Stream eines aktuellen Films zum selben Preis wie für eine Vorstellung vor Ort. Mit diesem Konzept rettete sich die US-Kinokette Laemmle über den Lockdown. In Deutschland schlossen sich kommunale und Programmkinos zum Netzwerk cinemalovers.de zusammen. Ihr Motto: "Solidarisch streamen mit den Kinos".

Wenn alle Stricke reißen, könnte sich die Branche noch auf die "Serials" besinnen, die in den 1920er-Jahren Woche für Woche scharenweise Publikum anlockten: halbstündige Vorfilme mit typischerweise zwölf Episoden. Sie endeten jeweils mit einem Cliffhanger und machten Helden wie Flash Gordon, Buck Rogers, Fantomas, Dick Tracy, Zorro, Dr. Fu Man Chu oder auch den Lone Ranger unsterblich.

(grh)