Klassenkampf am Gate?

Seite 2: Klassenkampf am Gate?

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Neben der Gültigkeit an fünf Flughäfen will das Unternehmen weiter in den öffentlichen Raum hineinwachsen – die Ideen reichen vom schnellen Zutritt zu Bahnhöfen über Stadien bis hin zu Regierungsgebäuden. Überall dort, wo Sicherheit gefragt ist, soll Clear seine Mitglieder ganz nach vorne in die Warteschlange bringen. Sollte das Programm tatsächlich diese Ausmaße annehmen, wäre es das private Äquivalent zu einem US-Personalausweis, den es in dem Land noch immer offiziell nicht gibt. Daraus folgt allerdings auch, dass die Teilnahme bald keineswegs mehr freiwillig wäre: Ohne Clear hieß es dann bald kein Durchkommen mehr. Mit anderen Anbietern will sich das Unternehmen absprechen.

Obwohl die TSA keine eigene Sicherheitstechnologie für solche Registrierungsprogramme vorschreibt, hat Clear ein eigenes Checkpoint-Scanning-System entwickelt, das fortschrittlicher sein soll als das, was derzeit an öffentlichen Sicherheitsschleusen Verwendung findet. Die Technologie könnte dem Unternehmen dabei helfen, schnell in anderen Bereichen Fuß zu fassen, in denen es dann zum hauptsächlichen Sicherheitsanbieter würde.

Zentraler Teil des Clear-Systems ist der so genannte SRT-Kiosk, eine Maschine, die von GE Security entwickelt wurde und rund 150.000 Dollar pro Stück kostet. Um sie zu nutzen, steigt der zu Überprüfende auf eine Plattform, steckt seine Biometriekarte in das Gerät und bestätigt seine Identität dann mit einem Fingerabdruck- oder Iris-Scan. Anschließend werden die Schuhe, ohne dass man sie ausziehen müsste, nach Sprengstoffen durchsucht – mit dem so genannten Quadrupol-Resonanz-Verfahren.

Die Technologie, verwandt mit der Kernspintomografie, ist bereits seit längerem bekannt und wurde unter anderem in Vietnam zur Suche nach Landminen verwendet. Dabei kommen elektromagnetische Felder zum Einsatz, die die Moleküle in den Schuhen anregen. Wenn diese dann wieder in Normalposition zurückkehren, geben sie eine kleine Energiemenge ab, die als Strahlung messbar ist. Einige Frequenzen deuten dabei auf Sprengstoffe hin, andere auf normale Schuhmaterialien. Aktuell ist die Technologie nur am Flughafen Orlando zugelassen, soll aber auch bald an anderen Clear-Airports installiert werden.

Ebenfalls noch nicht zugelassen ist ein Clear-Verfahren, bei dem ein Reisender einen Finger auf einen Detektor legt, der winzige Sprengstoffspuren erkennen kann. Dies ist eine Alternative zu Systemen, durch die die Passagiere laufen müssen, um Partikel an Körper und Kleidung aufzuwirbeln, die von Sprengstoff stammen könnten. Obwohl es eher unwahrscheinlich klingt, dass ein einzelner Fingerscan die Untersuchung des gesamten Körpers ersetzen kann, glaubt man bei GE, dass die Sprengstoffpartikel "klebrig" genug sind, um an den Fingerspitzen haften zu bleiben. Proben seien so noch nachweisbar. GE arbeitet außerdem an einem Computertomografen, mit dem sich Laptops auf Sprengstoff untersuchen lassen, während sie sich noch in der Tasche befinden.

"Insgesamt wird Clear nicht nur das Reisen bequemer machen, sondern auch die Sicherheit insgesamt erhöhen", meint Matthew Farr, Sicherheitsanalyst bei der Beratungsfirma Frost and Sullivan. Er glaube, dass sich das Thema Flughafensicherheit dadurch vollkommen verändern werde.

Doch jeder Fortschritt in Sachen Sicherheit zieht auch Nachteile in Datenschutzdingen nach sich. Sich vor dem Antritt einer Reise in ein Register eintragen zu müssen, begreifen viele Amerikaner als Angriff auf ihre Freiheitsrechte. Auch die Abgabe der Abdrücke aller zehn Finger ist ein Eingriff, den sonst nur eines Verbrechens verdächtige Menschen ertragen müssen. Obwohl inzwischen auch in den USA erste Reisepässe mit Biometrie-Chips ausgegeben wurden, sorgte die Entscheidung des US-Heimatschutzministeriums vor zwei Jahren für viel Wirbel, ausländischen Reisenden standardmäßig Fingerabdrücke abzunehmen. Die Implementation solcher Technologien als Standardverfahren auch bei US-Bürgern – und sei es nur freiwillig -, dürfte für noch mehr Kritik sorgen. In Sachen Privatsphärenschutz will man bei Clear hingegen im grünen Bereich sein: Alle 24 Stunden würden die Daten gelöscht, zudem seien die Rechner nicht am Netz.