Klassenkampf am Gate?

Mit dem so genannten "Clear"-Programm können sich US-Reisende vorab registrieren lassen, um schneller durch Sicherheitskontrollen am Flughafen zu kommen. High-Tech-Innovation oder Datenschutzhorror?

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Bryant Urstadt
Inhaltsverzeichnis

Im British Airways-Terminal auf dem New Yorker Flughafen JFK befindet sich eine Einrichtung, in der man eine Art Persilschein für das Reisen in den USA erwerben kann. Das so genannte "Clear Registered Travelers"-Programm ermöglicht es all seinen Mitgliedern, sich schnell durch eigens für sie eingerichtete Sicherheitskontrollen an mehreren wichtigen US-Flughäfen zu bewegen.

Clear hält sich dabei an Gesetze, die die US-Regierung explizit festgelegt hatte: Lassen sich Reisende Vorab mit biometrischen Merkmalen registrieren, dürfen sie flotter durch die Kontrollen. Umgesetzt wird das Programm bereits seit 2005 von Privatfirmen, die Flughäfen dabei helfen soll, die Effizienz bei der Passagierabwicklung zu erhöhen. "Vertrauenswürdige" Reisende sollen dabei "vorsortiert" werden, um die langen Schlangen am Gate zu lichten. Erster Stützpunkt von Clear war der Orlando International Airport in Florida, inzwischen sind vier weitere Flughäfen dem Programm beigetreten. Auf längere Sicht soll es in den ganzen USA gelten.

Clear wird von einem Start-up namens "Verified Identity Pass" betrieben, das vom US-Dauergründer Steven Brill 2003 aus der Taufe gehoben wurde. (Brill hat bereits das Anwaltsmagazin "American Lawyer" und den Gerichtssender "Court TV" gegründet.) Obwohl auch andere Firmen an ähnlichen Projekten arbeiten – darunter auch der iT-Services Gigant Unisys –, ist Clear der erste Anbieter, der heute bereits nutzbar ist. Das Unternehmen unterhält auf "seinen" Flughäfen jeweils eigene Abfertigungsgassen. Die darf man nutzen, wenn man ein Abonnement bei Clear abgeschlossen hat – aktuell kostet das knapp 100 Dollar im Jahr. Mehr als 45.000 Menschen nehmen bereits Teil. Sie tragen eine ID-Karte mit einem Chip, der ihre biometrischen Informationen enthält. Dank Clear soll der Sicherheitscheck so innerhalb von knapp einer Minute erledigt sein.

Das Kundenzentrum des Unternehmens auf dem JFK-Flughafen ist ständig besetzt. Prominent direkt neben dem Haupteingang platziert, wirbt es mit modernen Farben und Designelementen. Beleuchtete Würfel schweben über den Terminals für Registrierung und Verifizierung der Kunden. Menschen in modischen Uniformen helfen dem Besucher. Die Erstregistrierung erfolgt auf einem der vielen Laptops, die Clear bereitstellt, Darauf muss man viele Details eingeben: Sozialversicherungsnummer, Führerscheinnummer, Reisepassnummer, Körpergröße und allerlei mehr.

Dann begibt man sich zum so genannten Verifizierungs-Kiosk, einer Maschine, die aus mehreren Elektronikkomponenten zusammengesetzt ist, die nicht weiter auffällig sind – inklusive eines Touchscreen-Rechners. Dort gibt man seine Kundennummer ein, legt den Pass in einen Dokumentenscanner und den Führerschein in ein Kartenlesegerät. Dann legt man die Hand auf einen Fingerabdruck-Scanner, der alle Finger der Hand gleichzeitig erfasst. Ein kleineres Lesegerät behandelt im Anschluss auch noch jeden Finger einzeln. Dann wird der Finger ausgewählt, dessen Ableseergebnis am konsistenten war. Dieser wird zum tatsächlichen "Schlüssel" im Clear-Programm.

Anschließend kommt das Iris-Erkennungssystem an die Reihe. Ein dünner Einwegspiegel wird dabei so eingestellt, dass er die eigenen Augen reflektiert. Dann muss man den verbalen Anweisungen des Computers folgen, bis man den richtigen Augenabstand eingenommen hat. Dann blickt man entspannt, die Augen werden angepeilt und das Ergebnis gespeichert. Zu guter Letzt blickt man ein letztes Mal in eine Webcam-ähnliche Kamera, die ein Gesamtbild aufnimmt.

Mitglied bei Clear ist man danach allerdings immer noch nicht. Die US-Transportsicherheitsbehörde TSA muss zunächst entscheiden, ob man überhaupt an Clear teilnehmen darf. Dazu werden die Daten des Interessenten eingeschickt, um sie mit einer Datenbank bekannter Terroristen abzugleichen. Auch wird abgeklärt, ob der Antragsteller vorbestraft ist. Sollte alles okay sein, erhält man seine durchsichtige Clear-Chipkarte in zwei bis vier Wochen. Sie enthält alle Daten, die man in der Clear-Filiale angegeben habe.